Deutsche Post kürzt Prognose Das Computer-Chaos des Frank Appel

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Kein neuer Vorstand in Sicht

In der neuen Führungsetage sitzen nun viele Senioren der Branche, mit viel Erfahrung im Frachtgeschäft - das genaue Gegenteil zu Ex-Vorstand Roger Crook und seinem jungen, vor allem aus dem Express-Geschäft stammendem Team. Doch die wichtigste Personalfrage ist noch nicht geklärt: Die Frage, wer die Sparte eigentlich in Zukunft leiten soll. Ein Nachfolger für Crook ist nicht bekannt, bis auf weiteres will Vorstandschef Appel den Richtungsschwenk überwachen.

Wie der genau aussieht, steht auch nach sechs Monaten Prüfungsphase nicht fest. „Es ist gut, wenn in der Sparte jetzt ordentlich aufgeräumt wird. Aber der Vorstand muss auch zeigen, dass er eine Lösung hat", sagt Dirk Schlamp, Analyst der DZ-Bank.

Im Rahmen seiner Strategie 2020 hat der Vorstand ehrgeizige Ziele festgesetzt: In fünf Jahren will der Vorstand seinen Gewinn auf fünf Milliarden Euro steigern - das wäre bei der jetzigen Prognose eine Verdopplung. Damit das gelingt, müssen auch bei der margenschwachen Sparte Global Freight und Forwarding Umsatz und Gewinn ordentlich hochgefahren werden. Zu hoch, sagen manche. Hermann Ude, Crooks Vorgänger als Spartenvorstand, habe im Streit um die ambitionierten Ziele das Unternehmen verlassen, berichten Insider.

Entwicklung des deutschen Paketmarktes

Wegen der Probleme mit NFE ist die Marge der Sparte in den vergangenen Quartalen nur noch weiter abgesackt. Nur noch bei 0,8 Prozent lag die Marge im ersten Halbjahr bei DHL in der Luft- und Seefracht. Konkurrent DB Schenker - selbst von genügend Problemen geschüttelt - erreichte immerhin 2,5 Prozent. Der Schweizer Logistikriese Kühne und Nagel kommt sogar auf 5,3 Prozent. Immerhin: Trotz der Abschreibung bleibe das Ergebnis in diesem Quartal positiv, versicherte Post-Finanzchef Larry Rosen.

Doch die Deutsche Post muss aufpassen, dass sie nicht zu weit hinter die Konkurrenten zurückfällt. Das neue IT-System wäre ein wichtiger Antrieb für mehr Wachstum gewesen. "Die Post ist durch ihre IT-Probleme in den Rückstand geraten. Andere Konkurrenten sind da weiter", sagt Dirk Schlamp, Analyst der DZ-Bank. Statt dem großen Rundumschlag will der Vorstand nun einzelne Module des Systems austesten, in der Hoffnung, dass einige davon noch brauchbar sind.

Alternativen zu SAP und IBM

"Evolution statt Revolution", so beschrieb Finanzchef Rosen die neue Vorgehensweise in einer Telefonkonferenz. Nur: Bisher steht nicht mal fest, ob SAP und IBM dabei Partner bleiben. Man halte auch nach Alternativen Ausschau, sagte Rosen. Intern herrschte schon lange Unzufriedenheit mit den beiden Dienstleistern. "SAP eignet sich vielleicht besonders gut für produzierende Unternehmen, aber nicht für die Logistik", sagt ein Manager, der das Unternehmen mittlerweile verlassen hat. Für SAP und IBM könnte der Auftrag noch teuer werden, falls die Post Kompensationsforderungen stellen sollte. Es sei noch zu früh, um über mögliche Forderungen zu reden, sagte Finanzvorstand Rosen.

Fest steht: Bis das neue System läuft, könnten noch einige Jahre vergehen. Vorerst müssen die Mitarbeiter in der Fracht weiter mit dem Programm mit dem schwarzen Hintergrund und grünem Text Vorlieb nehmen. An der Strategie 2020 hält der Vorstand trotzdem unverändert fest: 2015 sei ein Übergangsjahr, heißt es bei der Post. Schon im kommenden Jahr soll der Gewinn wieder bei 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro liegen.

Bisher immerhin konnte sich Appel dabei auf die anderen Sparten verlassen: Im Gegensatz zur Fracht läuft es im Express-Bereich großartig. Und im Brief- und Paketbereich erwartet der Vorstandschef eine Portoerhöhung für Standardbriefe von 62 auf 70 Cent - die höchste seit 30 Jahren.

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