Deutsche Post Warum der Streik Wochen dauern könnte

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Verdi: Post begeht Vertragsbruch

Rund 5000 Mitarbeiter haben die Delivery GmbHs bereits – und in den Augen von Verdi ist davon jeder einzelne einer zu viel. Nicht nur, weil ein Großteil der Mitarbeiter vorher bei der Post bereits befristet angestellt war und mit dem Wechsel zu den neuen Tochterfirmen ein niedrigeres Gehalt in Kauf nimmt. Sondern auch, weil sie die Machtposition der Gewerkschaft gefährden. Denn auch die Logistiktarifverträge hat Verdi in den einzelnen Ländern ausgehandelt.

Eigentlich sind die Tarife mit Einstiegsgehältern um die 11 Euro jedoch für kleinere Spediteure und Logistik-Unternehmen gedacht. Für Verdi sind die einzelnen Logistiktarife aber auch deshalb von Nachteil, weil sie die Streikmöglichkeiten der Gewerkschaft schmälern.

Für Lohnerhöhungen im Haustarif kann Verdi bundesweit kämpfen und könnte auch die Paket- und Briefzentren so bundesweit lahm legen. Bei den Logistiktarifverträgen jedoch müsste sie in jedem einzelnen Bundesland Streiks organisieren – und die träfen nicht nur die Post, sondern die gesamte tarifgebundenen Logistikunternehmen.

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Kein Wunder also, dass die Gewerkschaften nun alle Mittel einsetzen. Der 1. April war der erste Tag, an dem Verdi und der wesentlich kleinere DPVKOM, die vor allem Briefboten vertritt, der Streik überhaupt möglich war. Vorher musste sich die Gewerkschaft an die Friedenspflicht halten, da es ja einen geltenden Tarifvertrag bei der Post gab. Und der läuft erst Ende Mai aus. Verdi hat diese Regelung umgangen: Sie kündigte die im Haustarifvertrag verankerten Arbeitszeitregelungen.

Mit den neuen Delivery GmbHs hat das auf den ersten Blick nur wenig zu tun. Dort sind vor allem die niedrigeren Löhne ein Problem und nicht etwa längere Arbeitszeiten. Verdi aber argumentiert, dass die Post durch die Delivery GmbHs Vertragsbruch begangen habe. Denn die Gewerkschaft hat mit der Post auch einen Vertrag darüber, dass die Post nicht mehr als 990 Ausstellbezirke an fremde Unternehmen abgeben darf. Auch nicht an Tochtergesellschaften.

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Verdi will deshalb vor Gericht ziehen: Die Gewerkschaft hat Klage auf Unterlassung beim Bonner Amtsgericht eingereicht. Und die Zugeständnisse, die Verdi gegenüber der Post im Gegenzug für das Fremdvergabegebot gemacht hat – wie zum Beispiel längere Arbeitszeiten und weniger Pausen – will die Gewerkschaft jetzt wieder zurücknehmen. Auch deshalb streiten die Postangestellten jetzt um eine 36-Stunden-Woche.

Und sie werden weiter streiten: Ab Mai stehen auch mögliche Lohnerhöhungen auf dem Verhandlungsplan. Und im Dezember laufen zusätzlich noch das Fremdvergabeverbot und ein Kündigungsschutz für die Post-Angestellten aus.

Wie der Streit ausgeht, ist deshalb noch ungewiss. Dennoch: Der Post bieten sich mehr Chancen denn je, die starke Machtpositionen der Gewerkschaft im Haus zu durchbrechen. Auch wenn sie mit vielen Streiktagen rechnen muss.

Die Post hat bereits vorgesorgt: In den einzelnen Sortierzentren heuert das Unternehmen zusätzliche Aushilfskräfte an. In Kiel helfen beispielsweise 35 Werkarbeiter aus Polen, berichtet "Die Welt". Die sollen die streikenden Mitarbeiter ersetzen – notfalls auch über mehrere Wochen.

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