Enthüllungen Die eigenartigen Geschäfte der Marseille Kliniken

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69 Prozent der Mitarbeiter der Zentrale verließen in einem Jahr die MK AG

Was man von diesen Wirtschaftsbossen lernen kann
Wendelin Wiedeking ....ist der Mann, der dem angeschlagenen Sportwagenbauer Porsche Anfang der 90er-Jahre aus der Patsche half, den Unternehmenswert innerhalb von einem Jahrzehnt von ein paar hundert Millionen auf über 20 Milliarden Euro steigerte – um Porsche dann durch die missglückte VW-Übernahme 2009 beinahe zu ruinieren. Kann man von einem solchen Bruchpilot etwas lernen? Man kann: Wiedeking ist der lebende Beweis für den Wert eines guten Arbeitsvertrags. Als Porsche 1991 fast pleite war, fiel es den Eigentümern nicht schwer, Wiedeking 0,9 Prozent des Firmengewinns als Gehalt zuzusichern. Als der Ingenieur 15 Jahre später den Porsche-Gewinn mittels Börsen-Zockereien in Milliardenhöhen trieb, sahnte er 0,9 Prozent davon – insgesamt eine dreistellige Millionensumme – als Gehalt ab. Quelle: REUTERS
Trigema-Eigentümer Wolfgang GruppT-Shirt-Hersteller und Trigema-Eigentümer Wolfgang Grupp ist der Meister von Zuckerbrot und Peitsche. Er nennt das „Betriebsfamilie“.  Er bietet dem Nachwuchs seiner Mitarbeiter, wenn diese nichts Besseres finden, eine Lehrstelle. Er feiert mit der Belegschaft Feste, zum Beispiel seine Hochzeit und  seinen 70. Geburtstag. Dafür erntet er unbedingten Gehorsam. Verlangt er zum Beispiel Mehrarbeit, muss er keine Widerworte fürchten. "Wer mir zu Füßen liegt", freut er sich, "sagt da nicht nein." Quelle: dpa
Herbert HenzlerDer ehemalige McKinsey-Deutschland-Chef, ist ein Superanalytiker und noch immer bestens verdrahtet. Er gehört aber zu den Menschen, die vielen leicht auf die Nerven gehen, weil ihr grenzenloses Selbstvertrauen häufig in ungebremste Angeberei ausarten. Selbstzweifel oder nur der Versuch, einen selbstkritischen Blick auf sich, seinen Ex-Arbeitgeber oder seine ehemalige Branche zu werfen, sind ihm gänzlich fremd. Eine kleine Portion davon ist allen zu wünschen, die sich selbst und ihr Handeln aus Unsicherheit ständig in Frage stellen. Quelle: dpa
Thomas MiddelhoffWer die Kunst der Autosuggestion erlenen möchte, darf sich diesen ehemaligen Top-Manager zum Vorbild nehmen. Trotz öffentlich bescheinigter Unfähigkeit glaubt der ehemalige Arcandor-Vorstandsvorsitzende daran, mit der Pleite des Handels- und Tourismuskonzerns nichts zu tun gehabt zu haben. Arcandor vereinte unter anderem die Traditionsmarken Quelle, Neckermann und Karstadt unter seinem Dach - und riss 2009 allesamt mit in die Pleite. Quelle: dpa
Frank Asbeck Der Vorstandsvorsitzende der Solarworld AG ist ein Meister der Öffentlichkeitsarbeit. Die finanzielle Lage des Unternehmens ist angespannt, die Aktie dümpelt seit Monaten vor sich hin. Dann kommt Asbeck und zeigt, wie man zur rechten Zeit mit einer PR-Aktion den Kurs vor dem Totalabsturz rettet. Er lässt melden, dass er auf seine Bezüge so lange verzichtet, bis dass Unternehmen wieder schwarze Zahlen schreibt. Und schwups - der Kurs zieht an. Quelle: dpa
Wolfgang Reitzle - Vorstandsvorsitzende der Linde AGHat sich vom Exzentriker zum in sich ruhenden Industrieboss gewandelt. Vorbei der Luxus-Manager auf dem Driver-Seat von BMW, Jaguar und Austin Martin. Mit Linde führt er seit über einem Jahrzehnt einen basisindustriellen Laden mit Ingenieurs-Kompetenz und wächst jetzt mit einer ins Haus stehenden Übernahme eines amerikanischen Medizingaseherstellers. Außerdem ist er Aufsichtsratschef von Continental und ist dabei, einen großen deutschen Konzern zu retten und überdies das Vermögen der Industriellenfamilie Schäffler, die sich mit der Übernahme von Conti regelrecht übernommen hat. Reitzle ist das Musterbeispiel von Redesign, von der Wandlung eines bunten Flattervogels zum ruhig beobachtenden Adler im Adlerhorst, der sich erst nach reiflicher Überlegung davonschwingt.Regel: Mach war anderes aus Dir, wenn Dein Typ nicht gefragt ist.   Quelle: dpa
Jack Welch Wer aggressives Management mag, kann von Jack Welch lernen. Der frühere Chef des US-Konzerns General Electric versiebenfachte zwischen 1981 und 2001 den Jahresgewinn und reduzierte gleichzeitig die Zahl der Beschäftigten um ein Viertel. Eine seiner Regeln lautet: „Fix, Close or Sell“.  Unternehmensteile, die ihre Probleme nicht innerhalb von zwei Jahren lösen, sollen verkauft oder geschlossen werden, sagt Welch. Eine andere Regel lautet: 20-70-10. Jedes Jahr sollen die 20 Prozent besten Mitarbeiter mit Boni belohnt, die 70 Prozent in der Mitte bestmöglich gefördert und die 10 Prozent schlechtesten Mitarbeiter entlassen werden. Quelle: AP

So überwies die MK AG einer Privatfirma von Ulrich Marseille eine siebenstellige Summe, anscheinend damit diese ihre Schulden bei einem Konkurrenten begleichen konnte. Zudem kaufte die MK AG 2010 von Estella-Maria Marseille einen Altenpflegedienstleister für 6,5 Millionen Euro, obwohl laut der Ersteinschätzung eines Gutachters das Unternehmen viel weniger wert sein sollte. Zudem sollen in dem Gutachten Mietverpflichtungen des Unternehmens nicht berücksichtigt worden seien.

Familie Marseille würde sich mit Deals zulasten der MK AG zwar selbst schaden, da sie Großaktionär ist. Wenn aber die Unternehmen, die den Profit einstreichen, ihnen zu 100 Prozent gehören, dürften sie insgesamt finanziell gewinnen.

Ulrich Marseille ist der Boss bei der MK AG – ob er ein Amt innehat oder nicht. Das ist auch deshalb möglich, weil im Aufsichtsrat neben seinem Kumpel Thomas Middelhoff, früher Chef des pleitegegangenen Handelskonzerns Arcandor, und Ex-Bild-Chefredakteur Hans Hermann Tiedje Marseilles Ehefrau sitzen.

Hausverbot für Marseille

Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren Streit zwischen der Marseille-Fraktion und den Vorständen. Die Ex-Vorstände Thomas Klaue und Stefan Herzberg erteilten dem Großaktionär angeblich wegen laufender Eingriffe in die Geschäftsführung gar ein Hausverbot.

Ein Hamburger Aktienrechtler soll ihnen bescheinigt haben, dass dies unter den damals gegebenen Umständen die einzige Möglichkeit war, um selbst keine juristischen Probleme zu bekommen. Sowohl Klaue als auch die MK AG bestätigten, dass es das Hausverbot gab, äußerten sich aber nicht zu den Gründen.

Kurz nach dem Vorfall und anderer skurriler Vorgänge (siehe oben Artikel "Kampf der Maulwürfe") wurde Klaue gefeuert. Herzberg ging nach acht Monaten freiwillig. Wie viele andere auch: Laut einer internen Statistik lag die Fluktuationsquote in der Hauptverwaltung zwischen Frühjahr 2010 und Frühjahr 2011 bei 69 Prozent. Im Durchschnitt blieben die Ex-Mitarbeiter gerade einmal zweieinhalb Jahre.

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