Emirates-Chef Tim Clark Europas Airlines sollen sich nicht so anstellen

Emirates-Chef Tim Clark kämpft gegen Billigflieger und die US-Politik. Im Interview spricht er darüber, warum die Branche noch ordentlich durchgeschüttelt wird und warum Europas Airlines nur lamentieren.

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Sir Tim Clark leitet seit 2003 die Fluglinie Emirates aus Dubai. Quelle: Bloomberg

WirtschaftsWoche: Sir Tim, über Jahrzehnte sind Emirates und die anderen Golf-Fluglinien immer nur gewachsen. Nun häufen sich Probleme. Endet Ihre Erfolgsserie?

Tim Clark (Erstaunt): Nein, warum sollte sie?

Zur Person

Ihr Gewinn ist zuletzt um drei Viertel eingebrochen.

Es sind verschiedene Gründe, warum unser Gewinn zurückgegangen ist. Dies ist natürlich keine gute Geschichte. Die Märkte, in die wir fliegen, ändern sich. Dazu senken unsere Wettbewerber wie nie zuvor die Preise und wir müssen reagieren. Und zu guter Letzt drückt der starke Dollar, an dem ja auch der Dirham als unsere lokale Währung hängt, unsere Umsätze. Das gilt besonders für Einnahmen aus Ländern mit schwächerer Währung wie Großbritannien oder viele Länder Afrikas.

Also haben Sie doch Probleme?

Ja. Aber die Probleme treffen auch unsere Wettbewerber. Wir haben am Ende so ziemlich eine der niedrigsten Kostenstrukturen auf der internationalen Langstrecke der Branche und werden durchhalten. Es geht in unserer Branche immer auf und ab oder auch mal längere Phasen niedrigerer Gewinne. Doch das geht vorbei.

Jetzt mal konkret: Wie schlecht wird das laufende Geschäftsjahr?

Weniger gut als das vorige, aber nicht schlecht. Sicher das erste Halbjahr war mäßig. Doch inzwischen haben wir das schlimmste hinter uns. Die Preise sinken nicht mehr und die Nachfrage steigt wieder, auch im mittleren Osten.

Weil der steigende Spritpreis den Öl- und Gaskonzernen hilft?

Nur zu einem geringen Teil, denn noch ist der Preis nicht beim magischen Punkt von 55 Dollar pro Fass, ab dem die meisten wieder Geld verdienen. Zudem hat in den Vereinigten Arabischen Emiraten auch der Finanzsektor gelitten. Doch der Markt ist generell wieder stärker geworden.

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Wie passt es dazu, dass Sie laut Presseberichten Personal entlassen?

Wir hatten nur einige wenige Wechsel im Unternehmen und eine natürliche Fluktuation. Wenn ein Mitarbeiter an die Grenzen seiner Fähigkeiten kommt, geht man auf vernünftige Art getrennte Wege. Doch wir wachsen und verdienen Geld, warum sollten wir da Stellen abbauen?

Immerhin haben Sie die Abnahme von einem Dutzend von Ihnen bestellter neuer A380 verschoben?

Das lag nicht an uns, sondern am Triebwerkshersteller Rolls Royce. Der hatte eine Verzögerung bei einer neuen Technik. Also haben wir uns geeinigt, die Flugzeuge später zu übernehmen.

Sie bekommen ihren bislang letzten A380 im Jahr 2019, habe aber noch 25 offene Bestellungen. Wann kommen die?

Zwischen 2021 und 2025.

Warum die Pause? Airbus hätte Ihnen die Maschinen sicher gerne früher geliefert.

Und ob. Denn soweit ich weiß haben die zwischen 2019 und 2021 noch keine festen Bestellungen. Doch wir können die nicht nehmen. Und bevor Sie fragen: zwar nicht wegen irgendwelcher Krisen. Wir bringen sie auf dem heutigen Flughafen in Dubai nicht mehr als die dann 115 A380 unter.

Und in 2021 sind Sie doch auch noch auf dem alten Flughafen in Dubai. Wo bringen Sie dann die 25 anderen Maschinen unter?

Wir werden ab 2021 die ersten A380 ausmustern und die kommenden 25 sind als Ersatz geplant. Nur wenn wir die älteren A380 früher abstoßen, hätten wir früher Raum für neue.

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Und wollen sie die verkaufen oder hat Airbus angeboten Ihnen die älteren Jets vorzeitig abzunehmen?

Nein zu beiden.

Sie fordern ja eine A380neo neue Version mit neuen Triebwerken und mehr Platz in einem verlängerten Rumpf. Wie wir gehört haben gab es ein Angebot von Rolls Royce für eine neue Triebwerksversion. Wollten sie die nicht?

Zu dem Modell dürfen sie nicht uns fragen sondern in Toulouse bei Airbus. Ja, es gab mal eine Zeit als der A380neo eine passenden Turbine, neue Flügel und weniger Gewicht hatte. Das hätte den Verbrauch gesenkt und wir wären interessiert gewesen. Nun gibt es wieder eine Idee mit schmaleren Treppen. Aber ich sehe das derzeit nicht.

„Die meisten Airline-Chefs denken nicht an Wachstum“

Heißt das der A380neo ist aus Ihrer Sicht tot?

Das weiß nur Airbus. Wir sagten, dass wir ein Interesse haben als Ersatz für alle unsere heutigen Modelle. Und wenn wir dann zwischen 2025-2027 auf den neuen Flughafen in Dubai umziehen, können wir noch mehr brauchen. Nun muss Airbus noch mal andere Fluglinien überzeugen.

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Ihre Wettbewerber tun sich schwer damit. Bei kleineren Modellen wie Boeings 777X oder dem Airbus A350 sind die Kosten pro Sitz niedriger sind als beim A380 – ohne das Risiko wie beim A380 mehr als 500 Sitze zu Sonderpreisen füllen zu müssen. Was verstehen die nicht?

Keine Ahnung.  Das kann aber nicht allein an den Kosten der 777X oder dem A350 liegen. Denn die gleichen Airlines haben den A380 ja auch nicht gekauft als es diese Modelle noch nicht gab. Nun gab es wie gesagt eine Studie vom A380neo und die fliegt nicht nur mindestens zehn Prozent günstiger als der heutige A380 – sondern auch wieder effizienter als die kleineren Jets. Doch unsere Rechnung geht noch weiter. Beim A380neo geht es nicht nur um Kosten, sondern darum die Nachfrage zu nutzen. Selbst wenn das Geschäft um lediglich zwei bis drei Prozent pro Jahr steigt, dann sind das in fünf Jahren 15 bis 20 Prozent mehr an Passagieren. Wie wollen diese Linien denn die Nachfrage in begrenzten Flughäfen wie New York JFK, London-Heathrow oder Tokio sonst befriedigen? Wollen die die teuren Slots wirklich mit einer kleineren Maschine nutzen[MS1]   ?

Offenbar ja.

Ja leider. Denn die meisten Airline-Chefs aus Europa, Asien oder den USA denken nicht an Wachstum, sondern an Dividenden, Kursgewinne, ihren Bonus und zwar heute. Dafür hinterlassen sie ihren Nachfolgern dann Probleme.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr wehrt sich gegen Ihre Expansion und stärkt sich durch immer tiefere Partnerschaften, zuletzt mit Etihad aus Abu Dhabi und Cathay Pacific aus Hongkong. Bremst Sie das nicht?

Nein, tut mir leid (lacht). Wenn wir in Deutschland nicht wachsen können, gibt es für uns anderswo nach wie vor genug Raum, etwa in China. Aber grundsätzlich macht Carsten seine Sache gut, etwa im Europaverkehr. Er schiebt sein Geschäft zu Eurowings, weil er da Wert schaffen kann und nutzt Möglichkeiten wie die teilweise Übernahme des Geschäfts von Air Berlin – und das so schnell, wie es viele nicht erwartet haben.

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Wie Etihad könnten auch Sie eine Partnerschaft mit der Lufthansa eingehen.

Ich hätte gerne eine konstruktive, kommerzielle Beziehung zu einer europäischen Airline, aber die beschweren sich ja lieber über uns. Dabei sind die lautesten Kläger Mitglieder in großen Flugallianzen und Joint Ventures, die weit größere Marktmacht haben als wir. Sie sollten ihre schlecht gelaunte Taktik lieber ablegen und unsere bleibende Rolle in Europa akzeptieren.

Dazu sind die USA offenbar nur bedingt bereit. Sie haben Ihren Kunden Computer und größere elektrische Geräte an Bord verboten, was Geschäftsreisende abschreckt.

Diese Vorschriften sind schädigend und eine echte Herausforderung. Doch wir haben eine Lösung, um die Auswirkungen zu minimieren. Unsere Passagiere müssen die Geräte erst kurz vor Boarding abgeben und erhalten sie unmittelbar nach der Landung zurück.

„Der Sturm wird alle Fluglinien treffen“

In den USA wollen Politiker die Linien aus der Golfregion bremsen, weil die wegen staatlicher Subventionen gegen geltendes Luftfahrtrecht verstoßen und Arbeitsplätze bei US-Fluglinien gefährden.

Wir haben keinen Punkt des bestehenden Luftverkehrsabkommens gebrochen. Wir haben nie Subvention bekommen. Die jüngsten Vorwürfe kenne ich bisher nur lückenhaft aus den Medien. Aber wir werden sie lesen, wenn man sich offiziell bei uns meldet. Doch Parolen an die U-Bahn in Washington zu sprayen ist etwas anderes als einen Prozess wie Erwachsene zu betreiben. Wir sehen keine Probleme in den USA.

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Aber der von der US-Regierung verhängte Einreisestopp für bestimmte islamische Länder hat sie doch getroffen, selbst wenn der von den Gerichten wieder einkassiert wurde.

Ja, und zwar spürbar. Nach dem Reisebann sank die Geschwindigkeit bei Neubuchungen für unsere USA-Flüge über Nacht um gut ein Drittel. Wo wir sonst 100 Tickets in derselben Zeit verkauft hatten, waren es jetzt nur noch 65. Das haben wir bis heute nicht vollständig wettgemacht, aber der Effekt lässt nach. Denn nun reisen die Menschen mit uns statt in den Westen in Richtung Osten nach Asien, Ozeanien, Singapur oder Malaysia

Wieviel schwerer machen denn politische Unsicherheiten, Terroranschläge und Katastrophen Ihr Geschäft?

Früher hatten wir ein, zwei Großereignisse pro Jahr, die Anschläge des 11. September 2001 in den USA, der Tsunami im Indischen Ozean 2004 oder die isländische Aschewolke 2010. Heute haben wir jeden Monat ein, zwei Ereignisse. Sicher, die Lage in Afrika oder Lateinamerika ist gerade keine schöne Geschichte. Aber in China wachsen wir kräftig. Und wir sind profitabel.

Aber Billig-Langstrecken-Linien wie Norwegian, Scoot oder Air AsiaX expandieren und setzen auch Ihnen zunehmend zu.

Wir spüren das nicht. Doch für die Branche gilt: Da zieht ein Sturm auf und der wird alle Fluglinien von USA bis Asien treffen. Doch auch wenn die neuen Geschäftsmodelle wie Norwegian in vielem effizienter arbeiten als etablierte Linien: auch für sie können unruhige Jahre kommen. Die neuen Anbieter haben wenige Möglichkeiten gegenüber etablierten Airlines zu sparen, etwa indem sie statt großer teurer Flughäfen kleine Airports anfliegen. Dazu ist die Frage, ob die Nachfrage in diesem Segment ausreicht.

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Das RankingDie Auszeichnung für die Airline des Jahres von Skytrax basiert auf einer Fluggastbefragung, die seit 1999 durchgeführt wird. Ausgewertet werden die Daten von rund 18 Millionen Passagieren aus über 160 Ländern. Die Angebote an Bord sowie die Services der Fluggesellschaften an den Flughäfen werden bewertet. Die „Skytrax World Airline Awards “ gelten als angesehenste Auszeichnung für die Luftfahrtbranche. Quelle: dpa
Platz 10: Garuda IndonesiaDie indonesische Airline Garuda arbeitete sich in die Top Ten vor. Im Vorjahr stand sie noch auf Platz 11. Quelle: REUTERS
Platz 9: Hainan AirlinesGleich drei Plätze aufwärts ging es für Hainan. Die Fluggesellschaft erhielt auch den Preis als beste chinesische Airline und erhielt den Award "Best China Airline Staff Service". Quelle: REUTERS
Etihad Airways Quelle: dpa
Lufthansa Quelle: dpa
Eva Air Quelle: dpa
Platz 5: Cathay Pacific Airways Im Vorjahr lag die Fluglinie noch auf Platz 4. In diesem Jahr ist Cathay Pacific Airways um einen Platz abgesackt. Quelle: REUTERS

Sie haben angekündigt, Emirates umzubauen. Was haben Sie vor?

Wie jedes moderne Unternehmen schauen wir ständig, wie wir besser werden können. In allen Branchen muss man sich anpassen und wir tun das, etwa indem wir auf Digitalisierung setzen.

Dafür haben sie vor zwei Jahren einen Umbau ihrer IT und ein neues Reservierungssystem angekündigt. Seitdem war davon nichts mehr zu hören.

Auch wenn wir nicht dauernd darüber reden, arbeiten wir nach wie vor mit Hochdruck an der Digitalisierung. Jeder im Unternehmen soll die Daten haben, die er für seine Entscheidungen braucht. Doch die Verzögerung ist auch meine Schuld. Damit wir das System nicht bald wieder umbauen müssen, habe ich darauf bestanden, dass es offen ist für künftige Technologien wie künstliche Intelligenz, Robotik und vor allem Blockchain. Die Technik wird wie ein Sturm durch die Branche gehen und könnte die heutigen Reservierungssysteme ersetzen. Das haben wir im Blick. Wir müssen immer auf alles vorbereitet sein.

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