Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn „Rot-Rot-Grün im Bund? Dann wird es für die Wirtschaft hart“

Der deutsche Wohnungsmarkt ist hart umkämpft. Im Interview spricht Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn über seinen Streit mit Berlins Politik, verärgerte Mieter und Vonovia-Chef Rolf Buch.

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Deutsche-Wohnen-Chef Michael Zahn. Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Herr Zahn, Sie haben gerade für 655 Millionen Euro 3900 Wohnungen in Berlin gekauft. Ist der Preis nicht zu hoch? Sie zahlen fast 2400 Euro pro Quadratmeter – beim Kauf der GSW vor drei Jahren waren es weniger als 1000 Euro.
Michael Zahn: Berlin ist eine unglaublich attraktive Stadt und seit Jahren Sehnsuchtsort für Menschen aus aller Welt. Auch deshalb sehen wir eine dynamische Preisentwicklung am Berliner Immobilienmarkt. In Anbetracht dieser Entwicklung und der Qualität, die wir erwerben, haben wir für unsere neueste Akquisition einen sehr fairen Preis bezahlt.

Vor neun Monaten haben Sie noch gesagt, Übernahmen seien als Thema nicht mehr so relevant. Da haben Sie Ihre Meinung ja ziemlich schnell geändert.
Das Angebot ist knapp und die Preise werden weiter steigen. Trotzdem: Wir nutzen weiterhin jede Gelegenheit – wenn es eine gute ist. Aber eine Transaktion, wie wir sie jetzt durchgeführt haben, kann man nicht planen. Der Markt ist nicht mehr so berechenbar wie früher.

Zur Person

Wird Berlin, wo Sie zwei Drittel ihres Portfolios haben, nicht zum Klumpenrisiko?
Wir sind zu fast hundert Prozent auf Wachstumsmärkte ausgerichtet. Das ist unsere Zukunftsperspektive. Die Aussichten für den Berliner Wohnungsmarkt sind weiterhin positiv. Die Chancen überwiegen. Deshalb werden wir auch weiterhin in unser Portfolio investieren und werden bei entsprechender Gelegenheit auch weiter akquirieren. Wir glauben an Berlin.

Aber Sie legen sich massiv mit der Politik an, seit in Berlin Rot-Rot-Grün regiert. Macht Ihnen die Politik das Geschäft kaputt?
Mit der Rot-Rot-Grünen Landesregierung ist ein gewisser Staatsdirigismus salonfähig geworden. Die Rolle der Privaten – ob in der Wohnungswirtschaft, der Energieversorgung oder anderen Wirtschaftsbereichen – wird ganz grundsätzlich kritisch gesehen. Das ist für die Stadt leider kontraproduktiv. Wir stehen, trotz aller Unterschiede im Detail und im Tonfall, als Partner für die Stadt zur Verfügung. Das Geschäft wird uns nicht kaputt gemacht, aber der öffentliche Schlagabtausch bringt niemanden etwas.

Macht das den Investoren nicht Sorgen? Wird die Aktie darunter leiden?
Natürlich sind unsere Aktionäre teilweise über die Diskussionen in Deutschland überrascht. Die massiven Eingriffe der Politik in den Markt werden nicht verstanden, weil sie das eigentliche Problem, die Unterversorgung mit Wohnungen, nicht beheben.

Den Berliner Mietspiegel bezeichnen Sie als Bullshit.
Nicht den Berliner Mietspiegel, sondern das Ergebnis der letzten Erhebung habe ich kritisiert. Generell sieht die Politik es natürlich nicht gerne, dass wir sagen, der Mietspiegel sei nicht qualifiziert. Zu behaupten, dass er wissenschaftlich ist, wäre so, als wenn der IOC-Präsident von sauberen olympischen Spielen spricht. Für die Mietpreisbremse sollte man nicht den Mietspiegel heran ziehen. Aber genau das wird getan.

Im Mai kommt der neue Mietspiegel...
...und der wird handwerklich nicht besser. Die Politik und Mietervertreter hier in Berlin werden alles daran setzen, um mietpreisdämpfend zu wirken. Wenn zum Beispiel der Senat seinen kommunalen Unternehmen vorschreibt, wie sie die Mieten entwickeln und an wen sie vermieten müssen – und jede fünfte der Berliner Wohnungen gehört kommunalen Unternehmen – ist das dann noch Markt? Der Mietspiegel ist an sich ein hilfreiches Instrument, aber er wird mit politischen Zielen überfrachtet.

Wo waren Sie am 15. Februar? Da haben Sie Ihre Kommunikationschefin zur Anhörung in den Bauausschuss geschickt, anstatt selber hinzugehen. Von der Politik wurde als Affront empfunden.
Ich war auf einer zweitägigen Klausurtagung mit einem Partnerunternehmen.

Es sah trotzdem aus, als würden Sie kneifen.
Wie auch bei den vorherigen Einladungen in den Ausschuss, wollte ich persönlich erscheinen. Ich habe drei Alternativtermine unterbreitet, da ich an diesem Tag nicht konnte. Eine Verlegung der Anhörung wäre inhaltlich einfach möglich gewesen, aber die Regierungsfraktionen wollten nicht. Für mich liegt nahe, dass sie die Absage für eigene Zwecke nutzen wollten.

Sie haben in Berlin auch immer mehr Ärger mit Ihren Kunden. Die beschweren sich in Zeitungsberichten über Missstände in den Wohnungen, die erst nach vielen Anrufen und öffentlichem Druck beseitigt werden.
Unser Wohnungsbestand ist im Schnitt 70 bis 80 Jahre alt, beim Energieverbrauch aber besser als der Bundesdurchschnitt. Trotzdem ist richtig, dass wir uns weiter verbessern können und müssen. Das gilt für den Kundenservice genauso wie stellenweise für die Qualität unseres Portfolios. Der Start in die Heizperiode ist jedes Jahr ein Gewaltakt und logistisch eine riesige Herausforderung. Leider waren wir im zurückliegenden Winter nicht immer in der Lage, unsere Wohnungen mit Wärme zu versorgen. Dafür entschuldigen wir uns bei unseren Mietern.

Wenn sich das jedes Jahr wiederholt, wieso haben Sie nicht vorgesorgt?
Wir hatten anfänglich Probleme im Zusammenspiel mit unserem Dienstleister. Abhilfe soll nun durch einen Dienst, der 24 Stunden im Einsatz ist, geschaffen werden. Wir haben zwei Wochen gebraucht, bis wir logistisch in der Lage waren, die aufgetretenen Probleme besser zu managen. Das Thema haben wir jetzt im Griff, auch wenn teilweise noch Anlagen im Notbetrieb laufen. Natürlich arbeiten wir mit Hochdruck an der Erneuerung der störanfälligen Anlagen und an der Optimierung der Prozesse mit unserem Dienstleister.

Die öffentliche Wahrnehmung ist aber ein Desaster.
Ich stimme Ihnen zu, wir werden hier unserem eigenen Anspruch nicht gerecht. Dem stellen wir uns. Ich bin weit davon entfernt, zu sagen, wir machen alles zur vollsten Zufriedenheit. Aber ich weiß, dass wir nächstes Jahr zu Beginn der Heizperiode gut vorbereitet sein werden. Auch für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war das eine schwierige Situation, weil es nicht ihre Leistung und ihr Engagement widerspiegelt.

Wenn Sie da angreifbar sind, wie klug ist dann Ihre Rolle als Bad Guy? Sie klagen auch in Berlin – gegen Kunden, die Mietsteigerungen überhöht finden und nicht zahlen wollen.
Eine Klage ist für uns immer das letzte Mittel, unterschiedliche Rechtspositionen zu klären. Aber meist versuchen wir, mit dem Mieter andere Lösungen zu finden. Zum überwiegenden Teil gelingt das. Wenn in der juristischen Auseinandersetzung gerichtliche Gutachten bestellt werden, wird unsere Position fast immer bestätigt. Verglichen mit der Größe unseres Bestandes verlieren wir relativ wenige Prozesse.

Angeblich haben Sie aber kaum welche gewonnen.
Man einigt sich ja meist vorher. Über 90 Prozent unserer Mieter haben den Mieterhöhungen auf Basis des Mietspiegels zugestimmt, als der aktuelle Mietspiegel vor zwei Jahren vorgelegt wurde. Die Aussage, die Deutsche Wohnen halte sich nicht an den Mietspiegel, ist falsch. Wir setzen uns nur kritisch mit ihm auseinander – und das öffentlich und seit Jahren. Bei Modernisierungen erreichen wir am Ende noch höhere Zustimmung, weil wir uns hier an die Regeln halten, wie die Anerkennung finanzieller und sozialer Härtefälle.

Warum bauen Sie in Potsdam, aber nicht in Berlin?
Wir bauen in beiden Städten, aber in Berlin ist die Zusammenarbeit mit den Behörden deutlich zäher. Wir bedienen Mittelschicht, also Haushalte, die ihre Miete selbst bezahlen können. Wichtig für die Städte ist, dass der private Wohnungsbau in Gang kommt. Berlin macht es sich schwer, indem die Stadt immer neue Anforderungen an Investoren formuliert. So sollen nur beim Neubau 30 Prozent der Wohnfläche für sozial Bedürftige reserviert werden. Das erhöht die Miete für die Übrigen Wohnungen und kann im Zweifelsfall ganze Projekte unwirtschaftlich machen. So löst man die Wohnungsknappheit nicht.

So viel kostet das Heizen mit Öl, Gas, Holz und Strom
Heizkostenvergleich – was ist normal?Ein Heizkostenvergleich mit Durchschnittswerten ist nur ein grober Anhaltspunkt, weil sich Gebäude, Heizverhalten und Verbrauch in jedem Einzelfall unterscheiden - und nicht zuletzt auch die Witterung. Die Angaben zu den Heizkosten beziehen sich deshalb auf einen Musterfall, nämlich ein freistehendes Einfamilienhaus mit 200 Quadratmetern Wohnfläche. Dabei wurden vier Gebäudestandards verglichen, angefangen bei den Baustandards vor 1977 bis hin zum modernen Passivhaus. Der Energieverbrauch wurde mit Durchschnittswerten pro qm Wohnfläche angesetzt. Quelle: energieheld.de; Stand: Mitte 2016 Quelle: Fotolia
GasheizungDurchschnittlich liegt der Energieverbrauch bei einer Gasheizung bei 160 kWh pro qm pro Jahr, das entspricht rund 16 Kubikmetern Erdgas oder 10,43 Euro im Jahr für jeden Quadratmeter. Aber zwischen den Gebäudetypen gibt es riesige Unterschiede: Altbauten benötigen 200 kWh pro qm und mehr, ein Passivhaus nur 15 kWh pro qm. In der Jahresrechnung macht einen Unterschied von 2500 Euro. Der Warmwasserbedarf wurde dabei nicht berücksichtigt. Durchschnittlicher Energieverbrauch eines Einfamilienhauses mit Gas-Heizung:GebäudeartRechnung(kWh/m²*a) * m² * (€/kWh)Heizkostenpro JahrBaujahr bis 1977 200 x 200 x 0,0694 €2.776 €/aBaujahr bis 2002 100 x 200 x 0,0694 €1.388 €/aKfW-Effizienzhaus 7060 x 200 x 0,0694 € 833 €/aPassiv-Haus 15 x 200 x 0,0694 €208 €/aBildquelle: Vaillant Group Quelle: Vaillant
ÖlheizungWer mit Öl heizt, muss schon tiefer in die Tasche greifen, denn im Bundesdurchschnitt muss er 11,83 Euro pro Quadratmeter im Jahr zahlen. Öl ist immer noch deutlich teurer als Gas und unterliegt zudem stärkeren Schwankungen. So kommt es, dass der Passivhausbesitzer im Jahr – wieder ohne Warmwasserverbrauch – im Jahr 261 Euro zahlt, der Eigentümer von 200 Quadratmetern Altbau schon 3480 Euro im Jahr berappen muss. Jährliche Heizkosten eines Einfamilienhauses mit Ölheizung:GebäudeartRechnung(kWh/m²a) * m² * €/kWh) Heizkosten pro Jahr(€/a) Heizkosten pro m² & Jahr(€/m²a)Baujahr bis 1977200 x 200 x 0,0873.480 €/a17,40 €/m²aBaujahr bis 2002100 x 200 x 0,0871.740 €/a8,70 €/m²aKfW-Effizienzhaus 70 60 x 200 x 0,0871.044 €/a 5,22 €/m²aPassiv-Haus15 x 200 x 0,087261 €/a1,31 €/m²a Quelle: Fotolia
PelletheizungPellets aus gepressten Holzspänen sind der günstigste Energieträger für heutige Einfamilienhäuser – zumindest im Bundesdurchschnitt. Pro Quadratmeter Wohnfläche fallen im Jahr 9,22 Euro an. Selbst wer ein mehr als vierzig Jahre altes Haus besitzt, kommt im Durchschnitt noch mit 2300 Euro Heizkosten im Jahr aus. Nachhaltig ist diese Form des Heizens auch: Der nachwachsende Brennstoff Holz ist in der Gesamtbilanz klimaneutral, da nur so viel CO2 entsteht, wie vom Baum während seines Wachstums zuvor gebunden wurde. Jährliche Heizkosten eines Einfamilienhauses mit Pelletheizung:Gebäudeart Rechnung(kWh/m²a) * m² * €/kWh) Heizkosten pro Jahr(€/a) Heizkosten pro m² & Jahr(€/m²a)Baujahr bis 1977200 x 200 x 0,0576 €2.304 €/a11,52 €/m²aBaujahr bis 2002100 x 200 x 0,0576 €1.152 €/a5,76 €/m²aKfW-Effizienzhaus 7060 x 200 x 0,0576 €691 €/a3,46 €/m²aPassiv-Haus15 x 200 x 0,0576 €173 €/a0,86 €/m²aBildquelle: Vaillant Group Quelle: Vaillant
Scheitholz-HeizungAlternativ zur Pelletheizung lässt sich auch mit Scheitholz ein Haus beheizen, etwa einem speziellen Brennofen oder mit einem wasserführenden Kamin, von dem aus das mit Feuer erhitzte Wasser durch die Heizkörper im Haus gepumpt wird. Pro kWh benötigt man dafür durchschnittlich 4,2 Kilogramm Scheitholz, die Kosten liegen bei 1,13 Euro. Der Jahresbedarf liegt dann bei alten Häusern bei rund 9,5 Tonnen, im Passivhaus genügen hingegen 720 Kilogramm. Pro Quadratmeter Wohnfläche entstehen Durchschnittskosten von 10,45 Euro im Jahr. Im Altbau fallen 13,06 Euro, im Passivhaus 0,98 Euro pro Quadratmeter pro Jahr an. Für das 200-qm-Haus summieren sich die Kosten im somit auf einen Betrag zwischen 196 Euro (Passivhaus) und 2600 Euro (Baujahr vor 1977). Jährliche Heizkosten eines Einfamilienhauses mit Scheitholz-Heizung:Gebäudeart Rechnung(kWh/m²a) * m² * €/kWh) Heizkosten pro Jahr(€/a) Heizkosten pro m² & Jahr(€/m²a)Baujahr bis 1977200 x 200 x 0,0653 €2.612 €/a13,06 €/m²aBaujahr bis 2002100 x 200 x 0,0653 €1.306 €/a6,53 €/m²aKfW-Effizienzhaus 7060 x 200 x 0,0653 €784 €/a3,92 €/m²aPassiv-Haus15 x 200 x 0,0653 €196 €/a0,98 €/m²a Quelle: Fotolia
Stromheizung (Nachtspeicher, Elektroradiatoren, Wärmepumpe)Früher waren sogenannten Nachtspeicherheizungen weit verbreitet, heute gelten sie als viel zu teuer. Stromheizungen sind heute vielmehr in Form von Wärmepumpen gefragt, die quasi Strom im Dauerbetrieb benötigen, um aus den Temperaturdifferenzen zwischen Außenluft und tieferen Erd-, Luft- und Wasserschichten Heizenergie zu generieren. Weil kaum ein Haus heute rein elektrisch beheizt wird, sind die Durchschnittwerte mit Vorsicht zu genießen. Durchschnittlich entstünden nämlich Kosten von 45,28 Euro pro Quadratmeter pro Jahr. Gemessen am unterstellten Energiebedarf entstehen im Musterfall für ein 200-qm-Haus so jährliche Ausgaben zwischen 861 Euro und 11.480 Euro im Jahr. Jährliche Heizkosten eines Einfamilienhauses mit Elektro-Heizung:Gebäudeart Rechnung(kWh/m²a) * m² * €/kWh) Heizkosten pro Jahr(€/a) Heizkosten pro m² & Jahr(€/m²a)Baujahr bis 1977200 x 200 x 0,28711.480 €/a57,4 €/m²aBaujahr bis 2002100 x 200 x 0,2875.740 €/a28,7 €/m²aKfW-Effizienzhaus 70 60 x 200 x 0,2873.444 €/a 17,22 €/m²aPassiv-Haus15 x 200 x 0,287861 €/a4,31 €/m²a Quelle: Fotolia

Wollen Sie denn zur Lösung beitragen?
Unser Fokus gilt Personenhaushalten mit mittlerem Einkommen. Wir sehen uns weder im sozialen Wohnungsneubau noch im Hochpreissegment. Wir bieten damit genau das, was gesucht wird, Mietwohnungen für die urbane Mittelschicht, nachhaltig gebaut beziehungsweise modernisiert.

Würden Sie in einer der Wohnungen, die sie vermieten, selber wohnen wollen?
Da fallen mir viele Wohnlagen und Siedlungen ein, in denen ich wohnen würde. Sie wissen, dass wir in Berlin ganz einzigartige UNESCO-Welterbe-Siedlungen besitzen. Die Wohnqualität dort ist hervorragend.

Warum haben Sie die Zentrale noch in Frankfurt?
Faktisch und steuerrechtlich ist Berlin schon längst unser Sitz. Wir haben die Mehrzahl unserer Beschäftigten und den überwiegenden Teil unserer Wohnungen in der Hauptstadt. Schön wäre es, wenn wir die Dialogkultur mit der Landesregierung und den politischen Gremien verbessern könnten. Wenn dann alles gut zusammen passt, was längst zusammen gewachsen ist, verlegen wir gerne unseren Sitz nach Berlin.

Wenn Deutschland wie Berlin eine rot-rot-grüne Regierung kriegen sollten,...
...dann wird es für die Branche und die Wirtschaft insgesamt hart. Aber wenn Rot-Rot-Grün kommen sollte, werden wir natürlich damit umgehen müssen.

„Wir arbeiten deutlich profitabler als die Vonovia“

Während Sie Mängel im Service bei den Wohnungen zugeben, investieren Sie massiv in so ein sensibles Gebiet wie Pflegeimmobilien. Stellen Sie sich vor, da passiert mal was!
Im Pflegegeschäft haben wir mehr als 20 Jahre Erfahrung. Unsere Häuser sind von hoher Qualität und hervorragend positioniert. Wir haben über Jahre eine Belegung, die weit über dem Bundesdurchschnitt liegt. Die Katharinenhof Seniorenwohn- und Pflegeanlage Betriebs-GmbH, an der wir 49 Prozent halten, gehört qualitativ zu den führenden Unternehmen der Branche. Pflege ist für mich ein Zukunfts-Geschäft. Wir müssen uns damit beschäftigen, wenn ich die Altersstruktur unserer Mieter und der Gesellschaft sehe. Ich bin überzeugt, dass dieses Geschäftsfeld an Bedeutung gewinnen wird. Wir schaffen da Synergien zwischen beiden Geschäftsfeldern.

Wenn Pflegeimmobilien so lukrativ sind, warum macht Ihnen Vonovia das nicht im großen Stil nach?
Das sollten Sie die Vonovia fragen. Grundsätzlich aber gilt, um Chancen zu erkennen, braucht man gute Marktkenntnis.

Vonovia-Chef Rolf Buch hat im Dezember im Interview mit der WirtschaftsWoche gesagt, er sei fest davon überzeugt, dass man wieder über ein Zusammengehen von Vonovia und Deutsche Wohnen sprechen wird, wenn die Wertschöpfungspotentiale der beiden Unternehmen ausgeschöpft sind. Wie sehen Sie das?
Ich sehe da keinen Automatismus. Gescheitert ist die Übernahme vor einem Jahr daran, weil unsere Aktionäre fundamental der Meinung waren, dass ein Zusammenführen den Wert der Deutsche Wohnen massiv verwässern würde. Das sollte Herr Buch einsehen. Ein Angebot muss überzeugend sein. Das war es damals nicht.

Und heute?
Wir arbeiten heute deutlich profitabler als die Vonovia. Wir haben hier fundamental zwei völlig divergierende Portfoliostrategien. Auf der einen Seite die Deutsche Wohnen mit einem ausschließlich in Wachstumsmärkten operierenden Portfolio, dort Vonovia mit einem stark heterogenen Portfolio. Ich bin auch weiterhin davon überzeugt, dass Fokussierung und Wachstum auf wenige Märkte schierer Größe überlegen ist.

Rund 30 Prozent des Kapitals der Deutsche Wohnen halten Aktionäre, die auch an Vonovia beteiligt sind - inklusive der knapp fünf Prozent, die Vonovia selber hält...
...aber das bedeutet noch lange nicht, dass ein Angebot von der Vonovia an die Deutsche Wohnen Aktionäre erfolgreich wäre, wie wir 2016 gesehen haben. Finden Sie nicht auch, dass beide Managementansätze auf großes Interesse bei Investoren stoßen? Es deutet doch eher darauf hin, dass beide Gesellschaften stand alone auf großes Interesse bei Investoren stoßen.

Herr Buch will nur noch dann ein Zusammengehen, wenn man sich auf Vorstandsebene einig ist darüber. Er sagt, zu einer Einigung könne es irgendwann kommen. Denken Sie das auch?
Ich möchte mich nicht an Spekulationen beteiligen. Es bleibt dabei: Das entscheiden unsere Aktionäre dann, wenn ein konkretes Angebot vorläge. Unsere Aktionäre zum Beispiel schätzen unseren klaren Berlin-Fokus. Wir haben unterschiedliche Sichtweisen auf den Markt und deshalb operieren beide Gesellschaften mit teilweise gegensätzlichen Ansätzen, aber trotzdem jeweils sehr erfolgreich.

Welche unterschiedlichen Sichtweisen?
Ich bin ganz klar ein Fan von Core-Plus.Vonovia bedient sehr viele Core-Märkte wie Dortmund. Die sind stabil, aber nicht prosperierend. Unser Portfolio haben wir mit einer großen Überzeugung aufgebaut. Wir sind zu fast hundert Prozent auf Wachstumsmärkte ausgerichtet. Bei der Wertschöpfungsstrategie haben wir auch sehr unterschiedliche Managementansätze. Vonovia denkt in Umsatz, wir in Wertsteigerung. Dort das modulare, schnelle Bauen, hier der Einzelfall mit der Betonung auf hochwertige, nachhaltige Bestands- und Neubauinvestitionen.

Herr Buch sieht in seinem Konzept ein hohes Wertschöpfungspotential.
Wertschöpfungspotential zeigt sich für mich in der Entwicklung der Immobilie. Die entscheidende Frage ist, wie kann ich diese positiv beeinflussen. Die Wertentwicklung des Portfolios ist für uns die eigentliche Aufgabe eines Immobilienunternehmens. Darüber hinaus können echte Drittumsätzen Wertpotenzial liefern. Konzerninterne Umsätze, wie zum Beispiel durch eine interne Handwerkerorganisation, müssen dem Marktvergleich standhalten.

Sie selber haben aber auch mal gesagt, aus Kapitalmarktsicht könne ein Zusammengehen sinnstiftend sein.
Ich fokussiere mich auf die Dinge, die ich beeinflussen kann und die im Interesse unserer Aktionäre liegen.

Haben Sie Herrn Buch eigentlich vor 2013 gekannt, als er von Arvato zur Deutschen Annington kam, die heute Vonovia heißt?
Nein, denn er war bis dato wohnungswirtschaftlich ein unbeschriebenes Blatt. Aber es gibt keine Berührungsängste. Wenn ich mich mit ihm treffe, ist das immer spannend und interessant. Heute schätze ich ihn als Kollegen, Strategen und Diskussionspartner. Wir haben beide viel bewegt in den letzten Jahren und können voneinander lernen.

In der Außenwahrnehmung wirkt Buch erfolgreicher. Sie versuchen, Conwert zu kaufen – er schafft es.
Herr Buch ist sicherlich präsenter durch sehr aktive Öffentlichkeitsarbeit, ich setze andere Prioritäten. Zur Conwert: Der Vergleich hinkt, denn wir standen zu keinem Zeitpunkt im Wettbewerb zueinander, wir haben schlicht knapp 50 Prozent weniger geboten als Vonovia.

Und die Verbesserung in der Substanz, um jetzt 17 Euro pro Conwert-Aktie zu zahlen, sehen Sie die?
Ich kann nicht erkennen, dass sich Conwert innerhalb von 18 Monaten substanziell verbessert hat. Selbst bei sehr optimistischer Betrachtung fällt es mir schwer, die Sinnhaftigkeit dieser Übernahme zu verstehen.

Aber in der öffentlichen Wahrnehmung war das Buchs 2:0, nachdem er Ihnen zuvor den Kauf der LEG kaputt gemacht hat. Ist man da doch mal persönlich sauer?
Nein, nicht wirklich, das nehme ich sportlich. Vielleicht hätte ich genauso entschieden.

Wo können Sie Rolf Buch noch sichtbar schlagen?
Wir wollen in puncto Profitabilität und Qualität unsere führende Rolle im gelisteten Wohnungssektor weiter ausbauen. Wir haben mit unserem Pflegeheimgeschäft einen weiteren Wachstumsmarkt. Würden wir jedoch unsere Priorität auf den Umsatz legen, würde das zu einer Verwässerung unserer Anlagestrategie führen. Wie oft betont: Nicht Größe treibt uns an, sondern die Fokussierung und Konzentration unserer Investments auf Wachstumsmärkte.

Wenn Sie die Fokussierung auf Berlin so betonen, warum wollten Sie dann vor einem Jahr die LEG mit ihrem NRW-Schwerpunkt überhaupt kaufen?
Wir hätten die LEG nach genau diesen Prinzipien restrukturiert, uns von größeren Teilen des Portfolios getrennt, gleichzeitig Märkte wie Düsseldorf, Köln und Münster ausgebaut. Im Übrigen war die LEG für lange Zeit im Vergleich zu ihren unmittelbaren Wettbewerber sehr günstig bewertet.

Nach der gescheiterten Übernahme der LEG sagten Sie, da hätten Sie nicht den besten Job gemacht. Was war falsch?
Ich hätte die Übernahme im Ansatz besser erklären können. Die Argumentation konnte unsere Aktionäre nicht sofort überzeugen. Dennoch hätten wir ohne das feindliche Übernahmeangebot der Vonovia die erforderliche Mehrheit der Aktionäre gewonnen. Wir hatten nach den ersten kritischen Marktreaktion sehr konstruktive, unterstützende Gespräche mit einem Großteil unserer Aktionäre.

Könnten Sie einen zweiten Anlauf unternehmen Richtung LEG?
Solange ich Vorstandsvorsitzender bin, spielt diese Überlegung keine Rolle mehr. Das Thema ist für mich erledigt.

„Neubau ist heute teilweise günstiger als Bestandszukauf“

Wäre Ihnen ein Aufschlag von hundert Prozent auf den Portfoliowert der Gagfah, den Vonovia 2015 zahlte, zu viel gewesen?
Wir haben im Schnitt bessere Qualität zu deutlich günstigeren Preisen eingekaufen können als Vonovia. Im Vergleich hat Vonovia durchschnittlich deutlich teurer eingekauft als wir, mit teilweise erheblichen Prämien zum übernommenen Buchwert.

Das Risiko darin bei Vonovia ist der hohe Goodwill?
Goodwill ist für mich heiße Luft. Die Differenz zwischen Buchwert und Kaufpreis, die sogenannte Prämie, führt technisch zum Goodwill. Ich glaube, die Vonovia weist einen Goodwill von 2,7 Milliarden Euro aus. Wir haben unseren Goodwill in Höhe von 0,5 Milliarden Euro aus der GSW-Transaktion zum Jahresende abgeschrieben, nachdem wir seit der Übernahme 2013 rund zwei Milliarden Euro Bewertungsgewinn auf das GSW-Portfolio realisiert haben.

Sie selber haben vor einem Vierteljahr für 2016 eine Aufwertung des Portfolios in Höhe von 2,2 Milliarde Euro angekündigt. Jetzt werden es 2,7 Milliarden. Wo kommt die halbe Milliarde plötzlich her?
Die Dynamik in unseren Märkten ist rasant. Unser Portfolio ist im Schnitt mit 1600 Euro pro Quadratmeter bewertet. Das ist das Ergebnis aus der Bewertung des Portfolios durch CBRE. Es zeigt, dass die Entwicklung der Preise in Berlin voranschreitet und implizit die Renditeerwartungen von Investoren sinken.

Kommt die Deutsche Wohnen bei Zinssenkungen nicht auch unter Druck, die Aufwertungen wieder zu korrigieren?
Das wird man sehen. Heute zu sagen, wir werden auf den niedrigen Zinsen verharren, halte ich für nicht seriös. Jedwede substantielle Veränderung der Geldpolitik hat Auswirkungen auf unser Geschäft. Die Ankündigung der Fed, die Zinsen sukzessive zu erhöhen, wirkt sich dann negativ auf den Aktienkurs aus.

Es gab deutliche Kursverluste auch der Deutsche-Wohnen-Aktie im Herbst, die mit Zinssorgen zu tun hatten.
Wir haben unsere Kursverluste seit September vergangenen Jahres gut aufgeholt. Wir hatten bis zu 28 Prozent gegenüber diesem Kurs verloren. Heute sind wir bei 32 Euro. Das fundamentale Vertrauen in die Deutsche Wohnen-Aktie ist und bleibt bei sich ändernden Zinslandschaften stabil. Berlin, Hamburg, München haben auch in Zukunft das größere Potenzial als Dortmund, Hannover und Bochum. Auch ein Blick auf die Finanzierungsstruktur, zeigt, dass wir gegen Zinsveränderungen gewappnet sind. Bei einer achtjährigen Wandelanleihe mit 0,3 Prozent Zinsen und einem Zinssatz von 1,6 Prozent für das Gesamtportfolio sowie einer durchschnittliche Laufzeit von über acht Jahren fühlen wir uns sehr komfortabel.

Tipps zum Sparen von Heizkosten
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Und weiteres Geld für Zukäufe zu bekommen, ist kein Problem?
Wir haben uns gerade sehr erfolgreich frisches Kapital beschafft. Wenn wir heute in den Kapitalmarkt gehen und uns refinanzieren, kriegen wir bessere Konditionen als Vonovia. Wir haben das bessere Rating und die bessere Bilanz. Dennoch glaube ich, dass der Markt wieder enger wird, Kapital aus unserem Sektor abgezogen und in der Tendenz in andere Branchen investiert wird. Größe, Marktzugang, Liquidität in der Aktie werden in Zukunft wieder eine wichtigere Rolle spielen. Hier sind wir bestens aufgestellt und haben uns unter den großen der Immobilienbranche in Europa etabliert.

Vonovia setzt auf serielles Bauen. Warum halten Sie davon nichts?
Unsere Vision beim Neubau ist, in attraktiven Großstädten nachhaltig und für die nächsten Generationen zu bauen. Wir können uns erlauben, höherwertiger zu bauen, weil wir in den richtigen Märkten investiert sind. Wir bauen für die urbane Mittelschicht und wir setzen hohe Anforderungen an die Umweltverträglichkeit unserer Neubauten.

Bei dem Pilotprojekt in Bochum baut Vonovia für 1800 Euro pro Quadratmeter und kann Mieten unter zehn Euro nehmen.
Unser Schwerpunkt ist ein anderer. Wir haben in Potsdam Babelsberg für knapp 2100 Euro Wohnungen mit Fußbodenheizung, Holzfußboden und hochwertiger Ziegelfassade gebaut und vermieten für im Durchschnitt 10,50 Euro pro Quadratmeter. Wir setzen also andere Schwerpunkte, ohne die Wirtschaftlichkeit aus den Augen zu verlieren. Investitionen in den Klimaschutz, in ressourcenschonende Produkte zahlen sich langfristig aus. Aber Energieeffinzienz und Klimaschutz gehen nicht zum Nulltarif.

Ist Neubau mehr ein politisches Signal oder ein gutes Investment für die Aktionäre?
Es ist ein Investment in die Zukunft. Wir machen kurzfristig keine große Rendite. In den richtigen Märkten ist Wohnungsneubau ein lohnendes, langfristiges Investment. Wir bauen nicht für die Politik, wir investieren in wachsende Städte und Metropolregionen mit Zukunftsperspektiven. Wir glauben, dass die Preisentwicklung anhält und dass wir auf lange Sicht Wert schaffen über den Bestand. Neubau ist heute teilweise günstiger als Bestandszukauf.

Wann kommt der Aufstieg der Deutsche Wohnen in den Dax?
Das können wir nicht selbst beeinflussen, von der Marktkapitalisierung sind wir schon größer als einige Dax-Unternehmen.

Und wenn er kommt: Machen Sie dann den Schampus auf?
Im Zweifel bin ich lieber ein Spitzenwert im M-Dax als ein geduldeter Kandidat im Dax. Wenn sie sich die Entwicklung beispielsweise von Pro Sieben ansehen, dann hat diese Aktie mit dem Aufstieg in den Dax eher gelitten.

Könnte der Deutsche Wohnen das auch passieren?
Ja natürlich, im Dax spielen Generalisten eine große Rolle. Das sind beispielsweise große Pensionsfonds, die in Sektoren investieren mit einer hohen Dividendenrendite. Die fundamentale Perspektive eines Sektors spielt da relativ gesehen eine untergeordnete Rolle.

Und Sie sind lieber Primus in der zweiten Liga als weit unten in der ersten?
Wenn Sie das so ausdrücken wollen, ja. Dax hat viel mit Renommee zu tun. Ich glaube, viele Aktionäre wissen in der Zwischenzeit den kleineren M-Dax-Wert zu schätzen.

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