Fluggesellschaften Die einträglichen Methoden des Herrn Wöhrl

Warum der Multiunternehmer Hans Rudolf Wöhrl zu den wenigen gehört, die mit Airlines gutes Geld verdienen. Aktuell interessiert sich der Franke für Ferienflieger Condor.

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Investor Hans Rudolf Wöhrl Quelle: AP

Wer Manager einer Fluglinie fragt, warum ihre Branche so wenig Geld verdient, bekommt oft einen alten Kalauer zu hören. „Wie macht man ein kleines Vermögen? – Man nimmt ein großes und investiert es in eine Fluglinie.“ So hat angeblich der britische Milliardär Richard Branson sein Engagement bei seiner Fluglinie Virgin Atlantic kommentiert.

Über den betagten Scherz kann Hans Rudolf Wöhrl nur schmunzeln. Denn der fränkische Multiunternehmer beweist, dass es auch andersherum geht. Mit einem ganz eigenen Managementstil und einem fast einmaligen Verkaufstalent ist es ihm gelungen, mit Fluglinien sein kleines Vermögen ordentlich zu vergrößern. Mehr als 100 Millionen Euro, schätzen Branchenkenner, hat der 64-Jährige in den vergangenen 38 Jahren auf diese Weise verdient.

Im Moment zeigt er Interesse am Ferienflieger Condor, einer Tochter des Reisekonzerns Thomas Cook.. „Wenn das Thema akut wird, stehen wir zur Verfügung“, sagte Wöhrl in einem vorab veröffentlichten Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ Gespräche habe es noch nicht gegeben. Wöhrl rechnet damit, dass Thomas Cook „mehr als 300 Millionen Euro fordern wird, da Condor hohe liquide Mittel hat.“ Wie viel er zu zahlen bereit wäre, lässt Wöhrl offen. „Was man wirklich zahlen kann, lässt sich erst nach einer genauen Analyse sagen.“

Ankaufen, ansanieren, abstoßen

Wöhrl ist kein unbedachter Käufer. Mitte Februar übernahm er die am Bodensee beheimatete Regionallinie Intersky mit drei Flugzeugen. Es ist Wöhrls zehntes Fluginvestment. Und alle fragen, macht er es wieder wie in den meisten Fällen früher: ankaufen, ansanieren, abstoßen.

Jedenfalls liegt darin eines der Erfolgsgeheimnisse des begehrten Talkshow-Gastes. Begonnen hat „das tapfere Schneiderlein“, wie sich der Erbe und zeitweilige Chef der bayrischen Textilhandelskette Wöhrl selbstironisch nennt, 1974. Er gründete die Regionalairline Nürnberger Flugdienst (NFD) und verkaufte sie 1992 an den Zementunternehmer Albrecht Knauf für laut Insidern mehrere Millionen Euro Gewinn.

Die Geschäfte des Hans Rudolf Wöhrl mit Fluggesellschaften

Damit hatte Wöhrl genug Erfahrung, um fortan durch An- und Verkauf anderer Linien Geschäfte zu machen. Das meiste brachten ihm die einstige Billiglinie DBA und der Düsseldorfer Ferienflieger LTU, die er 2006 und 2007 für insgesamt gut 250 Millionen Euro an Air Berlin losschlug. Wöhrl beziffert seinen Gewinn dabei mit „eher 60 Millionen Euro“. Branchenkenner glauben, ihm blieben nach Abzug seiner Investitionen und den Anteilen anderer Gesellschafter rund 100 Millionen.

Ähnlich erfolgreich waren die Übernahme und spätere Veräußerung anderer kleinerer Fluggesellschaften. „Insgesamt haben wir mit einer Ausnahme bei allen Fluglinien sowohl operativ als auch beim Verkauf gutes Geld verdient“, sagt Wöhrl.

Karl Born, Ex-Vorstand des Reisekonzerns TUI und heute Professor für Tourismusmanagement an der Hochschule Harz, nennt Wöhrl den „größten Fluggesellschaften-Verkäufer aller Zeiten“. Der schaffe es „immer wieder, vermeintlich sanierte Gesellschaften zu hohen Preisen zu verkaufen“.

Fliegende Sparbüchsen

Doch Wöhrl ist nicht nur ein schlitzohriger Verkäufer, sondern auch Manager mit einer in der Branche ungewohnt nüchternen Einstellung zum Metier. „Mit der Fliegerei verdient man kein Geld, sondern nur an der Fliegerei“, sagt Wöhrl. Mit dem semantischen Höhenflug will er sagen: Trotz seiner Berufspilotenlizenz ist er kein Manager der Marke „Kerosin im Blut“, sondern fränkischer Kaufmann mit Abneigung gegen Banken und gegen Großmannssucht.

Diese Einstellung pflegt Wöhrl, seit sein NFD fast an schnellem Wachstum auf Pump gescheitert wäre. Seitdem setzt er auf vorsichtiges Wachstum und auf Jets, die er kauft, statt sie zu leasen. Auf diese Weise werden die Maschinen zu fliegenden Sparbüchsen, weil der Wiederverkaufswert und damit der Unternehmenswert fast immer über dem Buchwert liegt. „Das geht zwar auf Kosten des Ertrags und der Flexibilität“, sagt Wöhrl, „aber am Ende ist eine Substanz da, die wir bezahlt bekommen.“

Sanierung in drei Schritten

Gleichzeitig hat Wöhrl eine eigene Methode entwickelt, übernommene Airlines zu sanieren. Die verlief bisher in drei Schritten. Am Anfang steht ein Einstieg mit wenig Geld. Die DBA bekam Wöhrl von British Airways für einen symbolischen Euro und eine Mitgift von gut 70 Millionen Euro. Sodann verbreitet Wöhrl in Interviews, Pressekonferenzen und Fernsehauftritten ehrgeizige Pläne. „Die Aufmerksamkeit ist Teil der Sanierung, denn sie sorgt für mehr Buchungen und soll die Belegschaft mitreißen“, sagt ein Weggefährte. Denn um zu sanieren, benötigt Wöhrl zuversichtliche Mitarbeiter. Nur die verzeihen ihm die üblichen Lohnkürzungen und forsche lange E-Mails, mit denen er sie überfährt.

Gleichwohl bedient sich Wöhrl, wie er sagt, nicht nur solcher „nötigen Holzfällermethoden“. Er bricht auch Regeln, die in der Branche als unveränderbar galten. So gelang es ihm, Flugzeughersteller und Flughäfen zu Rabatten und Partnerschaften zu motivieren. Wöhrls dritte und letzte Etappe ist schließlich der Weiterverkauf. „Sobald sich die Lage aufhellt, sucht er Investoren“, sagt ein Konkurrent. „Und mit seiner verbindlichen Art findet er immer wen, der mit einer Wöhrl-Linie eine Lücke in seinem Unternehmen schließen will.“

Bei Intersky am Bodensee, behauptet Wöhrl, wolle er sich nun langfristig binden. „Wir haben viel investiert“, sagt er. Dem Vernehmen nach könnte er bis Ende 2013 mindestens zehn Millionen Euro in die Linie stecken, um das Geschäft auszubauen.

Doch das muss nicht das Ende des Prinzips Wöhrl bedeuten. Denn schon seit Längerem bringt er sich als Interessent für die Ferienlinie Condor ins Gespräch, falls der britische Reisekonzern Thomas Cook diese verkaufen wolle. „Wenn man uns fragen würde“, antwortete Wöhrl bisher gern, „wären wir natürlich interessiert.“

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