Easyjet Carolyn McCall – die Bändigerin

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"Eine der Besten in der Branche"

Zu McCalls prominenten Kopierern zählt auch Willie Walsh, der Chef der International Airline Group (IAG), unter deren Dach die spanische Fluggesellschaft Iberia und British Airways fliegen. Als Easyjet begann, Geschäftsreisende zu umgarnen, spottete Walsh, die neue Chefin solle sich erst einmal um größere Pünktlichkeit bemühen. Mittlerweile muss er zähneknirschend einräumen: „McCall ist eine der Besten in der Branche.“ Nachdem alle Versuche gescheitert waren, einen Billigflieger aufzubauen, übernahm er im April 2013 den spanischen Flugdiscounter Vueling, der ähnlich wie Easyjet arbeitet.

Vorbild Formel 1

Als die Britin vor fünf Jahren bei Easyjet anfing, schrieb sie mit als Erstes ihren Piloten einen Brief. Darin versicherte sie, unter ihr werde Easyjet, anders als von ihren Vorgängern geplant, keine „orangefarbene Ryanair“, das hieß: keine Fluggesellschaft mit so harten Arbeitsverträgen wie bei den Iren. „Damit hat sie uns allen Hoffnung vermittelt und von ihren Fähigkeiten als Managerin überzeugt“, erinnert sich Jim McAuslan, Generalsekretär der britischen Pilotengewerkschaft Balpa. Offenbar eine gute Entscheidung: Diese Woche wurde bekannt, dass gegen die harschen Pilotenverträge von Ryanair in Deutschland die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Was Piloten bei Lufthansa, Condor & Co. verdienen
Pilot müsste man sein: Die ganze Welt sehen und dafür noch ordentlich Geld bekommen. Doch Pilot ist nicht gleich Pilot. Zwischen den einzelnen Fluggesellschaften gibt es ein deutliches Preisgefälle. Laut Pilotenvereinigung Cockpit bekommt ein Erster Offizier oder Kopilot anfangs ein Monatsgehalt zwischen 1500 Euro und 5000 Euro brutto. „Ein Kapitän – das wird man nach etwa 3 bis 20 Jahren als Erster Offizier – erhält je nach Luftverkehrsgesellschaft ein Anfangsgehalt zwischen 3000 Euro und 10.000 Euro“, so die Gewerkschaft. Quelle: dpa, Handelsblatt, Unternehmen Quelle: dpa
RyanairDie Piloten des irischen Billigfliegers gehören im Vergleich eher zu den Niedrigverdienern der Branche. 25.000 Euro bezahlt Ryanair seinen Kopiloten zu Beginn. Flugkapitäne ab dem 12. Berufsjahr erhalten anfangs 53.000 Euro. Ihr Maximalgehalt beläuft sich auf 85.000 Euro. Quelle: dpa
Air BerlinDie zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft zahlt seinen Kopiloten zum Einstieg 45.000 Euro. Piloten bekommen bei Air Berlin zu Beginn 80.000 und in der Spitze bis zu 115.000 Euro. Quelle: dpa
Condor5050 Euro bekommt ein Condor-Kopilot zum Einstieg im Monat. Das macht eine jährliche Gesamtvergütung von 60.600 Euro. Ein Kapitän verdient zunächst 8700 Euro im Monat beziehungsweise 104.400 Euro im Jahr. In der Spitze kann sein Gehalt auf 135.600 Euro klettern. Quelle: dpa
British AirwaysDas Einstiegsgehalt der BA-Co-Piloten liegt bei 61.000 Euro. Piloten ab dem 12. Berufsjahr erhalten zunächst 77.000 Euro im Jahr. Im Laufe der Zeit kann ihr Gehalt auf bis zu 181.000 Euro steigen. Quelle: REUTERS
LufthansaLufthansa-Kapitäne gehören zu den Bestverdienern und können in der Spitze ein Jahresgehalt von bis zu 255.000 Euro bekommen – Zulagen inklusive. Schon zum Einstieg verdient ein Erster Offizier / Kopilot rund 55.500 Euro, mit Zulagen bis zu 73.000 Euro. Das Einstiegsgehalt eines Flugkapitäns ab dem 12. Berufsjahr beträgt 120.000 Euro. Quelle: dpa

Ex-Aufsichtsratschef Michael Rake räumt ein, dass McCalls Berufung zwar umstritten war, „aber für uns im Aufsichtsgremium war es vor allem wichtig, den Rückhalt des Unternehmens bei den Beschäftigten und den Kunden wieder zu stärken“. Dazu heuerte sie zusätzliche Piloten und Crews an, ließ Arbeitsabläufe vermessen und holte sich Rat bei Motorsportexperten der Formel 1. „Die zeigten unseren Teams, wie man Sekundenbruchteile einsparen kann.“

Mit einem effizienteren Zeitmanagement gelang es McCall nicht nur, die Mitarbeiter zu versöhnen, sondern auch ohne zusätzliche Flugzeuge die Zahl der Verbindungen auf wichtigen Strecken zu erhöhen. Zudem widmete sie sich stärker als ihre Vorgänger den lukrativen Firmenkunden, indem sie Rabatte für Unternehmen anbot und Easyjet in die Buchungssysteme für Geschäftsreisende schob. Gleichzeitig strebt McCall in die Ferne. Easyjet bietet inzwischen auch Flüge nach Tel Aviv und Moskau an. Dass Easyjet in Deutschland derzeit relativ wenige Flüge hat, liegt am ungewohnt heftigen Wettbewerb durch Air Berlin und Germanwings, aber auch an den ständigen Verzögerungen beim Bau des Berliner Hauptstadtflughafens.

Nur wenn es um ihre persönlichen Interessen geht, ist es mit McCalls Zugänglichkeit vorbei. Als ein Fernsehjournalist sie fragte, wie sie ihr Gehalts- und Bonuspaket 2014 von über zehn Millionen Euro rechtfertige, schloss McCall kurz die Augen und antwortete mit einem Lächeln aus dem Gefrierfach: „Die Höhe meiner Vergütung wird nicht von mir, sondern von anderen festgelegt und richtet sich nach kurz- und langfristigen Leistungskriterien. Wenn wir diese Leistung nicht bringen, gibt es auch keine Prämien.“ Ihr Fixgehalt betrug 2014 700.000 Pfund, was Ende des Jahres etwa 870.000 Euro waren.

„Verlasse deine Komfortzone, lerne kalkulierte Risiken einzugehen“, empfahl sie mal vor Schülern. „Vor allem aber suche dir eine Tätigkeit, die dir Spaß macht.“ Was das für sie heißt, will McCall zurzeit nicht sagen. Ob fünf Jahre bei Easyjet genug sind und sie wieder einmal etwas ganz anderes machen will? „Nein“, sagt sie am Rande des Treffens am Flughafen Schiphol. „Mir macht meine Arbeit Spaß, ich mag sie sehr. Wirklich sehr. Wir haben noch viel zu tun.“

Bei McCall kann das viel heißen. Im Dezember 2009 habe sie „aus heiterem Himmel“ ein Headhunter beim „Guardian“ angerufen, um ihr den Job bei Easyjet anzubieten, erzählte sie einmal.

Es dürfte nicht der letzte gewesen sein.

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