Doch dann kündigte Compador den Wartungsvertrag mit Postcon. Zudem warb es mehr als 30 Vertriebsmitarbeiter ab. Die finanziellen Mittel dafür stammten zum Teil aus dem Einstieg der Deutschen Post. Danach folgte eine Angebotsoffensive, die an First-Mail-Zeiten erinnert. Vor allem bei Kunden aus dem Postcon-Portfolio wurde Compador mit teils extrem niedrigen Preisen vorstellig. Ein Kunde etwa, der pro Tag rund 300 Briefe verschickt, bekam einen Rabatt von 15 Prozent aufs Standardporto von 58 Cent – üblich sind etwa zehn Prozent. Vertriebsmitarbeiter der TNT-Tochter zweifeln intern an der „Gewinnerzielungsabsicht“. Compador-Chef Jens Gunter Greve hält dagegen, er „kalkuliert kaufmännisch fair und korrekt“.
Inzwischen hat sich auch die Bundesnetzagentur eingemischt. Die Behörde eröffnete im Juli „ein Verfahren der besonderen Missbrauchsaufsicht“. Sie geht dem Verdacht nach, dass die Post-Tochter In-Haus Services der Schwester Compador im Vergleich zu deren Wettbewerbern „unterschiedliche Konditionen anbietet“: Briefzentren in Frankfurt und Essen würden Compador günstigere Einlieferungszeiten anbieten als Postcon. Laut Deutsche Post trifft der Vorwurf der Diskriminierung „nicht zu“. Es seien unterschiedliche Briefmengen angefragt worden, die unterschiedliche Zeitfenster rechtfertigten.
Überhaupt will die Deutsche Post vom Geschäftsgebaren der neuen Beteiligung wenig mitbekommen. Compador gehe mit „kompetitiven, aber marktüblichen Preisen in den Markt“, versichert Achim Dünnwald, Chef der Sparte Briefkommunikation. „Extrem niedrige Preise würden der Positionierung von Compador nicht entsprechen.“ Man sei dort ohnehin nur eingestiegen, „um in die Qualität des Managements und die Technik und in ein vielversprechendes Geschäftsfeld zu investieren“, sagt Dünnwald. „Über Strategie und detaillierte Geschäftspläne habe man nie gesprochen.“
Kaum bestreiten lässt sich aber, dass das Geschäftsgebaren der Compador-Geschäftsführung sich für die Deutsche Post lohnt. Die TNT-Tochter verlor einige Kunden. Auch beim dritten größeren Konsolidierer im Markt, der Freesort aus Langenfeld bei Düsseldorf, spürt man seit Jahresanfang „einen enormen Preisdruck“, sagt Monika Plum, Leiterin Geschäftsentwicklung bei der Muttergesellschaft Francotyp-Postalia. Compador-Chef Greve sagt dazu, er habe das klare Ziel ausgegeben, „den Wettbewerb im Konsolidierungsmarkt für sich entscheiden zu wollen“.
Dafür könnte sein nächster Coup einen wichtigen Beitrag leisten. Greve plant ein neues Geschäftsmodell, das darauf abzielt, die bei Großkunden eingesammelten Briefsendungen von den privaten Briefdiensten zur Deutschen Post umzuleiten. Als Experimentierfeld nutzt Compador offenbar die Nordbayernpost in Nürnberg. Der Briefzusteller, der pro Tag rund 100.000 Briefe verteilt, wurde 2008 von Verlagen gegründet, schwarze Zahlen schrieb er nie. Die Gesellschafter verkauften die Nordbayernpost im März dieses Jahres an den Privatmann Michael Lübnitz, der Branchenkreisen zufolge eher weniger Erfahrung im Briefgeschäft mitbringt.