Wer international mithalten möchte, so das einhellige Credo, muss sich für Investoren öffnen. „Ein normaler Verein passt überhaupt nicht mehr ins Bild. Rein wirtschaftlich handelt es sich bei den meisten Fußballklubs um mittelgroße Unternehmen“, sagt Sebastian Uhrich, Professor für Sportökonomie an der Deutschen Sporthochschule Köln. Der niedrigste Jahresumsatz von Bundesliga-Vereine lag laut EY im vergangenen Jahr zwischen 20 und 50 Millionen Euro. In der Spitze setzten die Bayern gar 433 Millionen Euro um, gefolgt von Dortmund mit 305 Millionen Euro.
Der Hauptgrund für die Ausgliederung sei Zugang zu frischem Kapital – zum Beispiel um Spieler zu kaufen oder Altlasten zu tilgen. Beim HSV etwa stockte der langjährige Investor Klaus-Michael Kühne sein bisheriges Engagement von acht Millionen Euro auf 25 Millionen Euro auf. Die Allianz stieg beim FC Bayern München im Februar gar mit 110 Millionen Euro ein und ergänzt die Phalanx von Adidas und Audi.
Von so viel Geld kann der VfB Stuttgart nur träumen. Er möchte zunächst 25 Prozent der Anteile verkaufen. Laut einem Bericht der "Stuttgarter Zeitung" erhofft sich der VfB so eine Geldschwemme von etwa 70 Millionen Euro. Aktuell schätzen Experten den Marktwert des Vereins auf knapp 250 Millionen Euro. Der Verein wollte die Zahlen in dieser Woche gegenüber der WirtschaftsWoche aber nicht bestätigen.
Die Finanzen sollen letztlich den sportlichen Erfolg anschieben, der wiederum die Finanzen auffrischt – eine Aufwärtsspirale, so die Hoffnung. Dass die Rechnung jedoch nicht immer aufgeht, zeigte Anfang dieses Jahrtausends Borussia Dortmund. Der Verein kaufte nach dem Börsengang 1999 zwar Spieler wie Marcio Amoroso oder Jan Koller und gewann 2002 sogar die deutsche Meisterschaft. Das verschonte den Traditionsverein aus dem Ruhrgebiet aber nicht vor der Beinahe-Pleite 2005. In den Jahren nach der Meisterschaft verpasste der Klub die Champions League und den UEFA Cup, bis die Dortmunder beinahe unter der Last von 184 Millionen Euro Schulden zusammenbrachen.
Fußball-Aktien taugen eher als Fan-Anleihe
Erst die Ausgliederung des Lizenzspielerbereichs ermöglicht den Gang an die Börse. Doch der war nicht gerade von Erfolg gekrönt. Vom einstigen Ausgabewert von elf Euro ist die BVB-Aktie mit ihrem heutigen Kurs von unter fünf Euro weit entfernt.
Sportökonom Uhrich schätzt Fußball auch deswegen als „hochriskante Geldanlage“ ein, die sich kaum auszahlt. Aktionäre des BVB erhielten im Geschäftsjahr 2013 gerade einmal zehn Cent Dividende pro Wertpapier. „Die Renditechancen sind im Fußball eher schlecht. Nur wenige Vereine sind hier einigermaßen kalkulierbar, etwa der FC Bayern“, sagt Uhrich.
Die Gründe für ein Investoren-Engagement wären eher, das Image zu verbessern oder eine bessere Werbewirkung zu erzielen. Im Falle des VfB Stuttgart ginge es Daimler möglicherweise um ein Zeichen, wie tief der Autobauer in der Region verwurzelt ist.
Die Vorteile einer Ausgliederung liegen in erster Linie bei den Vereinen. Sie bekommen einen größeren finanziellen Spielraum, die Kapitalgesellschaften übernehmen zugleich die Risiken. Muss eine Profimannschaft Insolvenz anmelden, leidet in der Regel nicht der ganze Verein darunter. Als etwa die Profiabteilung des ehemaligen Bundesligisten Alemannia Aachen 2012 Insolvenz anmelden musste, konnte der Betrieb in den Vereinsabteilungen Leichtathletik , Handball, Tischtennis und Volleyball weitergehen.
„Fans haben heute von kaum Mitspracherecht“
Doch skeptische Mitglieder und Fans beklagen vor allem einen Verlust von Mitspracherechten und Tradition. Dabei verändere sich für die Mitglieder kaum Wesentliches. „An den wirklich wichtigen Entscheidungen wie dem Kauf von Spielern – also Dingen, die tatsächlich über den Erfolg bestimmen, haben sie auch heute schon kaum Mitspracherecht“, sagt Sportökonomen-Kollege Uhrich aus Köln.
Den Vorstand des Vereins dürfen die Mitglieder zum Beispiel auch nach einer Ausgliederung weiter bestimmen. So kommt es gerade nicht zu einer Enteignung der Mitsprache des Vereins. Gemäß der sogenannten 50+1-Regel der Deutschen Fußball-Liga müssen die Stimmmehrheiten in einer Kapitalgesellschaft schließlich beim Mutterverein bleiben – also 50 Prozent plus eine Stimme. Wer diese Auflage nicht einhält, bekommt keine Lizenz für die erste oder zweite Bundesliga.