Von außen betrachtet könnte es Johan Lundgren in seinem neuen Job eigentlich ruhig angehen lassen. Der britische Billigflieger Easyjet, dessen Chef der 51-jährige Lundgren am 1. Dezember wird, hat ein gut funktionierendes Geschäftsmodell und solide Finanzen.
Acht Prozent mehr Einnahmen, sechs Prozent Umsatzrendite und ein ordentliches Nettovermögen: Davon können viele Unternehmen und fast alle Fluglinien derzeit nur träumen.
Doch der Job des gebürtigen Schweden wird aus mindestens vier Gründen keineswegs leicht. Schuld daran ist auch Air Berlin. Doch der Reihe nach:
1. Mehr Geld verdienen für Stelios
Das erste Problem sind Easyjets Geschäftszahlen. Mag die letzte Bilanz von Noch-Chefin Carolyn McCall im Vergleich zu Wettbewerbern gut sein, gemessen an den Ergebnissen der vergangenen Jahre läuft es eher mäßig. Zwar ist der Umsatz von Europas zweitgrößtem Billigflieger wieder gestiegen. Doch die Rendite hat sich gegenüber 2015 mehr als halbiert.
Europas größte Billigflieger
Stammland: Türkei
Größe der Flotte: 64 Flugzeuge
Umsatz: 1,1 Milliarden Euro
Stand (Größe der Flotte): Mai 2016
Quelle: CAPA, Unternehmensangaben
Stammland: Niederlande
Größe der Flotte: 66 Flugzeuge
Umsatz: 1,1 Milliarden Euro
Stammland: Türkei
Größe der Flotte: 67 Flugzeuge
Umsatz: 1,1 Milliarden Euro
Stammland: Ungarn
Größe der Flotte: 67 Flugzeuge
Umsatz: 1,4 Milliarden Euro
Stammland: Deutschland
Größe der Flotte: 89 Flugzeuge
Umsatz: 1,9 Milliarden Euro
Stammland: Norwegen
Größe der Flotte: 98 Flugzeuge
Umsatz: 2,4 Milliarden Euro
Stammland: Spanien
Größe der Flotte: 105 Flugzeuge
Umsatz: 2,0 Milliarden Euro
Stammland: Deutschland/Großbritannien
Größe der Flotte: 108 Flugzeuge
Umsatz: k. A.
Stammland: Großbritannien
Größe der Flotte: 249 Flugzeuge
Umsatz: 6,3 Milliarden Euro
Stammland: Irland
Größe der Flotte: 351 Flugzeuge
Umsatz: 6,5 Milliarden Euro
Das haben die Analysten bislang eher locker genommen und die Aktie noch mit "Kaufen" bewertet. Doch obwohl die Investmentbank Bernstein steigende Kurse aufgrund steigender Gewinne erwartet, die Rekordzahlen von 2015 wird Lundgren wohl erst 2020 wieder erreichen. Die Analysten der HSBC haben deshalb ihre Kurserwartung gekürzt.
Auf neue Rekordmargen zu warten dürfte zumindest einen Aktionär nerven: Stelios Haji-Ioannou, den wichtigsten Anteilseigner. Der Sohn eines griechisch-zypriotischen Reeders kontrolliert mit seiner Familie mehr als ein Drittel des Easyjet-Kapitals. Und er will traditionell vor allem eines: mehr Geld.
Dahinter steckt eher Not als Gier. Der schillernde Serienunternehmer braucht reichlich Bares für die anderen Unternehmungen seiner Gruppe wie die Easyhotels, die unterm Strich nicht sonderlich gut laufen.
Zwar war Stelios, wie ihn Unternehmen und Branche wegen seines nicht ganz einfachen Nachnamens nennen, zuletzt relativ zahm und hielt sich in der Öffentlichkeit mit Verbesserungsvorschlägen zurück. Doch die Erfahrung zeigt, dass der Investor bei Sitzungen der Aufsichtsgremien schnell weit weniger jovial agiert als gegenüber der Presse. Spätestens wenn der Brexit bei seinen anderen Beteiligungen Löcher reißt, dürfte er bei Easyjet höhere Gewinne oder zumindest höhere Dividenden fordern.