Die Kirche ist längst mehr als eine bloße Glaubensgemeinschaft, sie ist ein Weltkonzern. Die Zahlen können sich sehen lassen: Über 50.000 Unternehmen gehören zur Institution Kirche. Sie alle gemeinsam sollen mit geschätzten 82 Milliarden Euro einen höheren Umsatz erwirtschaften als etwa der Elektronikkonzern Siemens mit 75,9 Milliarden Euro.
Insgesamt arbeiten etwa 1,2 Millionen Menschen bei kirchlichen Trägern. Damit sind Deutschlands Kirchen zweitgrößter Arbeitgeber nach dem Staat. Zum Vergleich: Die Liste der größten deutschen Arbeitgeber in der Privatwirtschaft führt die Deutsche Post mit gerade einmal 470.000 Mitarbeitern an.
Die eigentliche Arbeitskraft des Kirchenkonzerns ist dabei noch viel stärker: Zu den Hauptamtlichen kommen allein in der katholischen Kirche nach Schätzungen mindestens 600.000 Ehrenamtliche hinzu. Angestellte bei der Kirche haben dabei nicht zwangsweise einen religiösen Hintergrund und arbeiten zudem in allen vorstellbaren Sparten: Der Konzern Kirche deckt mit seinen tausenden Unternehmen zahlreiche Bereiche ab: Bildung, Alten- und Krankenpflege sowie Lebenshilfe aber in gewisser Form auch Tourismus, Medizin, Finanz- und Verlagswesen. Mehr bietet kaum ein Konzern in Deutschland.
Im Bereich der Bildung ist nur der Staat größer: Mehr als 1100 Schulen sind unter der Trägerschaft der evangelischen Kirchen. Bei den Katholiken sind es etwa 900. Zudem besuchen rund 600.000 Kindergartenkinder eine der über 9400 Einrichtungen der deutschen Bistümer. Lehrkräfte und Erzieher stammen dabei immer seltener aus Ordensgemeinschaften, sind aber dennoch Angestellte der Kirchen.
Elf Banken, 70 Hotels
Beinahe jedes dritte Krankenhaus in Deutschland - insgesamt etwa 700 - sind zudem in der Trägerschaft einer Kirche. Hinzu kommen noch 51.000 Einrichtungen wie Senioren-, Behinderten- und Jugendheime. Allein die katholische Kirche betreut hier jährlich rund 9,7 Millionen Menschen.
Auch im Finanzsektor ist die Kirche aktiv: Insgesamt elf Banken, die sich den Kirchen untergliedern, wie die Evangelische Kreditgenossenschaft oder die katholische Pax-Bank gehören dazu. So hat etwa die "Bank im Bistum Essen" im Jahr 2010 Kundeneinlagen in Höhe von 3,46 Milliarden Euro verbucht.
Wer beim Weltbild-Verlag seine Bücher kauft, spült ebenfalls Geld in die Kassen der Kirche, denn Gesellschafter der Verlagsgruppe Weltbild sind zwölf katholische deutsche Diözesen, sowie der Verband der Diözesen Deutschlands und die Soldatenseelsorge Berlin. Auch wenn es in letzter Zeit Unstimmigkeiten gab, weil der Verlag mit erotischer Literatur Bücher verkaufte, die den Moralvorstellungen der Gesellschafter nicht entsprach, wirtschaftet dieses Unternehmen weiterhin für die kirchlichen Organisationen. Nach dem Wirbel um die Erotik-Titel im Weltbild-Angebot stellte das Unternehmen neue Weichen: Der bisherige Weltbild-Vorsitzende Klaus Donaubauer trat in Folge der wochenlangen Diskussionen zurück. Nun folgte ihm nach Beendigung der Auseinandersetzung der Generalvikar des Erzbistums München und Freising, Peter Beer, auf diese Position.
Kirchensteuer, Zuschüsse und Spenden
Zudem bedient der Großkonzern Kirche mit 70 Hotels und 160 Kolpinghäuser, sowie Übernachtungsmöglichkeiten in Klöstern die Sparte Touristik. Im Vergleich: Die Maritim Hotelgesellschaft, die zu den größten Hotelketten Deutschlands zählt, besitzt in Deutschland gerade einmal 37 Hotels.
Aber nicht nur die Einnahmen, auch die Ausgaben der Kirchen sind immens: Rund 130 Millionen Euro beträgt das Gesamtvolumen der Haushaltsausgaben - allein bei den Katholiken. Bei der Evangelischen Kirche liegt es bei rund 108 Millionen Euro. Auf der anderen Seite stehen aber Milliardenbeträge: Allein der Staat unterstützt den "Konzern Kirche" (im Bereich von sozialen Einrichtungen und ähnlichen Bereichen des Gemeinwohls) mit 4,9 Milliarden Euro. Weitere Einnahmequellen: Kirchensteuer, Zuschüsse und Spenden.
Exodus der Mitglieder reißt ein Loch in die Kassen
Die Kirchensteuer macht etwa 40 Prozent der gesamten Einnahmen aus. Die Summen, die aus den Dienstleistungen hinzu kommen, liegen bei der Evangelischen Kirche bei rund 20 Prozent.
Trotz großer Beteiligung in sämtlichen Bereichen ist hier wohl das Manko des Finanz-Riesens Kirche zu finden: Ohne die steuerlichen Zahlungen der 50,7 Millionen Mitglieder in Deutschland würde beinahe die Hälfte der Einnahmen weg brechen.
So brachte die große Austrittswelle 2000 bis 2005 allein der Evangelischen Kirche finanzielle Einbußen von rund 600 Millionen Euro und die katholische Kirche verlor allein 2010 mehr als 181.000 Mitglieder – die höchste Zahl seit 1992.
Erfahrungsgemäß sieht dies an Weihnachten immer etwas besser aus: Die Evangelische Kirche etwa zählt am Heiligabend rund 30 Prozent mehr Gottesdienstbesucher als an den sonstigen Sonntagen im Jahr und auch in den katholischen Kirchen drängen sich am 24. Dezember die Besucher zwischen die Bänke.
Deshalb schlägt Pastoren, Pfarrern und Bischöfen an den Weihnachtstagen das Herz wieder höher, wenn die Kirchenbänke gut gefüllt sind, aber den allgemeinen Trend ändert das nicht. Doch eines ist klar: Auch wenn die Austritte für den Konzern Kirche bitter sind - denn es fehlen letztlich nicht nur die Gläubigen, sondern auch das Geld – wird das den Finanz-Riesen nicht so stark erschüttern. Die Geldmaschine hinter der Glaubensgemeinschaft läuft weiter.