Nach zweieinhalb Wochen Poststreik befürchten Aktionäre dauerhafte Kundenverluste für den Dax-Konzern. „Je länger der Streik geht, umso mehr überlegen Kunden, zur Konkurrenz zu wechseln“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler. „Damit treibt Verdi die Kunden der Post in die Hände der Mitbewerber, die vielfach eher nur Mindestlohn zahlen“, sagte Tüngler.
Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig mahnte dagegen auf einer Streikkundgebung in Berlin: „Wenn wir das Gefühl haben, dass man aus guten Tarifverträgen aussteigt und Tarifflucht begeht, dann ist es Zeit, dass wir uns einmischen.“
Die Politik sei bei der Post oft eingesprungen und habe ihre Situation gestärkt. Daher habe sie nun einen Anspruch darauf, dass sich der Vorstand an Regeln halte und auf faire Arbeitsbedingungen schaue. Die Rolle der Politik ist nicht unwichtig, da der Staat mit rund 21 Prozent an der Post beteiligt ist.
Post-Streik: Was Sie jetzt wissen müssen
Im Januar überrumpelte die Deutsche Post die Gewerkschaft Verdi mit einem ungewöhnlichen Schritt: Der Bonner Konzern gründete 49 Regionalgesellschaften mit dem Namen Delivery GmbH. Dort werden seit April Paketboten zu den Bedingungen des Logistiktarifvertrags beschäftigt. Sie erhalten damit rund 20 Prozent weniger Lohn als ihre Kollegen, die nach dem Post-Haustarif bezahlt werden.
Die Gewerkschaft Verdi fordert, dass die Post diesen Schritt wieder rückgängig macht. Seit April hat Verdi deshalb regelmäßig zu Warnstreiks aufgerufen, seit Anfang Juni führt die Gewerkschaft einen unbefristeten Streik. Mehr als 32.000 Post-Mitarbeiter haben ihre Arbeit niedergelegt.
Am 3. Juli wollen der Post-Vorstand und Verdi ihre Verhandlungen fortsetzen. Der Streik soll jedoch weiterlaufen, bis es eine endgültige Einigung gibt.
Die Lage ist unübersichtlich, aber zumindest bemüht sich die Post um die Information ihrer Kunden. Regionale Schwerpunkte gibt es bei den Streiks nicht. Auf der Internetseite der Post mit den Streikinformationen kann anhand der Postleitzahl geprüft werden, ob der Ausstand vor Ort eine Rolle spielt. Dabei können Kunden anhand der Postleitzahl prüfen, ob die Briefträger vor Ortstreiken oder ein zuständiges Briefverteilzentrum bestreikt wird, also ob beim Empfang oder dem Versand mit Verzögerungen zurechnen ist. Außerdem bietet die Deutsche Post eine Kundenhotline unter der Rufnummer 0228 /76367650 an.
Nein, zumindest nicht generell. Beim normalen Versand von Standardbriefen oder Paketen lehnt die Post seit jeher Garantien für das Einhalten eines bestimmten Lieferdatums ab. Das Risiko, dass ein Brief oder Paketrechtzeitig ankommt, trägt immer der Versender. Weil nicht überall gleichzeitig gestreikt wird, bleiben Briefe aber in der Regel nur einen Tag liegen. Wer dringende normale Briefe und Pakete ein paar Tage früher verschickt, sollte keine Probleme bekommen.
Ja, zum Beispiel beim Expressversand oder der Versendung als Einschreiben. Bei diesen Versandarten verpflichtet sich die Post dazu, einen bestimmten Zustelltermin einzuhalten. Hält sieden Termin nicht ein, muss sie für Schäden haften haften. Dafür verlangt sie auch ein deutlich höheres Porto als beim Standardversand. Die Express-Sendungen übernimmt bei der Deutschen Post ein Dienstleister, der vom Streik verschont bleibt. Allerdings haben Kunden bei Verspätungen aufgrund von Streiks auch hierkeinen rechtlichen Anspruch auf Schadenersatz, da Streiks als Haftungsgrund in den AGB der Post explizit ausgeschlossen sind. Solange die Express-Sparten nicht bestreikt werden, können sich Kunden also auf das rechtzeitige Eintreffen von Express-Sendungen verlassen.
Selbst wenn es eine Versicherung gäbe, die für die Haftung infrage käme: Ein Streikgilt juristisch als höhere Gewalt. Dafür ist laut Gesetzeine Haftung ausgeschlossen, also auch wenn Postsendungen streikbedingt zu spät kommen. Wer also beispielsweise Konzertkarten per Postverschickt, die dann erst nach der Veranstaltung beim Empfängereintreffen, steht selbst in der Haftung
Verbraucherzentralen weisen etwa bei Kündigungsschreiben darauf hin, dass sich Verträge verlängern, wenn das Kündigungsschreiben erst nach Ablauf der Frist beim Empfängereintrifft. Die Regeln zu Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristensind in den Verträgen und Allgemeinen Geschäftsbedingungen fixiert. Kündigungen bedürfen grundsätzlich der Schriftform, wenn es der Vertragspartner in seinen Geschäftsbedingungen nicht anders geregelt hat. Vom Streik Betroffene sollten das Vertragswerk daher prüfen und gegebenenfalls alternative Versandmethoden nutzen oder den Vertragspartner um einen Fristverlängerung bitten. Kulante Vertragspartner dürften für die Dauer des Streiks darauf eingehen.
Beiden Paketzustellern gibt es bekannte Wettbewerber wie Hermes, GLS, DPD und andere. Bei Briefen sind Alternativen für Privatkunden rar. Post-Konkurrenten wie TNT oder PIN arbeiten nur für Firmenkunden, Betriebe können sie also nutzen. Je nach Region gibt es allerdings auch für Privatpersonen alternative Briefzusteller. Eine Übersicht der Anbieter bietet zum Beispiel posttipp.de. Aber vielleicht geht es auch ohne Brief, zum Beispiel mit dem per Fax oder mitpersonifizierter und verschlüsselter DE-Mail, wie sie Telekom und Internetdienstleister wie web.de, GMX oder 1&1 anbieten. Zu den Sicherheitsstandards informiert Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik(BSI) auf seinen Online-Seiten. Wem das zu umständlich ist, kann Briefe entweder selbst beim Empfänger einwerfen - am besten im Beisein von Zeugen -oder sich beim Empfängererkundigen, ob der auch normale E-Mails akzeptiert.
Hier besteht im Prinzip kein zusätzliches Risiko. Ein Kaufvertrag über online bestellte Waren kann innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden. Zur Einhaltung der Widerrufsfrist ist es ausreichend, wenn die Wareinnerhalb dieses Zeitraums abgeschickt wird. Allerdings sollte dann als Nachweis für den rechtzeitigen Versand der Einlieferungsbeleg aufbewahrt werden.
Zum einen setzt die Post in den Verteilzentren vorrübergehend auch Mitarbeiter der Verwaltung ein. Die noch immer rund 40.000 Beamten bei der Postdürfen nicht streiken und müssen teilweise aushelfen. In grenznahen Regionen springen auch Post-Mitarbeiteraus dem Ausland ein. Dadurch kamen am ersten Streiktag immernoch neun von zehn Postsendungen pünktlich. Zum Glück können die Sortiermaschinen in den Verteilzentren nicht streiken. Durch den Einstieg der Briefzusteller in den Streik wird es aber voraussichtlich zu deutlich mehr Verspätungen kommen.
Ein Postsprecher betonte, dass bundesweit weiter rund 80 Prozent der Briefe und Pakete zeitgerecht ausgeliefert würden. Regional seien die Behinderungen aufgrund der unterschiedlichen Streikbeteiligung aber sehr verschieden.
Bei dem Streik geht es im Kern um den Versuch der Post, mit neuen Regionalgesellschaften, die niedrigere Tarife zahlen, die Lohnkosten zu verringern. Dies sei unvermeidbar und auch nicht diskutabel, sagt die Post. In den zu Jahresbeginn gegründeten inzwischen 49 neuen Gesellschaften für das Paketgeschäft arbeiten bereits rund 6000 Menschen für einen Durchschnittsstundenlohn von 13 Euro. Der Post-Haustarif liegt bei mehr als 17 Euro. Viele Post-Konkurrenten zahlten aber nur den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro. Das Unternehmen müsse den Lohnabstand zur Konkurrenz verringern argumentiert die Post.
Die Gewerkschaft Verdi will die Streiks unbefristet fortsetzen und immer mehr ausweiten. Am Dienstag seien bereits 31.000 Beschäftigte zum Ausstand aufgerufen worden, erklärte ein Sprecher. Die Post sprach von 26.300 Teilnehmern. Der Ausstand kostet die Post jeden Tag Millionen etwa für Leiharbeitnehmer, Sonderschichten und organisatorische Veränderungen.
Der Konflikt wird mit Schärfe ausgetragen; auch vor Gericht. So hatte die Gewerkschaft etwa gegen den Einsatz von Post-Beamten auf bestreikten Arbeitsplätzen geklagt, damit aber eine Niederlage kassiert. Zusätzliches Feuer brachte die Entscheidung der Post, am vergangenen Wochenende liegen gebliebene Briefe und Pakete in einem Sondereinsatz am Sonntag auszutragen.
Verdi hält das für illegal und bekam dafür viel Unterstützung unter anderem aus der SPD - etwa vom NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider. Zur Rechtmäßigkeit der Sonntagsarbeit bei der Post gibt es in den Aufsichtsbehörden der Länder allerdings verschiedene Auffassungen: NRW hält sie wie die Gewerkschaft für illegal, das bayerische Arbeitsministerium teilte dagegen mit, die Post habe die Notwendigkeit des Einsatzes vorerst plausibel dargelegt. Eher kritisch äußerten sich wiederum Hamburg und Baden-Württemberg. „Sonntagsarbeit zum Ausgleich von Streikfolgen ist grundsätzlich nicht zulässig“, sagte ein Sprecher des Stuttgarter Arbeitsministeriums.