DFB-Affäre um WM-Vergabe 2006 Niersbach wirft mehr Fragen auf, als er beantwortet

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Nichts Erhellendes zur sonderbaren Fifa-Forderung

Doch Niersbach kann an dieser Stelle nichts Erhellendes liefern. Auf Fragen, warum die FIFA für die Zahlung von 250 Millionen erst zehn Millionen Franken haben wollte, und warum der DFB dafür nicht einfach einen Kredit aufgenommen habe, sagt Niersbach: „Diese Fragen kann ich Ihnen nicht beantworten.“

Das Rätselraten wird später noch größer, als sowohl Blatter wie auch die FIFA Niersbachs in die Parade grätschen – und seiner Darstellung  widersprechen. Hatten Blatter und Beckenbauer tatsächlich eine Abrede unter vier Augen? „Ich bin mit diesem Vorgang nicht vertraut“, lässt Blatter seinen Sprecher der Deutschen Presse-Agentur mitteilen. Die FIFA bestreitet, für die Auszahlung der 250 Millionen Franken erstmal 10 Millionen Franken verlangt zu haben. „Es entspricht in keinster Weise den Fifa-Standardprozessen und Richtlinien, dass die finanzielle Unterstützung von WM-OKs an irgendwelche finanziellen Vorleistungen seitens des jeweiligen OKs oder seines Verbandes gekoppelt ist. Im Übrigen ist ganz generell die Finanzkommission weder berechtigt, Zahlungen irgendwelcher Art in Empfang zu nehmen, noch verfügt sie über ein eigenes Bankkonto“, teilte die FIFA mit und fordert den DFB auf, an den Untersuchungen der FIFA mitzuwirken. Ein Schlag ins Gesicht für einen, der sich selbst der Aufklärung verschrieben haben will – wie Niersbach.

Interpol schreibt FIFA-Bosse zur Fahndung aus
In Zürich haben Schweizer Behörden am 27. Mai 2015 eine Razzia gegen hohe Fifa-Funktionäre durchgeführt. Am frühen Morgen wurden im Auftrag der US-Justiz neun Fußballbosse festgenommen. Das bestätigte das Schweizer Bundesamt für Justiz. Das gelang, weil alle Personen zum großen Kongress des Weltfußballverbandes nach Zürich gereist waren. Quelle: AP
Die Verdächtigen wurden in Auslieferungshaft genommen. Ihnen droht die Abschiebung in die USA. Den Personen wird von amerikanischen Ermittlern Betrug, Erpressung und Geldwäsche vorgeworfen. Laut Schweizer Behörden geht es um Bestechungszahlungen von über 100 Millionen Dollar. Dies sind die Verdächtigen. Quelle: Reuters
Jeffrey WebbIn Auslieferungshaft: Webb ist seit 2012 CONCACAF-Präsident und Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees. Inzwischen zählt er als Fifa-Vizepräsident zu den Stellvertretern von Joseph Blatter. Seine Verhaftung kam überraschend, hatte er sich innerhalb der Fifa doch für ein striktes Vorgehen gegen Korruption und Missmanagement stark gemacht. Zudem hatte er sich für die Veröffentlichung des Garcia-Berichts ausgesprochen. Quelle: dpa
Eugenio Figueredo Quelle: dpa
José Maria Marin Quelle: dpa
Rafael Esquivel Quelle: dpa
Julio Rocha Quelle: Reuters

Niersbach erklärt aber, dass Dreyfus direkt an die FIFA gezahlt habe. Und es wirkt skurill, wenn er die Sauberkeit der Zahlungen damit rechtfertigt, dass die Zahlung wie auch die Rückzahlung über die FIFA gelaufen waren. „Wir haben kein Geld von Robert Louis-Dreyfus bekommen“, sagt Niersbach, er habe an die FIFA gezahlt „und von uns ist das Geld über ein FIFA-Konto zurückgeflossen.“ Das OK zahlte 6,7 Millionen Euro – umgerechnet 10 Millionen Franken – aus seinem Kulturbudget von zwölf Millionen Euro an die FIFA, offiziell als Zuschuss für die Gala zur WM-Eröffnung in Berlin.

Auch davon will Niersbach seinerzeit aber keinen blassen Schimmer gehabt und von den tatsächlichen Abläufen erst kürzlich erfahren haben. „Ich kann mich bei der Vielzahl der Vorgänge nicht mehr genau daran erinnern“, sagt Niersbach, er sei auch in die Finanzangelegenheiten nur sehr bedingt eingebunden gewesen. Der Vorgang sei innerhalb des OK absolut nachvollziehbar und verständlich erschienen, es habe saubere Verträge zwischen OK und FIFA gegeben, die auch die Aufteilung des Überschusses der WM regelten.

Der Griff ins Kulturbudget

Warum forderte der DFB das Geld nicht zurück, nachdem die FIFA die Eröffnungsgala zum Verdruss von OK und Bundesregierung kurzfristig abgesagt hatte? „Zum damaligen Zeitpunkt waren schon erhebliche Vorlaufkosten und Organisationskosten aufgelaufen“, sagt Niersbach. Sicher sei er aber darin, dass alle Zahlungen „nichts mit der WM-Vergabe zu tun haben.“

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Was bleibt, sind aber auch bei der Rückzahlung weitere Fragen. Wenn Beckenbauer eigenmächtig gehandelt hat und die OK-Gremien nicht eingebunden hat, warum hat das OK dann die Rückzahlung übernommen? Wie wurde die Angelegenheit steuerlich verbucht? Intern wächst beim DFB die Sorge vor möglichem Ärger mit den Finanzbehörden, die Staatsanwaltschaft hat mitgeteilt, bei ihren Vorermittlungen auch mögliche Steuerhinterziehung im Blick zu haben.

Im Kulturbudget, das stellt Niersbach auf Nachfrage klar, seien Eigenmittel des DFB gewesen, keine Mittel der Bundesregierung. Das Bundesinnenministerium hatte 23,85 Millionen Euro für das Kunst- und Kulturprogramm der Weltmeisterschaft bereitgestellt, das über die DFB-Kulturstiftung abgewickelt wurde. In die Organisation der WM selbst, so Niersbach, sei kein Euro an öffentlichen Geldern geflossen.

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