Er will dem Konzern die Vergangenheit als Staatsunternehmen austreiben. „Neben aller Lässigkeit, Menschlichkeit und Empathie: Wenn es darum geht, das Unternehmen voranzubringen, bin ich sehr konsequent. Das ist meine andere Seite. Ich kann verlieren, aber ich will nicht verlieren.“ Wie ernst er das meint, zeigte er vor zwei Jahren. Als die Briefträger und Paketboten streikten, polterte der Spartenchef lautstark gegen Verdi und ließ sogar Aushilfskräfte aus Osteuropa heranfahren, um weiter zustellen zu können.
Die Gewerkschaft hätte ihn beinahe mal seinen Job gekostet. Bei seiner letzten Vertragsverlängerung 2014 stellten sich die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat geschlossen gegen Gerdes. Der Aufsichtsratsvorsitzende Wulf von Schimmelmann musste von seinem doppelten Stimmrecht Gebrauch machen.
Auf Schalke mit dem Fleischbaron
Offenbar schätzte der Chefaufseher Gerdes als unverzichtbar ein. Perfekt ist die Kombination mit Vorstandschef Appel. Während der feinfühlig und nachdenklich agiert, sich gern über Politik und globale Zusammenhänge auslässt, betont Gerdes, dass er aus dem Ruhrpott kommt und möglichst kein Schalke-Derby verpasst. Dort allerdings bewegt er sich meist im VIP-Bereich, mit Schalke-Aufsichtsrat und Fleischfabrikant Clemens Tönnies soll er sich bestens verstehen.
Seine Sportleidenschaft trägt er auch in den Konzern: Die Post ist einer der größten Sponsoren des DFB. Noch mehr Geld gibt er für die Trikotwerbung bei Manchester United sowie die Formel E und Formel 1 aus. Dass hierfür jährlich ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag anfällt, bringt ihm im Konzern Kritik ein.
Das Gleiche gilt für Gerdes’ angeblich autoritären Umgang mit Mitarbeitern. Er sei „der Inbegriff eines narzisstischen Managers“, sagt einer seiner Gegner. Die Fluktuation ist hoch, viele Manager sind in den vergangenen Jahren freiwillig gegangen oder mussten gehen, weil ihr Chef unzufrieden war.
Zuletzt verließ Produktionschef Uwe Brinks die Abteilung. Der sei „sehr loyal, immer verlässlich“, sagt ein Insider. Doch mit Gerdes soll er nicht gut ausgekommen sein. Jetzt ist Brinks Geschäftsführer des Frachtgeschäfts. Das gibt ihm die Möglichkeit, vielleicht mal in den Konzernvorstand aufzurücken.
Dort führt bis auf Weiteres kein Weg an Gerdes vorbei. Post-Chef Appel steht hinter ihm, für ihn ist wichtig, dass der Vorstand die vorgegebenen Ziele erreicht. Gerdes’ Vertrag läuft bis 2020, er würde vermutlich sogar länger bleiben. Allenfalls bei einem Anruf von Schalke könnte er schwach werden, scherzt er.
Dabei hatte er sich 1984 direkt nach dem Abitur nur auf Drängen seiner Mutter bei der Post auf eine Stelle im gehobenen Dienst beworben. Heute findet er, dass sie recht hatte. „Das hier ist die fantastischste Firma der Welt. Daran gibt es gar keinen Zweifel“, sagt er. Hier zu arbeiten sei sogar besser, als Cowboy zu werden.