Die EU-Kommission verlängert die Prüfung des Air-Berlin-Deals der Lufthansa bis kurz vor Weihnachten. Die Brüsseler Behörde kündigte am Freitag an, sie werde bis zum 21. Dezember entscheiden, ob die Übernahme von Teilen der insolventen Air Berlin durch den deutschen Branchenprimus gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Grund für die Verlängerung sei, dass Lufthansa am Donnerstag Zugeständnisse eingereicht habe. Details nannte die EU nicht. Reuters erfuhr von einem Insider, Lufthansa wolle mit ihren Vorschlägen kartellrechtliche Zweifel ausräumen. Dabei gehe es etwa um den Verzicht auf Start- und Landerechte - sogenannte Slots - der Air-Berlin-Töchter Niki und LGW. Zuletzt war bekanntgeworden, dass die EU vor allem die Übernahme der österreichischen Fluglinie Niki skeptisch beurteilt.
Die Lufthansa hatte im Oktober von Air Berlin den Zuschlag für die Töchter Niki und LGW für rund 210 Millionen Euro bekommen. Die Brüsseler Wettbewerbshüter können ihre Prüfung in schwierigen Fällen auf 90 Werktage verlängern. Im dem Fall würde die Lufthansa wohl die aktuelle Zwischenfinanzierung von Niki einstellen. Dann wäre die Fluglinie wahrscheinlich ebenfalls pleite und der Flugbetrieb mit derzeit 35 Maschinen müsste eingestellt werden. Niki-Betriebsratchef Stefan Tankovits äußerte sich alarmiert. Sollte die Lufthansa die Zwischenfinanzierung beenden, "dann wird's natürlich existenzbedrohend", sagte Tankovits im Ö1-Radio. Er könne nicht einschätzen, wie lange die Finanzmittel reichten. "Es braucht dann schleunigst einen neuen Eigentümer und frisches Geld."
Lufthansa bietet Konkurrenz Slots an
Branchenvertretern zufolge bezuschusst die Lufthansa den Niki-Flugbetrieb mit rund 20 bis 25 Millionen Euro im Monat. Die Bundesregierung hatte nach der Insolvenz Mitte August mit einem Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro dafür gesorgt, dass Air Berlin überhaupt weiterfliegen konnte. "Selbstverständlich gehen wir weiter davon aus, dass der Kredit zurückgezahlt wird", sagte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Die Regierung habe sich am Donnerstag in einem Treffen mit der Lufthansa über den Stand des Gespräche mit den EU-Kartellbehörden informiert. Die Regierung bekommt ihr Darlehen womöglich nicht zurück, wenn der Lufthansa-Deal platzt. Denn der Kredit war durch die Verkaufserlöse abgesichert.
Wie die Kartellprüfung in Brüssel läuft
Als Obergrenze für die alleinige nationale Zuständigkeit gilt ein Umsatz aller Beteiligten zusammen von fünf Milliarden Euro. Diese Summe überschreitet allein die Lufthansa mit knapp 32 Milliarden Euro Gesamtumsatz (2016) klar.
Zuständig auf EU-Ebene ist Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Das deutsche Kartellamt wird das Brüsseler Verfahren begleiten, wie Präsident Andreas Mundt erklärte.
Gerade im innerdeutschen Flugverkehr dürfte die Ermittlung des Marktanteils schwer fallen. Dort gibt es schließlich noch konkurrierenden Bahn- und Busverkehr. Die Prüfung muss wohl nach einzelnen Strecken getrennt ablaufen.
Die EU-Kommission prüft auf Grundlage der europäischen Fusionskontrollverordnung. Die Stoßrichtung ist: keine marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens - mit Blick auf die europäische Dimension. Nach der offiziellen Anmeldung von Übernahmeplänen hat die Kommission erst einmal 25 Arbeitstage Zeit, das Geschäft abzuklopfen. Haben die Experten wettbewerbsrechtliche Bedenken, können sie vertieft prüfen. Dann wären noch einmal 90 Arbeitstage Zeit. Bis zum Abschluss liegt das Geschäft auf Eis.
In früheren Luftverkehrsverfahren hat die Kommission mehrfach Auflagen gemacht. So mussten Käufer Start- und Landerechte auf einzelnen Strecken an Wettbewerber abgeben. Die geplante Übernahme der irischen Aer Lingus durch den großen Konkurrenten Ryanair untersagte die EU, weil das neue Unternehmen auf einer Vielzahl von Strecken marktbeherrschend geworden wäre.
Im Kern geht es darum, dass Lufthansa Slots abgibt. Eine mit der Situation vertraute Person sagte, die Kranich-Airline verzichte auf Start- und Landerechte an wichtigen Flughäfen, etwa in Berlin, Düsseldorf, Wien und Zürich. Einem Branchenexperten zufolge würde allein die Abgabe von Slots das Kartellproblem aber noch nicht lösen. Denn entscheidend für den Wettbewerb sei, dass Konkurrenten diese Startrechte auch nutzten, mitunter auf bestimmten Strecken. Dafür gebe es aber keine Gewissheit. Unklar blieb, ob die Kommission die Lufthansa in die Pflicht nehmen könnte, nach der Abgabe von Slots für mehr Wettbewerb durch Rivalen zu sorgen. "Der Ball liegt in Brüssel."
"Wir würden langsamer wachsen"
Beobachter erwarten, dass die EU-Kommission den sogenannten Markttest macht und zu den Vorschlägen der Lufthansa Stellungnahmen konkurrierender Airlines einholt. Offen ist, ob der gesamte Air-Berlin-Deal der Lufthansa platzt, wenn die Kranich-Airline Niki nicht bekommt oder sich freiwillig zurückzieht. Möglicherweise müsste Lufthansa dann die Übernahme von LGW erneut als Einzeldeal bei der EU anmelden.
Die Lufthansa hat wiederholt bekräftigt, dass sie auch ohne den Zuschlag bei Air Berlin ihre eigenen Billigflugtochter Eurowings ausbauen will. Konzernchef Carsten Spohr will dafür 1,5 Milliarden Euro in die Hand nehmen und 3.000 neue Stellen schaffen. Die Flugzeuge dafür müssen sich die Frankfurter Markt besorgen und sind nicht auf Air Berlin angewiesen, die ihre Maschinen zuletzt nur geleast hatten. Hinter vorgehaltener Hand heißt es aber bei der Lufthansa für den Fall, dass der Air-Berlin-Deal platzt: "Wir würden langsamer wachsen."
Die EU-Kommission verlängert die Prüfung des Air-Berlin-Deals der Lufthansa bis kurz vor Weihnachten. Die Brüsseler Behörde werde bis zum 21. Dezember entscheiden, ob die Übernahme von Teilen der insolventen Air Berlin durch den deutschen Branchenprimus gegen das Wettbewerbsrecht verstößt, teilte die EU-Kommission am Freitag mit. Grund ist, dass die Lufthansa kurz vor Fristende Zugeständnisse gemacht hat.
Details zu den Lufthansa-Vorschlägen nannte sie nicht. Der Frankfurter Dax-Konzern will mit den Teilgesellschaften LG Walter und Niki für 210 Millionen Euro einen beträchtlichen Teil des Flugbetriebs von Air Berlin mit 81 Jets und den dazugehörigen Verkehrsrechten übernehmen.
Reuters hatte von einem Insider erfahren, Lufthansa wolle Vorschläge einreichen, um kartellrechtliche Zweifel auszuräumen. Dabei gehe es etwa um den Verzicht auf Start- und Landerechte- sogenannte "Slots" - der Air-Berlin-Töchter Niki und LGW. Zuletzt war bekanntgeworden, dass die EU vor allem die Übernahme von Niki skeptisch beurteilt.