Wer erste zarte Pflänzchen der Modernisierung sucht, muss sich ins Auto setzen und von Baku nach Norden fahren. Entlang der Autobahn steht eine neue Brotwarenfabrik, die der mittelfränkische Anlagenbauer Werner & Pfleiderer ausgestattet hat. Eine Ortschaft weiter betreibt BASF ein Bauchemiewerk, unweit davon entsteht eine Leuchtdiodenfabrik.
Einer der Türöffner für deutsche Ausrüster ist Hikmet Kerimow, Verfahrenstechniker mit einem Doktortitel der TU Karlsruhe. Lange Zeit hat er auf ausländische Investoren gewartet, die sich im Sumgait Technologiepark ansiedeln, eine knappe Autostunde nördlich von Baku. Trotz Fördermittel kam keiner, selbst der Münchner Industriegasehersteller Linde machte einen Bogen um das Land. Kerimow hockte sich selbst ans Reißbrett.
Mit den Millionen des staatlichen Versorgers Azenco ließ er eine Anlage bauen, die Luft in Stickstoff, Sauerstoff und Helium zerlegt. Profitieren konnten deutsche Firmen: Die Planung übernahm der sächsische Anlagenbauer Cryotec, Kompressoren kamen vom schwäbischen Hersteller Mehrer. „Vor fünf Jahren mussten wir Industriegase importieren“, sagt Kerimow, „heute versorgen wir unser Land selbst.“
Wie Deutschland profitiert
Der Luftzerleger war nur der Anfang. Auf dem Areal des Sumgait Technologieparks stehen inzwischen zehn Fabriken, in denen 1200 Facharbeiter vieles fertigen, was Aserbaidschan bis vor Kurzem teuer einführen musste: Stromzähler, Wickelrohre, Starkstromkabel, Solarzellen, Pipelines, Schaltkästen. Ein großer Teil der Anlagen stammt aus deutscher Fertigung. Kerimow, der Mann mit markantem Schnauzer, der Marlboro raucht und den Blaumann gern gegen eine blaue Hilfiger-Jacke tauscht, bricht gern die Lanze für deutsche Technologien. „Die Deutschen verdanken mir viele Millionenaufträge“, sagt er stolz.
Es sind keine grünen Wiesen, auf denen Kerimow die Fabriken hochzieht, sondern kontaminierte Brachen, auf denen erste Stiefmütterchen blühen. Bis vor fünf Jahren rottete der einst zweitgrößte Chemiepark der Sowjetunion vor sich hin, größer als Halle-Bitterfeld in der DDR.
Kilometerlang passierten Autofahrer korrodierte Rohrtürme der Ethylenfabriken, die deutsche Anlagenbauer wie Lurgi vor dem Krieg in Ostdeutschland gebaut hatten, ehe die Sowjets sie hierhin verfrachteten. Noch in den Achtzigerjahren malochten in 19 Fabriken über 50.000 Arbeiter, inzwischen sind alle Anlagen bis auf vier Plastikwerke mit 6000 Arbeitern stillgelegt.