Die Deutsche Post könnte Insidern zufolge Konsequenzen aus der Krise ihrer Frachtsparte ziehen. Der Vorstand prüfe Optionen für die Zukunft des Geschäfts, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Es werde eine Reihe von Möglichkeiten erwogen, darunter auch ein Teilverkauf oder ein Gemeinschaftsunternehmen. Noch sei aber nichts entschieden.
Bei den Überlegungen gehe es vor allem um das Luft- und Seefrachtgeschäft der Sparte, die 2014 einen Jahresumsatz von knapp 15 Milliarden Euro eingefahren hatte. Das entspricht gut einem Viertel des Post-Umsatzes. Konzernchef Frank Appel musste zuletzt hohe Abschreibungen auf die Sparte vornehmen, Grund war die in weiten Teilen gescheiterte Einführung neuer Datenverarbeitungssysteme. "Solche Gerüchte und Spekulationen kommentieren wir grundsätzlich nicht", sagte ein Post-Sprecher zu den Aussagen der Insider.
Als möglicher Interessent für den Fall eines Verkaufs komme die japanische Post infrage, sagte einer der Insider. Das Unternehmen wolle im Frachtgeschäft wachsen und habe zuletzt in Australien zugekauft. Auch die Asiaten wollten dazu keine Stellungnahme abgeben.
Die Post kämpft seit mehr als zwei Jahren mit Gewinnrückgängen im ihrem weltweiten Frachtgeschäft, erst im vergangenen April hatte der für Sparte zuständige Vorstand Roger Crook das Handtuch geworfen. Seitdem hat Appel dort persönlich das Ruder übernommen. Der Konzern betonte noch im vergangenen Jahr, die Frachtsparte stehe nicht zur Disposition. Sie sei "ein sehr wichtiger Bestandteil unseres Geschäfts", hatte Finanzchef Larry Rosen gesagt. Nun prüft der Konzern den Insidern zufolge aber auch andere Lösungsmodelle.
Neben einem erbitterten Wettbewerb und einem hohen Preis- und Margendruck machen der Post vor allem hausgemachte Probleme in der Sparte zu schaffen. Denn der Konzern wollte neue Datenverarbeitungssysteme einführen, doch das endete im Desaster. Die mit den Partnern IBM und SAP entwickelten Systeme seien "sehr, sehr kompliziert und am Ende fehlerhaft" gewesen, musste Post-Finanzchef Larry Rosen schon einräumen.
Was die Post mit ihrer Strategie 2020 erreichen will
Auch der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß soll verringert werden: Bis 2020 will die Post ihre Energie-Effizenz um 30 Prozent verbessern. Vor kurzem kaufte der Dax-Konzern zum Beispiel den deutschen Elektroauto-Entwickler Streetscooter auf.
Die Aktie Gelb soll weiter steigen: Post-Chef Frank Appel möchte zur ersten Wahl für Anleger werden. Zwischen 40 und 60 Prozent des Nettogewinns sollen die Aktionäre jährlich als Dividende ausgeschüttet bekommen.
Auch die Kundenzufriedenheit soll steigen - auf über 80 Prozent. Nach Recherchen der WirtschaftsWoche beschwerten sich allerdings vor allem deutsche Großkunden zuletzt über die Briefzustellung.
Der Gewinn ist die wichtigste Ziellinie in der Strategie 2020: Bis zum Ablauf der Frist will Appel fünf Milliarden Euro Plus machen. Dazu müsste er pro Jahr den Gewinn um acht Prozent steigern. Die Brief- und Paketsparte, die ihren Umsatz vor allem in Deutschland macht, soll drei Prozent Gewinnsteigerung pro Jahr dazu beisteuern - das Expressgeschäft, die Logistik- und Speditionssparten müssen zehn Prozent mehr im Jahr verdienen.
Kein anderer Dax-Konzern hat so konkrete und zugleich so ehrgeizige Ziele.
In Deutschland hat der durch den Onlinehandel ausgelöste Paketboom die Deutsche Post weit nach vorne getrieben. Jetzt will der Bonner Konzern diesen Effekt auch in den Schwellenländern mitnehmen: Bis 2020 soll sich der Marktanteil in diesen Regionen von 22 auf 30 Prozent erhöhen. Der Fokus liegt dabei auf Brasilien, Indien, China, Russland und Mexiko.
Auch bei den Mitarbeitern möchte die Post die erste Wahl sein. Ziel des Vorstand ist es, in den Mitarbeiterbefragung eine Zustimmungsquote von über 80 Prozent zu erlangen. Zuletzt lag die Quote bei ungefähr 70 Prozent.
Die Post zog deshalb die Reißleine - die Gewinnerwartung für 2015 musste sie im vergangenen Oktober um rund eine halbe Milliarde Euro auf mindestens 2,4 Milliarden Euro zusammenstreichen. Allein 345 Millionen Euro Abschreibungen und Rückstellungen entfielen auf den Frachtbereich. Dieser wies im dritten Quartal dann einen deutlichen Verlust von 337 Millionen Euro aus. Abseits der kriselnden Sparte florieren indes die Geschäfte, vor allem im Bereich Express und Paket. Appel will am 9. März die Geschäftszahlen für 2015 vorlegen.