Es ist offiziell: Der Hunsrück-Flughafen Hahn geht an die chinesische Shanghai Yiqian Trading Company. Das gab die Landesregierung Rheinland-Pfalz in einer Pressekonferenz am Montagmittag bekannt. Damit geht der defizitäre Airport an einen ausländischen Investor - vermutlich komplett. Zwar hält das Rheinland-Pfalz nur 82,5 Prozent der Anteile, aber das Land Hessen, das in Besitz der die übrigen 17,5 Prozent ist, verhandelt gerade ebenfalls. Dass auch diese Anteile an die Chinese verkauft werden, gilt als sicher. Den defizitären Flughafen Hahn zu halten, scheint sich in Deutschland für niemanden mehr zu lohnen.
Der Käufer aus China scheint das anders zu sehen. Über die Pläne der in Luftfahrt, Logistik und internationaler Handel tätigen Shanghai Yiqian Trading Company ist bislang aber nur wenig bekannt.
Gewiss ist hingegen: Mit dem Verkauf endet ein unrühmliches Kapitel des mittlerweile hoch defizitären Flughafens Hahns. Lange galt der Airport angesichts des Ryanair-Booms als Zukunftsmodell: Selbst Frankfurts Flughafenbetreiber Fraport war zeitweise an ihm beteiligt, um dort möglicherweise Fracht und Billigverkehr abzufertigen.
Bester Flughafen Deutschlands
Das Deutsche Kundeninstitut (DKI) hat für WirtschaftsWoche Online die zehn größten Flughäfen Deutschlands untersucht. Ziel war es, die Flughäfen bezüglich ihrer Leistungen, ihres Angebots und der Wahrnehmung durch die Flughafengäste in eine Rangfolge zu bringen. Die Daten stützen sich auf die Befragung bei den Flughafenzentralen zu objetiven Fakten, die Online‐Befragung von 3300 Flughafengästen sowie die Überpfüfung der Kundebetreuung via Mail, Hotline und Social Media durch anonyme Tester.
Ermittelt wurde zum einen der Testsieger „Bester Flughafen Deutschlands“. Zum anderen wurden Rankings für die Unterkategorien „Flugangebot“ (Anzahl der Fluggesellschaften, der angeflogenen Ziele/Länder, Start- und Landebahnen und
Interkontinentalflüge), „Aufenthaltsqualität“ (Ausstattung der Terminals etwa adäquate Sitzmöglichkeiten, Sauberkeit, Waschräume, W‐Lan-Angebote, Gastronomie und Einkaufsangebot, Familienfreundlichkeit sowie Office‐, Freizeit‐ und Entertainmentangebote), „Prozesse“ (effiziente Abwicklung der Prozesse wie Check-In, Security oder verkehrstechnische Anbindung) und „Service“ (Kundenservice per Telefon, E‐Mail und Social Media und die Qualität der Webseite). Die Gewichtung der Kategorien erfolgte nach folgendem Schlüssel: Flugangebot: 25%; Aufenthaltsqualität: 25%, Prozess: 30% und Service: 20%.
Flughafen Berlin‐Tegel
Punkte: 54,6/100
Note: ausreichend
Bestes Flugangebot: Platz acht
Punkte: 12,9/25
Note: mangelhaft
Beste Aufenthaltsqualität: Platz zehn
Punkte: 11,2/25
Note: mangelhaft
Beste Prozesse: Platz zehn
Punkte: 13,4/30
Note: mangelhaft
Bester Service: Platz sechs
Punkte: 17,1/20
Note: sehr gut
Flughafen Stuttgart
Punkte: 66,3/100
Note: befriedigend
Bestes Flugangebot: Platz sieben
Punkte: 13,5/25
Note: ausreichend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz acht
Punkte: 16,7/25
Note: befriedigend
Beste Prozesse: Platz acht
Punkte: 19/30
Note: befreidigend
Bester Service: Platz sieben
Punkte: 17.1/20
Note: sehr gut
Airport Bremen
Punkte: 67,3/100
Note: befriedigend
Bestes Flugangebot: Platz zehn
Punkte: 8,3/25
Note: ungenügend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz sieben
Punkte: 17,1/25
Note: befriedigend
Beste Prozesse: Platz eins
Punkte: 26,6/30
Note: sehr gut
Bester Service: Platz neun
Punkte: 15,3/20
Note: gut
Airport Nürnberg
Punkte: 68,7/100
Note: befriedigend
Bestes Flugangebot: Platz neun
Punkte: 10,2/25
Note: ungenügend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz neun
Punkte: 16,4/25
Note: befriedigend
Beste Prozesse: Platz drei
Punkte: 26,1/30
Note: sehr gut
Bester Service: Platz acht
Punkte: 16/20
Note: gut
Köln Bonn Airport
Punkte: 69,3/100
Note: befriedigend
Bestes Flugangebot: Platz sechs
Punkte: 13,7/25
Note: ausreichend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz vier
Punkte: 20,4/25
Note: gut
Beste Prozesse: Platz vier
Punkte: 23,2/30
Note: gut
Bester Service: Platz vier
Punkte: 12/20
Note: ausreichend
Flughafen Hamburg
Punkte: 72,3/100
Note: gut
Bestes Flugangebot: Platz fünf
Punkte: 14,2/25
Note: ausreichend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz drei
Punkte: 19,2/25
Note: gut
Beste Prozesse: Platz sechs
Punkte: 20,6/30
Note: befriedigend
Bester Service: Platz vier
Punkte: 18,3/20
Note: sehr gut
Düsseldorf Airport
Punkte: 74,1/100
Note: gut
Bestes Flugangebot: Platz vier
Punkte: 16,7/25
Note: befriedigend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz drei
Punkte: 21,4/25
Note: sehr gut
Beste Prozesse: Platz fünf
Punkte: 21,8/30
Note: gut
Bester Service: Platz fünf
Punkte: 17,3/20
Note: sehr gut
Hannover Airport
Punkte: 84,2/100
Note: gut
Bestes Flugangebot: Platz drei
Punkte: 17,2/25
Note: befriedigend
Beste Aufenthaltsqualität: Platz drei
Punkte: 21,4/25
Note: sehr gut
Beste Prozesse: Platz zwei
Punkte: 26,4/30
Note: sehr gut
Bester Service: Platz drei
Punkte: 19,2/20
Note: sehr gut
Flughafen München
Punkte: 89,1/100
Note: sehr gut
Bestes Flugangebot: Platz zwei
Punkte: 23,2/25
Note: sehr gut
Beste Aufenthaltsqualität: Platz eins
Punkte: 27,7/25 (+ Bonuspunkte)
Note: sehr gut
Beste Prozesse: Platz neun
Punkte: 18,4/30
Note: ausreichend
Bester Service: Platz zwei
Punkte: 19,8/20
Note: sehr gut
Frankfurt Airport
Punkte: 90,2/100
Note: sehr gut
Bestes Flugangebot: Platz 1
Punkte: 25,3/25 (+ Bonuspunkte)
Note: sehr gut
Beste Aufenthaltsqualität: Platz 2
Punkte: 21,4/25
Note: sehr gut
Beste Prozesse: Platz 7
Punkte: 20,5/30
Note: befriedigend
Bester Service: Platz 1
Punkte: 23/20 (+ Bonuspunkte)
Note: sehr gut
Der 1999 als Deutschlands erster Billigairport gestartete Hunsrück-Flughafen erlebte einen raschen Aufstieg. Spar-Touristen sorgten für viel Verkehr: Sogar aus weiter entfernten Städten wie Hannover und Wolfsburg reisten Kunden gerne nach Hahn, wenn sie dadurch ein paar hundert Euro sparen konnten. Dass Hahn sich vor allem auf Billigfluglinien wie Ryanair konzentrierte, brachte zwar Wachstum, aber kein Geld. Die Iren bezahlten pro Passagier deutlich weniger als die etablierten Airlines.
Zudem erwiesen sich die Schnäppchenjäger als untreue Kunden. Sie waren die ersten, die dem Airport verloren gingen, als andere Anbieter Ryanair nacheiferten. Mit der Zeit machten Tickets unter 50 Euro pro Strecke bei der Lufthansa - und sogar unter 40 Euro anderswo - viele Strecken und Flughäfen ähnlich attraktiv. Und zwar auch Flughäfen, die - im Vergleich zu Hahn - nicht in erster Linie per Auto zu erreichen waren, sondern auch gut mit Bahn und Bus.
Zunächst zogen Airports wie Köln und Berlin nach. Dann folgten Weeze, Lübeck, Karlsruhe und Memmingen. Günstiges Fliegen sollte es somit bald überall geben - nicht nur mit Ryanair von Frankfurt-Hahn. Die Folge: Im vergangenen Jahr zählte Hahn nur noch 2,7 Millionen Passagiere. Vor zehn Jahren waren es noch knapp vier Millionen.
Bei der Fracht lief es auch nicht besser: Von Hahn darf zwar rund um die Uhr gestartet werden. Aber so wichtig den Cargo-Linien das auch ist, um ihren Kunden längere Annahmezeiten zu gewähren, am Ende war es doch wichtiger in Frankfurt zu sein. Und nicht irgendwo im Großraum Frankfurt - und eigentlich im Hunsrück. Die Nähe zur Lufthansa und anderen Frachtlinien machte mit dem wachsenden Angebot an Ladekapazität in Passagiermaschinen, den Vorteil einer 24-Stunden-Startmöglichkeit mehr als wett.
Die große Hahn-Hoffnung und Hauptkunde Ryanair kehrt dem Standort nämlich auch immer mehr den Rücken, denn die Airline gibt das Billigsegment zu Gunsten von Zentralflughäfen auf, weil die Iren dank höherer Ticketpreise am Ende mehr Geld verdienen.
Dazu kamen schließlich noch Fälle von Missmanagement und Vetternwirtschaft. Als die Verluste wuchsen, ging auch noch der letzte Rückhalt für den Airport in der Landesregierung Rheinland-Pfalz verloren. Das Land musste wiederholt Geld nachschießen. Dazu sei man aber auch künftig bereit, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz - in Form von Betriebs- und Investitionsbeihilfen.
Trotzdem scheint der ehemalige Militärflughäfen mittlerweile ein Fass ohne Boden zu sein. Die Probleme dürften bleiben und werden eher noch schlimmer als besser. Wie ein neuer Besitzer das lösen will, bleibt abzuwarten.
Beendet ist die Geschichte des Flughafen Hahn längst nicht. Auch nicht für Rheinland-Pfalz. Das Land wird den Airport trotz der Übernahme wohl auch in den kommenden Jahren noch mit Millionenzahlungen unterstützen.
Mit Material von dpa und Reuters