Zwar hat sich die Situation in Deutschland deutlich verbessert. Direkte Diskriminierung gibt es heutzutage kaum. So gab es Zeiten, als die Deutsche Bahn sich weigerte, im ICE die Umstiegsmöglichkeiten für Fernreisende in Züge des konkurrierenden Nahverkehr durchzusagen.
Diese Zeiten unter der Ära von Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn sind vorbei. Die Bundesnetzagentur wacht seit Jahren darüber, dass die Deutsche Bahn in ihrer Rolle als Konkurrent und gleichzeitig Infrastukturbetreiber fair spielt. Und eigentlich macht die Behörde sogar eine ordentlichen Job. Doch die Aufgabe des Watchdogs ist immer eine Second-Best-Lösung.
Denn es gibt auch indirekte Diskriminierung. Allein die Tatsache, dass die Wettbewerber nie wissen, ob DB Netz sämtliche Schritte zugunsten der Wettbewerber ergreifen, empfinden viele Unternehmen als Nachteil.
Vorstandsentscheidungen auf Konzernebene werden immer insgeheim berücksichtigen, dass die eigenen Transportunternehmen nicht zu stark geschädigt würden. Eine unabhängige Netzsparte hingegen könnte versuchen, neue Wettbewerber im Fernverkehr nach Deutschland zu locken. In der jetzigen Struktur ist das unwahrscheinlich.
Die Kritiker fordern deshalb in dem Brief dazu auf, dass die Politik die Chance für einen Neuanfang ergreift. „Die derzeitige Situation, dass der Finanzvorstand den Vorsitz im Konzernvorstand innehat, kann durchaus ein sinnvoller Übergangszustand sein, bis eine Konzernstruktur gefunden ist, die auf Dauer tragfähig und sinnvoll ist“, heißt es darin.
Sehr wahrscheinlich ist das zwar nicht. Die große Koalition hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie die derzeitige Struktur nicht antasten will. Auch die Europäische Kommission ist keine Hilfe, da sie integrierte Konzerne ausdrücklich erlaubt. Aber im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn gibt es auch Kritiker der jetzigen Konzernstruktur. Und vielleicht hallen die Worte noch nach. Im September dieses Jahres ist Bundestagswahl – und dann gibt es noch einmal die Möglichkeit, ganz neu zu denken.