Doch so groß dieser Druck auch ist, er ist offenbar noch nicht groß genug. Denn um die Maschinen sicherer zu machen, müssen die Hersteller genau wissen, was genau kurz vor dem Absturz schief gegangen ist. Die wichtigste Voraussetzung hierzu ist, die Flugzeuge nach einem Crash schnell zu finden und die letzten Minuten vor der Katastrophe genau zu rekonstruieren.
Hier leistet sich die Branche und die Politik, die sie sonst stark reguliert, eine Einstellung, die nur noch mit gutem Willen als erstaunliche Saumseligkeit durchgeht. „Die Regulierer sind gefürchtet für ihre Grabsteinmentalität, die Änderungen erst verlangt wenn es Tote gab“, urteilt der renommierte Branchenanalyst Scott Hamilton.
Drei Maschinen in fünf Jahren verschwunden
Denn mit den Unfällen von Air Asia 8501, Malaysia Airlines 370 und Air France 447 im Jahr 2009 sind in den vergangenen fünf Jahren gleich drei Maschinen plötzlich und spurlos verschwunden. Die Air-France–Maschine wurde zwar gefunden. Aber obwohl die Bergungskräfte von Anfang an eine recht gute Vorstellung hatten, wo das Wrack gelandet sein musste, stießen die Suchkräfte erst nach gut zwei Jahren auf den Flugschreiber. Und bei MH 370 müssen die Fachleute nach wie vor eher raten, wo genau sie suchen sollen.
Grund für die lange Suche ist in allen drei Fällen, dass die Behörden zwar viele Details von der Ausbildung bis zu den Preisen vorschreiben. Doch eine genaue Ortung in Echtzeit hielten sie offenbar bisher für unnötig.
Das ist in der Tat absurd. In einer Zeit, in der Beobachtungssatelliten auch bei Nacht und Nebel jedes Detail auf der Erde erkennen und Überwachungssoftware in schier endlosen Datenbergen erfolgreich nach Schlüsselworten sucht, ist es unvorstellbar, dass eine gut 30 Meter lange und breite Maschine spurlos verschwindet, obwohl sie einen klaren Kurs hat und ständig Daten bis zur Brenntemperatur in den Triebwerken an die Werkstätten funkt.
Doch auch das hat einen Grund. Denn zum Wesen der Regulierung im Fluggeschäft gehört es, dass Einschränkungen für die – meist zumindest teilweise staatlich beherrschten – Airlines nur einvernehmlich von allen Mitgliedern der ICAO genannten Luftfahrtorganisation der UNO getroffen werden dürfen. Die ICAO drückt sich in der Frage seit Jahren vor einer Entscheidung. Denn diese Überwachung kostet Geld, gerade weil auf den langen Flügen über Ozeane eine Ortung aufwändig ist und – da nun mal nicht mal jeder Millionste Flug einen Unfall hat – am Ende vor allem auch viele überflüssige Daten produziert.
Doch seit dem Unglück von Air Asia kann das nicht mehr gelten. Weil Flug QZ8501 auf einem relativ kurzen Flug in einer gut überwachten Gegend verschwand, ist klar: Eine solche Überwachung darf nicht nur regional erfolgen, sondern eben weltweit. Das Überwachungssystem klärt auch gleich ein paar andere Probleme: Denn immer wieder stürzen auch Maschinen in unwegsamen Gebieten an Land ab und wären schneller und leichter zu finden, könnte man sie auch dort orten.
Somit ist klar: Die ICAO muss entscheiden und zwar bald. Wenn zunächst nur ein Teil ihrer Mitglieder aus Nordamerika Europa oder Asien mitzieht, dann ist das eben so. Bei Dingen wie einer gründlicheren Kontrolle von Passagieren und Luftfracht führten die zunächst nur von den USA und der EU betriebenen strengeren Standards nach einer regionalen Übergangsphase am Ende zu einem globalen Standard. Damals hatte die EU auch keine Scheu, ihrer Meinung nach unsichere Airlines zu verbannen.
Das wird die Opfer der bisherigen Abstürze natürlich nicht wieder lebendig machen. Aber es macht künftige Abstürze noch ein wenig unwahrscheinlicher und verhindert damit weitere Opfer. „Denn Grabsteine hatten wir nun wirklich genug“, so Experte Hamilton.