Die Air-Berlin-Tragödie Wer beim Drama um die Krisenlinie welche Rolle spielt

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Der Fall Air Berlin weckt böse Erinnerungen

Gerade in NRW weckt das Ansinnen ohnehin böse Erinnerungen. 2001 hatte die damalige Landesregierung unter SPD-Ministerpräsident Wolfgang Clement schon mal eine Bürgschaft für eine kriselnde Airline übernommen: LTU, damals Deutschlands zweitgrößter Ferienflieger. Besser lief es danach trotzdem nicht. 2007 wurde die Linie geschluckt – und zwar ausgerechnet von Air Berlin

Einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey zufolge ist auch der Großteil der Deutschen gegen eine solche Bürgschaft. Demnach sind insgesamt 69 Prozent der Befragten der Meinung, Air Berlin sollte nicht mit einer staatlichen Bürgschaft vor der Pleite gerettet werden. 

Kein Wunder, dass sich die Politik zurückhält. Als Voraussetzung für mögliche staatliche Hilfen gilt ein "tragfähiges Zukunftskonzept" des Unternehmens. Schnell wird es ohnehin nicht gehen. Die Bundesregierung erwartet keine kurzfristige Entscheidung. Es werde "einige Wochen bis Monate dauern", bis eine Entscheidung fällt. So lange leiden nicht nur Air Berlin und die Mitarbeiter. 

Die Passagiere

Ein Drama braucht unschuldige Opfer. Die Reisenden zählen in diesem Fall mit Sicherheit dazu. Nicht nur, dass sie aktuell unter Pannen und Qualitätsproblemen leiden. Es ist überhaupt nicht klar, wann Air Berlin diese in den Griff bekommt. Dass sich die Fluggäste davon besänftigen lassen, wenn Winkelmann jüngst um Verzeihung für die Probleme bat und erklärte, er selbst ärgere sich "schon schwarz über zehn Minuten Verspätung", darf bezweifelt werden. 

"Die Tickets sind sicher", beteuerte Air-Berlin-Vertriebsvorstand Götz Ahmelmann immerhin zuletzt. Soll heißen: Air Berlin fliegt weiter. Trotzdem wächst die Unsicherheit unter den Reisendem. Die Erfahrung zeigt: Geht eine Airline Pleite, verlieren die Passagiere ihr Geld, weil Fluglinien anders als Reiseveranstalter keine Konkursversicherung abschließen müssen. Kaum besser ist es, wenn Air Berlin überlebt, aber Flüge mehrere Wochen im Voraus absagt. Dann droht allen, die statt einer kompletten Pauschalreise nur Einzelteile wie Hotel und Mietwagen gebucht haben, eine schwere Entscheidung: einen neuen Flug kaufen oder die anderen Teile verfallen lassen. 

Unter diesen Umständen Kunden zu halten, ist eine Sisyphos-Arbeit. Doch schafft es Air Berlin nicht, die Passagiere auch in der Krisenzeit bei der Stange zu halten, droht ihr endgültig das Aus. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Tickets werden zumeist direkt wieder investiert – zum Beispiel in Kerosin. Stockt der Geldfluss, müsste Air Berlin auf die eisernen Reserven zurückgreifen. Dass es die eigentlich schon kaum noch vorhanden ist, gibt der Tragödie noch mehr Drama.


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