Fernbuslinie Debüt für den ADAC Postbus

Am Freitag greifen die Deutsche Post und ADAC im Fernbusmarkt an. Fünf Strecken mit 24 Städten stehen auf dem Fahrplan. Die Unternehmen setzen auf Qualität und wollen Marktführer werden.

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Der Automobilclub ADAC und die Deutsche Post stellen ihr gemeinsames Fernbus-Angebot vor. Der Postbus soll ab dem 1. November zunächst auf fünf Strecken starten. Quelle: dpa

Humor ist die beste Verteidigung. Ende September verschickten Torben Greve und Panya Putsathit einen Brief an ausgewählte Politiker und Journalisten und legten eine Papierbrille mit blauer Plastikfolie bei. „Wenn Sie jetzt schon sehen möchten, wie der beliebteste Fernbus in Deutschland aussieht“, schrieben die beiden Geschäftsführer des Berliner Start-ups MeinFernbus, „dann setzen Sie doch bitte einfach die beigefügte Brille auf und betrachten den ADAC Postbus“. Durch die blaue Folie verändert sich das strahlende Gelb der Postbusse in grün: „Fahr grün!“ posaunen die Jungunternehmern selbstbewusst in dem Schreiben.

Die humoristische Attacke aus Berlin dürfte in Bonn nicht ungehört geblieben sein. Vor einigen Wochen präsentierten Deutsche Post und der Allgemeine Deutsche Automobilclub in der rheinischen Provinz den ADAC Postbus der Öffentlichkeit. Ab Freitag kommt er zunächst auf fünf Strecken innerhalb Deutschlands zum Einsatz. Ab 2014 will das Tandem ein bundesweites Netz aufziehen.

Mit aller Macht schicken sich die finanzstarken Partner an, den Fernbusmarkt mit Verspätung aufzurollen. Ein gelber Siegeszug ist längst nicht gewiss. Zahlreiche Start-ups wie MeinFernbus und FlixBus haben sich bereits etabliert und können deutlich günstiger anbieten. Einige Wettbewerber wie National Express, ein Verkehrskonzern mit mehreren Milliarden Euro Umsatz, setzen zudem auf extrem niedrige Preise. Auch die Deutsche Bahn baut ihre Fernbustochter weiter aus. 

Die gelben Riesen wollen vor allem mit Qualität punkten. „In den ADAC Postbus bringen wir die Kompetenzen ein, die uns auch im Kerngeschäft erfolgreich machen - Zuverlässigkeit, gute Netzplanung, Nähe zum Kunden“, sagt Post-Vorstand Jürgen Gerdes. „Unsere Qualität und die starken Marken werden auch im umkämpften Fernbusmarkt Zeichen setzen." Die Sitze sind mit Steckdosen und Drei-Punkt-Gurten ausgestattet. Wie bei anderen Wettbewerbern auch, verfügen die Busse über kostenloses WLAN. In 5000 Filialen wollen Post und ADAC ihre Tickets an den Mann bringen. Hinzu kommt die Möglichkeit, Fahrkarten im Internet und telefonisch zu buchen. Die Vertriebskraft ist die größte Stärke des Postbusses.

Konkurrenz ist aggressiv

Doch ob das reicht, um im Markt zu bestehen, ist keinesfalls sicher. Die Wettbewerber setzen bereits jetzt auf teils extrem niedrige Preise und werden den ADAC Postbus vor sich hertreiben. Aggressive Konkurrenten wie National Express verlangen für eine Fahrt von Frankfurt nach München acht Euro. Der Postbus kostet 19 Euro. Offiziell wollen sich Post und ADAC zwar nicht auf einen Preiskampf einlassen. Das Angebot solle „nicht zwingend das Billigste, sondern das Beste sein“, sagt ADAC-Präsident Peter Meyer.

Harter Preiskampf


Bahn frei für die Busunternehmer
Die Planungen der Geschäftsführer der Fernbuslinie MeinFernbus.de, Panya Putsathit (links) und Torben Greve, sind groß: "Wir wollen Monat für Monat weitere Strecken eröffnen. Wie schnell, hängt von den Genehmigungsbehörden ab", sagte Greve dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". "Dem Berlintourismus wird der neue Busfernverkehr noch einmal einen neuen Schub geben, ähnlich wie vor ein paar Jahren die Billigflieger", zeigte er sich überzeugt. Bisher... Quelle: dpa
MeinFernbus Quelle: WirtschaftsWoche
Berlin Linien Bus (Deutsche Bahn) Quelle: WirtschaftsWoche
MeinFernbus Quelle: WirtschaftsWoche
Deutsche Touring Quelle: WirtschaftsWoche
National Express Quelle: WirtschaftsWoche
Veolia Verkehr Quelle: WirtschaftsWoche

Doch dauerhaft werden sich die Partner einem Preiskampf kaum entziehen können. Das wissen die Verantwortlichen selbst am besten. Als die WirtschaftsWoche im Vorfeld des Marktstarts vor einigen Wochen einen der Geschäftsführer mit dem Satz „Wir verzichten ganz bewusst auf einen Preiskampf“ zitieren wollte, weil die Aussage am Telefon so oder so ähnlich viel, strich die PR-Abteilung des ADAC den Satz wieder heraus. Im Journalismus ist es nicht unüblich, dass Zitate vor Druck abgestimmt werden. Das Beispiel zeigt, dass Post und ADAC wohl eher davon ausgehen, dass sie die Preise für ihre Tickets bald senken müssen. 

Doch das bringt die gelben Partner in die Bredouille. Die Kosten der Fernbusalternative sind deutlich höher als die der Konkurrenz. Das neu gegründete Unternehmen DP Mobility mit Sitz in Bonn besteht gleich aus zwei Geschäftsführern, deren Gehälter auf Konzernniveau liegen dürften. Gleichzeitig sollen mehrere Dutzend Mitarbeiter beschäftigt sein. Die teure Unternehmensberatung Roland Berger war vor dem Start involviert. Zum Vergleich: National Express beschäftigt weniger als zehn Leute. Außerdem dürften Post und ADAC mit deutlich höheren Betriebskosten unterwegs sein.

Nach Brancheninformationen zahlt die Tochtergesellschaft 1,25 Euro pro gefahrenen Kilometer an die Subunternehmer, die im Auftrag die ADAC Postbusse betreiben. Üblich sind in der Branche Preise von 1,05 bis 1,10 Euro pro Kilometer. Für die Konzerne hat das sicher den Vorteil, dass sie sich damit nicht dem Vorwurf aussetzen, Lohndumping zu betreiben. Gleichzeitig bleibt die Wirtschaftlichkeit auf der Strecke.

Kleine Unternehmen gehen leer aus

Post und ADAC können sich Anfangsverluste natürlich leisten. Wettbewerber wie MeinFernbus kritisieren den Einstieg des Logistikkonzerns daher scharf. Es sei „nicht hinnehmbar, wenn Überschüsse aus dem Briefmonopol zu einer Quersubventionierung der Post-Fernbussparte genutzt werden sollten“, sagt MeinFernbus-Gründer Greve. Staatliche und teilstaatliche Konzerne dürften die mittelständischen Kooperationen nicht mit Dumpingpreisen und Rabatten aus dem Markt drängen. „Wenn dieser aufkommende Verdrängungswettbewerb nicht durch die Politik eingedämmt wird, verfehlt die Fernbus-Liberalisierung ihr Ziel.“

In einigen Städten wird den Großunternehmen zudem bei der Vergabe von Haltestellenslots der rote Teppich ausgerollt, während die Kleinen leer ausgehen. „Konzerne wie die Deutsche Bahn oder die Post schaffen es immer wieder, an 1-a-Lagen zu kommen, während andere kleine Anbieter vor ein Krematorium am Stadtrand oder in Gewerbegebiete verbannt werden“, sagt MeinFernbus-Gründer Greve. „Da wird einfach nicht fair gespielt“. 

Konsolidierung beginnt bereits


Die größten Pannen der Deutschen Bahn
Juli 2015Wegen der großen Hitze sind die Luftkühlungen mehrerer IC-Züge ausgefallen. Anders als im Sommer 2010 reagierte die Bahn diesmal schnell: Sie stellte für die besonders betroffene Linie Berlin-Amsterdam zwei Ersatzzüge bereit. Sie sollen eingesetzt werden, wenn die Luftkühlung in anderen IC auf der Strecke versagt, wie ein Sprecher mitteilte. Außerdem wurden in Osnabrück mehrere Busse stationiert. Dort mussten insgesamt mehrere Hundert Fahrgäste in nachfolgende Züge umsteigen, weil in ihren Zügen die Klimaanlage ausgefallen war. Es habe aber kein Fahrgast gesundheitliche Probleme bekommen, so der Sprecher. Bei etwa einem Dutzend älterer Intercitys auf der Linie Berlin-Amsterdam hatten die Klimaanlagen ihre Arbeit eingestellt. Quelle: dpa
Oktober 2014Ein Warnhinweis sorgt für Lacher, Spott und eine Entschuldigung der Deutschen Bahn: „Cannstatter Wasen: Es ist mit Verspätungen, überfüllten Zügen und verhaltensgestörten Personen zu rechnen“ ist am Samstag auf den Anzeigetafeln an mehreren Bahnhöfen in der Region Stuttgart zu lesen gewesen, wo das Volksfest an seinem letzten Wochenende in diesem Jahr wieder Tausende Besucher anlockte. „Wir entschuldigen uns dafür“, sagte eine Bahn-Sprecherin am Sonntag und bestätigte Online-Berichte der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“. Ein Mitarbeiter habe den Text entgegen aller Vorgaben verfasst. Er werde Anfang der Woche zum Rapport bestellt. Dann solle auch der gesamte Vorgang aufgeklärt werden. Quelle: dpa
August 2013Ein ungewöhnlich hoher Krankenstand in der Urlaubszeit sorgte im August 2013 für ein Fahrplanchaos am Mainzer Hauptbahnhof - und für massiven Ärger bei den Fahrgästen. Die Deutsche Bahn hat für das Chaos am Mainzer Hauptbahnhof wegen massiver Personalprobleme auf Facebook um Entschuldigung gebeten. „Für die derzeitigen Einschränkungen möchte ich mich entschuldigen“, antwortete ein Mitarbeiter in dem Sozialen Netzwerk auf Beschwerden einer Nutzerin. Die Situation sei „wahrlich nicht schön“. Quelle: dpa
August 2013Um dem Problem der häufig verstopften und verdreckten Zugtoiletten Herr zu werden, setzt die Bahn ab sofort neue Reinigungskräfte, sogenannte Unterwegsreiniger, in ICE-Zügen ein. Die Reinigungskolonne, die auf der Fahrt die Toiletten putzt, wird um 50 Beschäftigte auf 250 aufgestockt, wie der Vorstandsvorsitzende DB Fernverkehr, Berthold Huber, ankündigte. Die Mitarbeiter sollen zugleich stärker entsprechend der Zugauslastung eingesetzt werden. Damit würden die Toiletten in besonders gefragten Bahnen mindestens zweimal und damit doppelt so oft auf der Fahrt gereinigt wie bisher. Der Fahrgastverband Pro Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) lobten die Initiative, wiesen aber zugleich auf andere Probleme hin. „Neben den kaputten oder dreckigen Toiletten gibt es tagtägliche Kundenbeschwerden vor allem über die Klimaanlagen und Verspätungen“, sagte Pro-Bahn-Bundessprecher Gerd Aschoff. Und das sind nicht die einzigen Pannen der Deutschen Bahn... Quelle: dpa
November 2011Nach der persönlichen Anmeldung im neuen elektronischen Ticketsystem „Touch & Travel“ waren für nachfolgende Nutzer die Kundendaten sichtbar. Quelle: dpa
Juli 2010Am einem Wochenende fallen in mehreren ICE-Zügen die Klimaanlagen aus. Fahrgäste kollabierten, Schüler mussten dehydriert ins Krankenhaus eingeliefert werden. Im Zuge der Panne wurde bekannt, dass die Klimaanlagen der Bahn nur bis 32 Grad funktionieren. Damals fielen in Dutzenden Zügen die Klimaanlagen aus. Quelle: dpa
April 2010 - ICE verliert TürBei voller Fahrt verliert ein ICE auf dem Weg von Amsterdam nach Basel eine Tür. Das Stahlteil schlägt in einen entgegenkommenden ICE ein. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt und Köln werden sechs Menschen leicht verletzt. Ursache für den Unfall ist eine lose Stellmutter an der Verriegelung. Foto: dpa

Das Gedränge der Fernbusse in den Großstädten könnte sicher bald auch zu ersten Opfern führen. Die Zahl der Wettbewerber stieg rasant. Alleine zwischen August und Oktober stieg die Zahl der innerdeutschen Fernbuslinien auf den klassischen Großstadtverbindungen laut Forschungsinstitut IGES um 16 Prozent auf 129 Linien. Die Busbahnhöfe Köln und Frankfurt gelten daher bereits als hoffnungslos überfüllt. Vor allem: Auf einigen Strecke wie der Linie Berlin-Dresden gibt es bereits fünf parallel anbietende Unternehmen. Zwischen Berlin und Hamburg sieht es ähnlich aus, wo derzeit vier und ab November ebenfalls fünf Anbieter um die Kunden werben. 

Die Beobachter erwarten daher schon bald eine einsetzende Konsolidierung. Einige Start-ups konnten sich bereits etablieren. Gemessen an angebotenen Fahrplankilometern kommt der Berliner Anbieter Meinfernbus laut IGES bereits auf einen Marktanteil von rund 43 Prozent. Der Branchenführer betreibt 140 Fernbusse und beförderte bereits mehr als 1,8 Millionen Passagiere. Die Deutsche Bahn erreicht mit ihren Marken Berlin Linien Bus und IC Bus 25 Prozent. Auf Rang drei folgt das Münchener Unternehmen Flixbus, das auf zwölf Prozent kommt. An dem Start-up hat sich jüngst auch Daimler Mobility Services beteiligt. Die Tochter des Autokonzerns verantwortet das Carsharing-Angebot Car2Go.

Auf Rang vier steht mit rund sieben Prozent Marktanteil derzeit National Express mit der Marke City2City. Um das Friedrichshafener Start-up DeinBus, das als Erster gegen das bis Ende des vergangenen Jahres geltende Fernverkehrsmonopol der Bahn aufbegehrte, ist es etwas ruhiger geworden.

In Zukunft dürften Finanzkraft und Größe eine wichtige Rolle im Markt spielen. Denn der Gesetzgeber fordert bald schon teure Nachrüstungen der Busse. Bis 2016 sind die Fernbusbetreiber verpflichtet, einen barrierefreien Einstieg anzubieten. Das wird teuer. Post und ADAC haben ihre Busse, die von Scania und Van Hool kommen, bereits teilweise mit Hebebühnen ausrüsten lassen. Der späte Marktstart hat zumindest einen Vorteil.

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