Flugreisen Warum die Beinfreiheit ausstirbt

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Neue Einnahmequellen

Zwar bemühen sich die Airlines auch immer geschickter um neue Einnahmequellen – etwa durch den Verkauf von Extras wie Gepäckaufgabe, Mahlzeiten oder bessere Sitze. Durch diese Nebengeschäfte nehmen laut einer aktuellen Übersicht der US-Marktforscher Ideaworks manche Fluglinien wie United Airlines bereits mehr als sechs Milliarden Dollar im Jahr ein und für manche wie Ryanair ist es angesichts der niedrigen Ticketpreise gar die einzige Gewinnquelle.

Auch hier werden Einnahmen aus dem Aufpreis für Sitze mit mehr Freiraum – etwa an den Notausgängen oder in den weiter bestuhlten Economy-Plusabteilen – immer wichtiger. Linien wie Delta aus den USA erlösen hiermit bereits weit mehr als eine Milliarde Dollar Euro zusätzlich im Jahr.

Doch am Ende sind mehr Sitze an Bord eine wesentlich sichere Einnahmequelle. Denn um die müssen sich die Fluglinien – anders als um den Verkauf von Brötchen und Getränken oder Gebühren aus der Vermittlung anderer Reiseteile wie Mietwagen und Übernachtungen – nicht mit anderen und moderneren IT-Riesen wie Booking.com streiten.

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„Sitze sind eines der letzten Schräubchen im Flugbetrieb, an dem die Airlines noch drehen können, damit in ihren Kassen etwas mehr Geld bleibt“, sagt der Hamburger Flugexperte Heinrich Großbongardt.

Denn für die Airlines bedeutet mehr Sitze automatisch höhere Einnahmen. Wenn etwa Lufthansa 42 Sitze mehr in ihrem A320 hat, heißt das bei der üblichen Auslastung von knapp 90 Prozent drei Dutzend zusätzliche Kunden. Und weil die im Schnitt pro Strecke keine 20 Euro mehr kosten, steigt bereits bei einem 99 Euro-Sparticket der Gewinn pro Flug durch die zusätzliche Kundschaft um fast 1000 Euro.

Dazu kostet die enge Bestuhlung fast nichts zusätzlich. Die bis zu 5000 Euro pro Stück teuren Sessel müssen die Fluglinien nach sechs bis acht Jahren ohnehin als verschlissen austauschen und können bei dem Anlass gleich mehr Sitze einbauen.

Bei welchen Airlines das Essen extra kostet
Air-France Quelle: AP
Air-Berlin Quelle: REUTERS
American-Airlines Quelle: AP
Emirates Quelle: AP
Lufthansa Quelle: dpa Picture-Alliance
Turkish Airlines Quelle: imago images
KLM Quelle: AP

Den Unmut der gepressten Passagiere müssen die Airlines dabei nicht fürchten. Denn die suchen erfahrungsgemäß nicht nach Linien mit bequemerer Einrichtung, sondern achten fast ausschließlich aufs Geld. „So zeigen alle Umfragen, dass der Preis bei der Flugbuchung das entscheidende Kriterium ist, inzwischen sogar merkwürdigerweise mit knappen Abstand vor dem Image bei der Sicherheit“, wundert sich ein führender Lufthanseat. Danach folgen der Ruf bei Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, die Flugzeit – und dann erst der Service.

Also geht der Kampf um jeden Millimeter beim Sitz weiter. Und geführt wird er in Deutschland vor allem von einem Unternehmen: dem Sitzhersteller Recaro.

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