FlixBus Der unheimliche Siegeszug des Start-ups

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„Die Schnellen fressen die Langsamen“

Die Antwort darauf hat viel damit zu tun, wie frech Schwämmlein und Engert an die Sache rangegangen sind. Sie setzten von Beginn an auf bedingungslose Expansion. Ein bundesweites Netz sollte zuerst Großstädte und später Kleinstädte verbinden. Dieser Auffassung war sonst nur MeinFernbus aus Berlin, alle anderen Anbieter dachten irgendwie anders, kleiner, regionaler. Da war etwa DeinBus. Schon Ende 2011 eröffnete das Offenbacher Start-up eine Fernbusstrecke – getarnt als Mitfahrgelegenheit. Die Bahn klagte und verlor. DeinBus wurde gefeiert als siegreicher David gegen Schienen-Goliath, der den Anstoß für die Marktöffnung gab. Doch als der Markt 2013 freigegeben wurde, konzentrierten sich die Offenbacher nur auf Strecken durch Süddeutschland. Ihre Philosophie: zuerst ein robustes Netz aufbauen, dann wachsen. Nur knapp entging das Unternehmen Ende 2014 der Insolvenz, mittlerweile spielt es im deutschen Markt keine nennenswerte Rolle mehr.

Lediglich MeinFernbus fuhr mit FlixBus lange Zeit auf Augenhöhe. Panya Putsathit, Gründer von MeinFernbus, sagte der WirtschaftsWoche 2013: „Die Schnellen fressen die Langsamen.“ Andere in der Branche, besonders die Manager der altehrwürdigen Deutschen Bahn, taten solche Aussagen als gründerpubertäres Geschwätz ab. Heute weiß jeder: Putsathit hatte recht.

Die Logik der Branche erfordert ein großes Netzwerk, das Fahrgäste auf Nebenstrecken einsammelt und über Drehkreuze auf die Hauptstrecken verteilt. Auf diese Weise erreicht FlixBus auf wettbewerbsintensiven Strecken wie Hamburg–Berlin oder Nürnberg–München eine höhere Auslastung als die Konkurrenz. Die Münchner konnten die Billigpreisattacken von Postbus und BLB, die fast ausschließlich stark frequentierte Routen zwischen Großstädten besetzen, jederzeit mühelos auskontern, weil sie schlicht mehr Leute befördern, die Geld bezahlen. Auf wettbewerbsschwachen Strecken kann das Unternehmen zudem höhere Ticketpreise verlangen.

Fernbusmarkt

Im Sommer mit Gewinn

FlixBus betreibt heute 14.000 Direktverbindungen in Deutschland. In den Sommermonaten fahren die grünen Fernbusse wirtschaftlich schon im grünen Bereich. Vor allem vor den Feiertagen boomt das Geschäft. „Ob der Kaffee besser schmeckt, ist nicht relevant“, sagt Schwämmlein. Aber ob das Netz funktioniere und ob die Busse zu den richtigen Zeitpunkten abfahren, eben schon. Im Klartext: Bei Umsteigeverbindungen akzeptieren die Kunden Wartezeiten von bis zu 30 Minuten vielleicht gerade noch, darüber hinaus aber nicht. Von den großen Drehkreuzen wie München, Berlin und Hamburg fährt FlixBus deshalb im Halbstundentakt. Ein gut funktionierender Fahrplan ist das Herzstück eines jeden Transportunternehmens. Die Kunden wollen nicht länger als eine halbe Stunde warten, bis sie beim Umstieg in den Anschlussbus wechseln können. So ergeben selbst weniger ausgelastete Nebenstrecken Sinn, solange Umsteiger die Busse auf den Hauptstrecken vollmachten.

Doch der Weg bis dahin war alles andere als vorgezeichnet. Auf den Rosinenstrecken wie von Hamburg nach Berlin unterbieten sich die Konkurrenten 2014 mit Kampfpreisen ab acht Euro. Pro Fahrgast und Kilometer bekommen sie weniger als vier Cent. Nötig wäre das Doppelte, um Geld zu verdienen. Denn bei Niedrigstpreisen können auch hohe Auslastungszahlen nicht viel ausrichten. In München und Berlin beobachten die Wettbewerber FlixBus und MeinFernbus die Strategie des anderen – und sie stellen fest, wie ähnlich sie sich sind. Geht es nicht auch gemeinsam, fragten sie sich fast zeitgleich. Anfang 2015 entscheiden sie sich zur Fusion

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