Deutsche Post Appels Sparkurs gefährdet Service und Qualität

Mit drastischen Einsparungen will Post-Chef Frank Appel den Gewinn von drei auf fünf Milliarden Euro im Jahr 2020 steigern. Doch der Kurs gefährdet die Qualität des Angebots und damit langfristig auch das Geschäft.

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Deutsche Post DHL Quelle: dpa

Für Frank Appel markiert der März 2015 einen Höhepunkt seiner Karriere. Auf 30,8 Euro stieg der Kurs der Deutschen-Post-Aktie am ersten Börsentag dieses Monats. Rekord. So viel wert war der Bonner Post- und Logistikkonzern noch nie seit seinem Amtsantritt als Konzernchef 2008 und auch nicht seit dem Börsengang im Jahr 2000.

Für Willi Hoffsümmer bildet der März hingegen nur einen weiteren Tiefpunkt. Der 73-jährige Pastor und Autor geistlicher Bücher in Millionenauflage verkündet in seiner Gemeinde Erftstadt-Bliesheim nahe Köln Widerworte gegen die Post. „Achtung, verzögerte Zustellung“ hat er auf ein Plakat geschrieben und es weithin sichtbar über den Briefkasten neben dem Pfarrhaus gehängt. „Das ist die einzige Möglichkeit, die man auf der Ebene hat, um zu protestieren“, sagt Hoffsümmer.

Post-Chef Appel Quelle: Frank Reinhold für WirtschaftsWoche

Appels Freude über den Aktienkurs und Hoffsümmers Klage drohen zum neuen Markenzeichen der Post zu werden – der Konzern mit dem doppelten Gesicht: Hier der Liebling der Aktionäre, der expandierende Global Player, der weltweite Branchenführer mit über 55 Milliarden Euro Umsatz; dort der geschmähte Unsympath, der auf Kosten von Unternehmen, Verbrauchern, Geschäftspartnern und Mitarbeitern Gewinnmaximierung betreibt.

  • Um 60 Prozent stieg im vergangenen Jahr die Zahl der Beschwerden von Verbrauchern bei der Bundesnetzagentur über schlechte und unpünktliche Zustellung von Briefen und Paketen.
  • Erstmals haben sich Geschäftskunden und Massenversender in Deutschland zusammengeschlossen, um in Eigenregie zu messen, ob die Post die gesetzlichen Vorgaben über die Laufzeit von Briefen und Paketen einhält.
  • Nach Schätzungen des Postagenturnehmerverbandes droht 30 Prozent der 25.000 Filialen und Paketshops hierzulande das Aus, weil die Deutsche Post sie mit neuen Verträgen an den Rand der Wirtschaftlichkeit drängt.
  • Schon lange nicht mehr war der Arbeitsfrieden bei der Post so in Gefahr wie jetzt. Auslöser ist die Gründung von Niedriglohntöchtern für neue Paketboten. Die Gewerkschaften fühlen sich maximal provoziert, erstmals seit Jahrzehnten droht ein Streik im ganzen Unternehmen.

Der Grund für den Ärger ist der gleiche wie für den Jubel der Aktionäre: die Pläne von Vorstandschef Appel, den Vorsteuergewinn um acht Prozent pro Jahr auf fünf Milliarden Euro hochzuschrauben – im Gegensatz zu den rund drei Milliarden Euro plus, die der Konzern für das vergangene Geschäftsjahr angepeilt hat. Genaue Zahlen wird der Vorstand am Mittwoch bekannt geben. Kein anderer Dax-Konzern hat so konkrete und gleichzeitig so ehrgeizige Ziele.

Kompromissloses Kostendrücken

Um diese zu erreichen, hat Appel seine Personalchefin Melanie Kreis und den Chef der Brief- und Paketsparte, Jürgen Gerdes, zum kompromisslosen Kostendrücken in Deutschland verpflichtet. Drei Prozent mehr Gewinn pro Jahr soll Gerdes’ Bereich – im Konzernjargon „PeP“ (für Post, eCommerce, Parcel) – abliefern. Das ist nur möglich, wenn er vor allem an den Lohnkosten spart, denn eine Erhöhung des Paketportos wird durch den verschärften Wettbewerb kaum gelingen.

Was die Post mit ihrer Strategie 2020 erreichen will

Genau hierin liegt aber langfristig die große Gefahr für die Post und ihre Aktionäre. Denn wie die Beschwerden zeigen, leidet schon jetzt die Qualität des Angebots. „Das Personal ist ohnehin schon stark belastet. Jede weitere Sparmaßnahme schadet der Qualität der Zustellung“, warnt Andrea Kocsis, Vize-Chefin der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei der Post. Sollte sich die Post dadurch ihren Ruf ruinieren, könnte sich das auch auf das Geschäft durchschlagen.

Appels Kurs ruft Erinnerungen an die Deutsche Bahn wach. Um den Staatskonzern fit für die Börse zu machen, sparte der damalige Vorstand Hartmut Mehdorn, zurzeit noch Chef des unfertigen Berliner Flughafens, das Unternehmen in Grund und Boden: beim Personal, bei der Pflege und Instandhaltung des Schienennetzes, bei den Zügen. Die Finanzkrise vereitelte den Börsengang, Mehdorn trat ab. Zurück blieb ein ausgezehrter Konzern mit gravierenden Mängeln bei Service und Pünktlichkeit. Nachfolger Rüdiger Grube blieb nur, von der Kostenbremse zu gehen und kräftig Personal einzustellen.

Bei den Mitarbeitern wird als Erstes gespart

Im Gegensatz zu Mehdorn spart Appel nicht allein, um unmittelbar den Gewinn zu steigern. Er will Mittel für Investitionen freischaufeln. 750 Millionen Euro investiert der Konzern in den Ausbau des Paketnetzes, weitere 114 Millionen Euro fließen in den Bau eines neuen Luftdrehkreuzes in Brüssel zur Stärkung des Express-Versands. Um diese Investitionen zu bezahlen, musste sich die Paketsparte bisher Geld von profitableren Konzernbereichen besorgen. Damit soll nach seinem Willen Schluss sein.

Doch durch Automatisierung und höhere Effizienz kann Bereichsvorstand Gerdes kaum noch sparen. Stattdessen trifft es die Mitarbeiter – und die Kunden.

Vergrätzte Kunden

Serkan Antmen ist im Dauerstress. Seit Oktober sammelt er an seinem Schreibtisch in seinem Büro in Offenbach Beschwerden über die Deutsche Post. Immer wieder klingelt das Telefon, weil ein Verbandsmitglied von einem Vorfall berichtet.

Hoffsümmer Quelle: Robert Poorten für WirtschaftsWoche

„Viele sind richtig verärgert“, sagt Antmen. Sein Arbeitgeber ist der Deutsche Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation (DVPT). Der vertritt Kunden wie die AachenMünchener Versicherung, die Commerzbank oder die Techniker Krankenkasse. Sie sind Massenversender, deren Portoausgaben sich schnell auf mehrere Millionen Euro im Jahr summieren – und deren Vertrauen in die Post nachlässt. „Die Qualität ist in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen“, sagt Antmen. „Firmenkunden müssen mit extremen Laufzeitverzögerungen rechnen.“

Die Unternehmen greifen deshalb zur Notwehr und wollen überprüfen, ob die Post die gesetzlichen Vorgaben einhält. Denn auch knapp zwei Jahrzehnte nach der Privatisierung hat der gelbe Riese in Deutschland noch immer eine Sonderrolle. Er gilt als Universaldienstleister und ist damit dazu verpflichtet, die gesamte Bundesrepublik mit Briefen, Paketen und der dazugehörigen Infrastruktur zu versorgen. Demnach müssen mindestens 80 Prozent der Briefe am folgenden Werktag, mindestens 95 Prozent innerhalb von zwei Werktagen nach Einwurf oder Einlieferung beim Empfänger sein. Pakete bis 20 Kilogramm müssen innerhalb von zwei Tagen zugestellt werden. Im Gegenzug befreit der Staat die Post – anders als die private Konkurrenz – bei diesen Angeboten von der Mehrwertsteuer.

Wie sich Umsatz und Gewinn verteilen

Ob diese Kriterien eingehalten werden, überwacht ein von der Post beauftragtes Institut. Ihm zufolge liegt die Quote der Briefe, die am nächsten Werktag zugestellt werden, bei 94 Prozent, teilt die Post mit. Doch daran haben nicht nur die Massenversender, sondern auch Kunden wie Pfarrer Hoffsümmer den Glauben verloren.

Der Geistliche hielt nach: Fünf Tage brauchte einer seiner Briefe ins knapp 60 Kilometer entfernte Düsseldorf, acht Tage ein Buch in den drei Kilometer entfernten Nachbarort. „Weil der Briefkasten nicht regelmäßig geleert wird“, vermutet Hoffsümmer. Das teilte er den Mitarbeitern der Kundenhotline der Post mehrfach mit. Als Antwort bekam er, ein Subunternehmer der Post leere den Briefkasten und müsse dies genau per Handscanner nachweisen. Hoffsümmer bleibt skeptisch. Denn geändert hat sich bisher nichts.

Für Großkunden-Fürsprecher Antmen liegt die Ursache in den drastischen Sparmaßnahmen der Post im Brief-Bereich. Zu wenig Zusteller, zu große Bezirke, ein zu hoher Krankenstand. Der sei im vergangenen Jahr von 9,4 Prozent auf 9,7 Prozent gestiegen, sagt die Gewerkschaft DPVKOM.

Das sind Post-Gebühren für Privatkunden ab 2015

In Hamburg warteten deshalb Tausende Postkunden in diesen Wintermonaten vergeblich auf die Post. Dann, nach vier oder fünf Tagen, quoll der Briefkasten fast über, weil die angesammelten Sendungen auf einmal zugestellt wurden. Von keinem Bundesland erhielt die Bundesnetzagentur in Bonn so viele Beschwerden.

Die Post weist die Kritik zurück. Im Vergleich zu den Millionen ausgelieferter Briefe und Kundenkontakten in den Filialen seien die 1950 Beschwerden verschwindend gering. Doch die Dunkelziffer ist unbekannt, Klagen gelten nicht nur der Zustellung, sondern auch den Filialen und Paketshops. Denn auch dort schlägt die Post mit ihrer Kostenpolitik zu.

Ausgequetschte Filialisten

Karsten Klinkenberg, Schreibwarenverkäufer in Oberhausen, sieht die Dame von der Post ungläubig an. Zu den neuen Konditionen, die sie von ihm verlangt, kann er seinen kleinen Laden im Stadtteil Osterfeld nicht weiterführen, das sieht er sofort. „Wie sollen wir das machen, mit 3300 Euro weniger im Monat?“, fragt Klinkenberg. Die Post-Mitarbeiterin wirkt genervt, blickt auf Klinkenbergs Mitarbeiterin, die das Gespräch beobachtet. „Machen Sie das doch allein“, schlägt sie vor, „dann müssen sie halt ihre Angestellten rausschmeißen, das geht alles.“ Die Mitarbeiterin wendet sich ab, Tränen steigen ihr in die Augen.

Klinkenberg hat den neuen Vertrag nicht unterschrieben. Noch bis Ende April wird er Briefe und Pakete annehmen, dann hört er damit auf. „Nach 15 Jahren Partnerschaft mit der Post werden wir abgeschoben“, sagt Ehefrau Christiane.

Die Verbitterten. Die Oberhausener Eheleute Klinkenberg müssen die Postfiliale in ihrem Schreibwarenladen im April aufgeben. Die Post kürzt mit neuen Verträgen die festen Zuschüsse zum Betrieb um 80 Prozent. „Das schaffen wir nicht“, sagen die zwei. Quelle: Robert Poorten für WirtschaftsWoche

Um die Gewinne zu steigern, verlangt die Post von ihren selbstständigen Filialbetreibern, den sogenannten Postagenturpartnern, große finanzielle Zugeständnisse. Sie sollen künftig keine festen Zuschüsse mehr für Angebote wie Postfächer oder Geldauszahlungen der Postbank erhalten, sondern nur noch Provisionen, abhängig von den Einnahmen. „Damit sind alle Kosten und Risiken auf die Agenturpartner ausgelagert“, sagt Carsten Kaps vom Postagenturnehmerverband (PAGD) in Gießen. Für die Post sind die Schalter nicht mehr dazu da, um den Betreibern ein weiteres wirtschaftliches Standbein zu bieten, sondern um den „bestehenden Geschäftsbetrieb im Kerngeschäft zu fördern“, sprich: ihnen Kunden zuzuführen. So steht es in der Präambel der neuen Verträge.

Für die Klinkenbergs ist das zu wenig. „Nur noch 20 Prozent des Umsatzes fallen auf die Schreibwarenartikel“, sagt Ehefrau Christiane. „Der Postbetrieb frisst nur unsere Zeit auf.“ Die Post sieht das anders. „Die vereinbarten Konditionen und Provisionen sind angemessen, marktüblich und berücksichtigen den Verkaufserfolg“, heißt es. Die meisten Agenturpartner hätten die neuen Verträge unterschrieben, für den Rest suche man Ersatz.

Briefpreise in Europa (Standardbrief, 20g, Inland)

In der Praxis geht die Strategie allerdings schon heute mancherorts nur noch auf, wenn der Steuerzahler für die Folgen aufkommt. Denn mittlerweile sind es auch Kommunen, die eine Postagentur betreiben, damit die Bewohner Einschreiben und Pakete am Ort aufgeben können. Die 5000-Einwohner-Gemeinde Seelbach im Schwarzwald etwa unterhält seit 15 Jahren einen Postschalter im Rathaus und zahlt dafür ununterbrochen drauf. Im Laufe der Jahre hat sich der Fehlbetrag mehr als verdoppelt, jedes Jahr schießt die Kommune knapp 25.000 Euro zu, fünf Euro pro Einwohner. Wie teuer es kommt, einen Postschalter auch nur auf Sparflamme zu betreiben, zeigt das hessische Dorf Weinbach. Das öffnet für seine 4400 Einwohner die kommunale Poststelle nur für zwei Stunden am Tag. Trotzdem kostet dies den Gemeindekämmerer 14.000 Euro pro Jahr.

Die Post lässt sich davon nicht beirren. Weil immer mehr Pakete und immer weniger Briefe versendet werden, sollen die Kunden vermehrt Paketboxen oder Packstationen nutzen, also Schließfächer zum Beispiel auf Supermarktparkplätzen.

Aktien-Info Deutsche Post (Zum Vergrößern anklicken)

Streikbereite Mitarbeiter

Morgens um neun, in einem Briefstützpunkt der Post in Berlin. Matthias Genter (Name geändert) kommt schon wieder in Verzug. Seit 6:30 Uhr sortiert er die Briefe für seine Tour, eigentlich sollte er längst damit fertig sein. „Aber das klappt so gut wie nie“, sagt er. Meist wird es zehn Uhr, bevor er mit dem Fahrrad seinen Bezirk in der Hauptstadt ansteuert.

Zusteller wie Genter klagen immer häufiger über die Vorgaben, die sie erfüllen müssen. „Die Belastung ist so hoch, dass man kaum noch weiß, wie man seinen eigenen Bezirk schaffen soll. Und dann muss man noch die Briefe der kranken Kollegen übernehmen“, sagt Genter. Laut eigenen Angaben beschäftigt die Post für vier Zusteller mit festen Bezirken im Schnitt je einen Springer, die solche Engpässe abdecken sollen. Genter schüttelt nur den Kopf. „Ersatz gibt es fast nie“, sagt er.

Bislang ein Vorbild

Dabei gilt die Post in der Branche zurzeit noch als Vorbild. Sie zahlt mehr als zehn Euro pro Stunde und arbeitet im Gegensatz zu den Wettbewerbern bei den Zustellern kaum mit Subunternehmern und deren Niedriglöhnern. Doch mit den Plänen der Post, das Lohnniveau im Konzern zu senken, kündigten die Gewerkschaften ihren lange Zeit kooperativen Kurs auf. „Unsozial und schäbig“, wettert DPVKOM-Vorstand Volker Geyer über die Post. Das sind Worte, die zu Zeiten von Appels Vorgänger Klaus Zumwinkel unüblich waren in dem einstigen Staatskonzern, an dem der Bund über die KfW Bank bis heute 21 Prozent hält.

Ein Auslöser für den Stimmungswandel sind die 49 neuen Regionalgesellschaften, die Brief- und Paketvorstand Gerdes in den vergangenen Wochen gründen ließ. In ihnen bietet die Post Interessenten an, als Paketbote zum Tarif der Logistikbranche anzufangen, der laut Dienstleistungsgewerkschaft Verdi rund 20 Prozent unter dem Haustarif im Mutterkonzern liegt.

So haben E-Mails unser Leben verändert
Veränderung: E-Mails senken das EinfühlungsvermögenE-Mail-Schreiben macht Menschen gesichtslos. Weder sieht, noch hört man seinen Gegenüber - stattdessen hat man nur einen Bildschirm und Tasten vor sich. Daher erwartet CIA-Manager John K. Mullen, dass Computerkommunikation auf lange Sicht die Empathie senkt. Sein Argument: 55 Prozent der zwischenmenschlichen Kommunikation spielt sich nonverbal ab. Durch hauptsächlichen E-Mail-Verkehr verlieren Menschen die Fähigkeit, die Absicht anderer zu erkennen und andere zu beeinflussen.   Quelle: AP
Veränderung: E-Mails sorgen für unklare Botschaften„So meinte ich das doch gar nicht!“ Wer das nach einer geschriebenen E-Mail nicht sagen will, muss sich klar und deutlich ausdrücken. Denn bei Mails fallen Tonfall, Gesichtsausdruck & Co. weg. Auch die kurz reingrätschende Verständnisfrage des Gegenübers ist nicht drin. Das sorgt für falsch ankommende Botschaften: Autor John Freeman schreibt in seinem Buch „The Tyranny of E-Mail“, dass der Ton von E-Mails in 50 Prozent der Fälle falsch verstanden wird. Quelle: dpa
Veränderung: E-Mails machen uns zu LügnernEine Lüge abzutippen, fällt Menschen leichter, als sie mit einem Kugelschreiber aufzuschreiben. Das fanden US-Forscher in mehreren Experimenten heraus, in denen die Probanden per E-Mail oder mit Stift und Papier kommunizierten. Außerdem fühlten sich die Lügner mehr im Recht, wenn sie per E-Mail flunkerten. Quelle: Fotolia
Veränderung: E-Mails machen renitentEine unangenehme Nachricht ist leichter hingeschrieben und abgesendet, als sie seinem Gegenüber persönlich ins Gesicht gesagt. US-Forscher untersuchten, wie sich das auf Gruppenarbeit auswirkt. Ihr Ergebnis: Menschen zeigten sich bei E-Mail-Kommunikation unkooperativer und sahen sich mit diesem Verhalten auch mehr im Recht. Quelle: Fotolia
Veränderung: E-Mails stressenUrlaub von Mails entspannt: Auf Mails zu verzichten, gestatteten Forscher des U.S.-Militärs und der University of California in Irvine fünf Tage lang einigen Büromitarbeitern in einem amerikanischen Vorort. Sie arbeiteten konzentrierter und wiesen einen natürlicheren, wechselhaften Herzschlag auf. Anders ihre Kollegen, die immer wieder ins E-Mail-Postfach schauten: Diese zeigten sich weniger fokussiert, angespannter und wiesen einen konstanten Herzschlag auf. Quelle: Fotolia
Veränderung: E-Mails geben Schüchternen ein SprachrohrÜber Jahrtausende hinweg haben sich schüchterne Menschen schlecht ausgedrückt – oder einfach ihren Mund gehalten. Diese Zeiten sind dank der E-Mail vorbei. Nun können sie ihren nervigen Kollegen die Meinung sagen, ohne ihnen in die Augen sehen zu müssen. Tatsächlich bestätigt eine Studie, dass Introvertierte und Neurotiker E-Mails bevorzugen, während Extravertierte und emotional stabile Menschen lieber von Angesicht zu Angesicht kommunizieren. Quelle: REUTERS
Veränderung: E-Mails stehlen uns unsere ZeitDas gilt vor allem für ungebetene Werbemails. Spam macht laut dem Bonner Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) 70 Prozent des weltweiten Mailverkehrs aus und kostet jeden Angestellten jährlich durchschnittlich 20 Stunden seiner Zeit. Immerhin: Spam-Filter können mehr als ein Drittel dieses Zeitverlusts einsparen. Quelle: dpa

Der Beschluss hat Sprengkraft genug, um die Sozialpartnerschaft aus Monopolzeiten für immer hinwegzufegen. „Wenn der Post-Vorstand nicht zur Besinnung kommt, bleibt uns nichts anderes übrig als zu streiken“, droht DPVKOM-Gewerkschafter Geyer. „Dann könnte die Post tagelang liegenbleiben.“

Geschlossene Vorstandsfront

Über Bonn braut sich ein Sturm zusammen, aber Jürgen Gerdes bleibt gelassen. Von seinem Büro oder den Konferenzräumen in der 40. Etage hat er einen ungehinderten Blick auf das Naturspektakel, das sich an diesem Morgen abspielt. Der Himmel färbt sich dunkel, tiefgraue Wolken steuern direkt auf den Post Tower zu, Wind peitscht über die Terrasse, Scheiben und Lampen zittern.

Der 50-jährige Post-Manager weigert sich, darin ein Menetekel für die kommenden Monate zu sehen. Der Sparkurs? Der sei absolut notwendig. Da gibt es keine Zweifel aus seiner Sicht. „Unser Geschäft ist sehr investitionsstark. Wir investieren aktuell bereits 750 Millionen Euro, um den wachsenden Mengen im Paketmarkt gerecht zu werden", sagt er. Das Geld muss auch in Zukunft zurückverdient werden, und deshalb müssen wir jetzt auf unsere zukünftigen Gewinne achten“

Was passiert, wenn niemand das Paket annimmt?

100 Mal hat Gerdes diese Sätze schon gesagt. Hunderte Mal wird er sie noch wiederholen, vor Kunden und Geschäftspartnern, vor allem aber vor den Mitarbeitern und Gewerkschaften. Die können das kaum noch hören. „Der Vorstand will damit nur Kapitalmarktinteressen befriedigen“, urteilt Verdi- und Post-Aufsichtsratsvize Kocsis.

Das Konfliktpotenzial ist gewaltig. Verdi und die DPVKOM, die früher die Beamten organisierten und heute viele Briefzusteller vertreten, kämpfen nicht nur gegen die Niedriglohntöchter für neue Paketboten. Sie verlangen auch höhere Löhne für die nach Haustarif bezahlten Zusteller. Zum Ende des Jahres läuft außerdem die Vereinbarung aus, in der die Post auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet. Ab dann darf der Konzern auch weitere Bezirke an Subunternehmer vergeben. Die Gewerkschaften wollen das unbedingt verhindern.

Ausgerechnet in dieser Situation ist das Klima zwischen Vorstand und Arbeitnehmervertretern auf einem historischen Tiefststand. Zum einen wäre es im vergangenen Jahr Verdi-Vertreterin Kocsis und ihren Aufsichtsratskollegen von der Arbeitnehmerbank beinahe gelungen, Brief- und Paketchef Gerdes von seinem Posten zu entfernen. Nur weil Aufsichtsratschef Wulf von Schimmelmann von seinem doppelten Stimmrecht Gebrauch machte, konnte die Post den Vertrag mit Gerdes verlängern.

Zum anderen treffen die Gewerkschaften nicht mehr auf die einstige Personalchefin Angela Titzrath, der Verdi bei den Tarifverhandlungen vor zwei Jahren Lohnsteigerungen von 5,7 Prozent abringen konnte. An ihre Stelle trat Ende Oktober Melanie Kreis, seit elf Jahren bei der Post und wie Konzernchef Appel einst Beraterin bei McKinsey. Damit sind die Reihen im Post-Vorstand, die Gewinnziele gegen die Gewerkschaften durchsetzen, dicht geschlossen.

Denn dass die von Brief- und Paketchef Gerdes angepeilte Ertragssteigerung bis 2020 letztlich nur bei den Beschäftigten zu holen ist, gilt unter Anlegern als sicher. Wenn das Gewinnziel von drei Prozent erreicht werden solle, schreibt Penelope Butcher, Analystin bei der US-Investmentbank Morgan Stanley, dann sei „der erfolgreiche Abschluss der Tarifverträge entscheidend“.

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