Flixbus schluckt Postbus... ...und die Deutsche Bahn weiß nicht, was tun

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Die drei großen Fehler der Deutschen Bahn

Selber schuld. Der Mobilitätskonzern hat den Markt komplett unterschätzt:

Fehler 1: Falsche Preisstrategie

Die Strategie, gemütlich darauf zu warten, bis Flixbus sich mit seiner Schnäppchenpreis-Politik sein eigenes Grab schaufelt, geht nicht auf. Natürlich wird Flixbus auf einigen Strecken die Preise anheben, wenn jetzt mit dem Postbus einer der wichtigsten Wettbewerber wegfällt.

Doch die Preislogik der Münchener ist eine andere, als die Bahn glauben macht. Selbst vier Cent pro Bus- und Personenkilometer können ausreichen, um Gewinne zu erzielen. Der Schlüssel dazu ist ein großes Liniennetz, das die Busse voll macht. Flixbus kann inzwischen Passagiere über Drehkreuze so verteilen, dass die Auslastung der Fahrzeuge weit über 50 Prozent liegt. Im Sommer fahren die Busse inzwischen selbst auf Nebenstrecken profitabel.

Fehler 2: Fehlende Beweglichkeit

Dass die Deutsche Bahn erst jetzt darüber nachdenkt, ob sie die Fernbusse weiterführt oder einstellt, zeigt: Die Bahn ist zu behäbig im Wettbewerb mit flinken Start-ups. Flixbus entscheidet wendig und flexibel, welche Strecken neu aufgemacht oder wieder geschlossen werden.

Die Bahn kann da von Glück reden, dass die deutschen Behörden jeden Linienantrag genehmigen müssen. Das dauert dann nämlich gut und gerne drei Monate. In Frankreich hingegen kann Flixbus ganz ohne Behördenstempel losbrummen. Dort entscheidet Flixbus innerhalb von Tagen über neue Strecken. Für die Bahn ist so viel Entscheidungskraft bei der Konkurrenz neu.

Ohnehin fehlt eine Grundstrategie. Es herrscht Hickhack. Entscheidungen wurden immer wieder einkassiert. So sah die Bahn im 2013 liberalisierten Markt zunächst keine Gewinnchancen. Vor einem Jahr verkündete der Konzern dann plötzlich eine Offensive an, vervierfachte die Strecken der Fernbustochter BerlinLinienBus (BLB). Jetzt scheint man sich aber nun doch wieder zurück ziehen zu wollen.

Auch die Marke mit dem einleuchtenden Namen "IC Bus", die der Konzern in den Schienenfahrplan integrierte, sollte vor einem Jahr komplett eingestampft und durch das dröge "BLB" ersetzt werden. Aber jetzt heißt es wieder, man wolle "weiterhin an dem Markennamen festhalten".

Fehler 3: Falsche Marktanalyse

Die Bahn gibt zu, dass die Kunden inzwischen "preissensitiver" geworden sind. Man kann auch sagen: die Fernbusse zeigen, dass man für eine Fahrt durch Deutschland keine ICE-Preise zahlen muss. Nun ballert die Bahn Sparpreise unters Volk, die zwar mehr Kunden in die Züge steigen lassen, dafür aber die Gewinne purzeln lassen. Die Bahn hat die Hoheit über die Preisgestaltung bei der innerdeutschen Fernreise aus der Hand geben müssen. Das hat der Konzern nicht kommen sehen.

Und nun? Der Bundesverkehrsminister soll, so ist aus Regierungskreisen zu hören, Bahnchef Grube mehrfach empfohlen haben, den Postbus zu kaufen, um Marktanteile zu gewinnen. Doch Grube wollte nicht. Jetzt ist die Chance vergeben. Viele Alternativen bleiben der Bahn nicht. Zieht sie sich also aus dem Markt zurück? Oder nimmt sie den Wettkampf doch noch einmal auf und investiert Millionen? Irgendwie scheint der Bus für die Bahn inzwischen abgefahren.

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