Gerade deshalb glauben Arbeitnehmervertreter von Hochtief, die Zerschlagung ihres Unternehmens werde weitergehen. Nur zwei der vier Solutions-GmbHs sind für ACS attraktiv genug, um sie mit Dragados unter ein Dach zu bringen: Infrastruktur und öffentlich-private Partnerschaften. Beide zusammen tragen drei Viertel zu Umsatz und Rentabilität von Hochtief Europa bei. Übrig blieben eine Ingenieurtochter mit rund 300 Leuten und der Hochbaubereich mit rund 400 Mitarbeitern. Sie würden dann vermutlich verkauft oder abgewickelt. Am Ende des Kahlschlags dürften von den 10.000 Mitarbeitern, die Hochtief noch 2012 in Deutschland hatte, nur rund 3.000 übrig sein.
ACS behauptet, es gehe bei den Maßnahmen darum, Hochtief auf das Kerngeschäft zu konzentrieren. Doch tatsächlich machen die Spanier das kaum. Marc Gabriel, Analyst beim Bielefelder Bankhaus Lampe: „Übrig bleibt ein europäisches Baugeschäft, das mit rund zwei Milliarden Euro Bauleistung zu klein ist, um im Wettbewerb bei Großprojekten zu bestehen.“
Leighton ähnlich radikal an die ACS-Bedürfnisse anzupassen, gewohnt autoritär zu führen und doch die Rentabilität zu erhalten wird für Fernandez noch schwieriger als die Mission in Essen. Seinen Auftrag dort hat er immerhin „weitgehend durch“, meint ein früherer Hochtief-Manager, „und jetzt ist Leighton dran.“
Wer Hochtief bereits verlassen hat
Nach Informationen der WirtschaftsWoche hat Vorstandschef Marcelino Fernández den Geschäftsführer der Hochtief-Solutions-Sparte Energie und Infrastruktur, Stephan Hebgen, von seinen Aufgaben freigestellt. Ende Oktober 2013 verabschiedete sich Hebgen, der zudem Mitglied im Solutions-Aufsichtsrat war und dort die Leitenden Angestellten vertrat, in einer E-Mail von den Mitarbeitern.
Die spanische Mutter ACS setzt Hochtief-Chef Frank Stieler Ende November 2011 vor die Tür. Er hatte sein Amt erst im Mai 2011 angetreten. Insider vermuten, Stieler haben den Spaniern die Probleme der Tochter nicht schnell genug gelöst und Verkaufspläne nicht entschieden genug vorangetrieben.
Schränkler, 48, leitet als Vorstandsvorsitzender die Sparte Concessions und war Chef der Flughafensparte. Die Sparte hat Chef Stieler zum Teil schon auf andere Manager übertragen, die Flughafensparte steht zum Verkauf. Schränkler muss sich "neuen beruflichen Herausforderungen stellen". Seine Aufgaben übernehmen die beiden verbliebenen Geschäftsführer Holger Linkweiler und Gerhard Schroeder.
Im September 2011 wird Personalchef Gerhard Peters entmachtet. Brisant ist die Entmachtung, weil Peters im Hochtief-Aufsichtsrat sitzt und dort zu den Gegnern der Übernahme durch den spanischen Baukonzern ACS zählte.
Auch Bernward Kulle, Vorstand der Tochter Concessions und Spezialist fürs Geschäft mit Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP), reichte kurz nach der Übernahme die Kündigung ein.
Rocksien, 49, Cheflobbyist in Berlin und Leiter der Abteilung Politik und Verbände der Hochtief AG, verkündete Mitte Dezember 2011 seinen Abschied. Rocksien hatte seit September 2010 vergebens versucht, Bundesregierung und Abgeordnete zu einer schnellen Änderung des Wertpapierübernahmegesetzes zu bewegen, um die feindliche Übernahme von Hochtief durch ACS zu verhindern.
Rohr verlässt den Konzern Ende Dezember 2011. Er war 15 Jahre im Konzern und leitete das Amerika-Geschäft und die Flughafensparte. Rohr war der letzte Konzernvorstands der Lütkestratkötter-Ära und zu diesem Zeitpunkt der achte Top-Abgang seit Stielers Amtsantritt.
Die Leiterin der Konzernkommunikation, Jutta Hobbiebrunken, verlässt ebenfalls nach der verlorenen Übernahmeschlacht Mitte Mai 2011 das Unternehmen. Hobbiebrunken galt als enge Vertraute des früheren Vorstandschefs Herbert Lütkestratkötter. Sie war seit 1994 bei Hochtief und baute die Konzernkommunikation im In- und Ausland auf.
Vorstandsmitglied Peter Noé wollte nach dem Einstieg der Spanier nicht länger für Hochtief tätig sein, er verabschiedete sich kurz nach der feindlichen Übernahme im Mai 2011.
Finanzvorstand Burkhard Lohr tritt kurz nach der Übernahme durch ACS ab. Lohr mochte sich nicht mit dem neuen Mehrheitseigner abfinden. Er wird durch vom ehemaligen Ferrostaal-Manager Peter Sassenfeld ersetzt.
Ende Oktober 2011 wirft der Vorstandschef der Bausparte Hochtief Solutions, Henner Mahlstedt, den Bettel hin.
Der Finanzvorstand der Sparte Solutions, Heiner Helbig, 54, wirft im Herbst 2011 das Handtuch, gemeinsam mit seinem Kollegen Henner Mahlstedt.
Fernandez’ interkontinentaler Spagat wird ein Kraftakt. Die Baustelle in Australien bedeutet sehr häufige Präsenz im 22 Flugstunden entfernten Sydney. Aber sein Hochtief-Job erfordert auch Präsenz in Essen, da dort kaum jemand mehr ohne Fernandez Entscheidungen treffen will und Hochtief gerade 800 bis 1.000 Stellen im Europageschäft abbaut. Der Vorstandschef werde mit Mails, Video- und Telefonkonferenzen den deutschen Managern zur Verfügung stehen, beruhigt Hochtief auf Anfrage. Dafür seien „feste Zeitblöcke reserviert“. Während der Flüge aber ist er unerreichbar.
So irrational der Paukenschlag von Sydney auch anmutet: Er ist – wie die feindliche Übernahme vor drei Jahren – Teil einer nüchtern-kompromisslosen Strategie.
„Das ist alles aus einem Guss“, sagt Aktienrechtler Oliver Maaß von der Kanzlei Heisse Kursawe Eversheds in München: „Es geht darum, Hochtief-Anteile gegen möglichst wenig Leistung zu bekommen. Aktienrückkauf und Sachkapitalerhöhung in Form von konzerninternen Unternehmensverkäufen sind die klassische Doppelstrategie, um eine untergeordnete Aktiengesellschaft endgültig zu beherrschen.“
Maaß erwartet, dass ACS den Streubesitz immer weiter verwässert, am Schluss im Squeeze-out-Verfahren die freien Aktionäre auszahlt und Hochtief dann von der Börse nimmt. Der Jurist sieht wenig Spielraum für einen freundlicheren Ausgang des Dramas: „Das Ende von Hochtief ist absehbar.“