Fusion mit Tui Travel Tui wird zum größten Touristikkonzern der Welt

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Zusammenlegung dürfte Jobs kosten

Longs Machtverlust wird durch die Aufgabenverteilung in der Übergangsphase deutlich, in der beide offiziell gleichberechtigt sind: Joussen kümmert sich um die Konzernstrategie und das Tourismuskerngeschäft, Long darf die zum Verkauf stehenden Randaktivitäten abwickeln. Und noch jemand kann sich als Gewinner des Deals fühlen und dürfte späte Genugtuung empfinden: der häufig glücklos agierende Joussen-Vorgänger Michael Frenzel – genau dessen Vision vom vertikal voll integrierten Tourismuskonzern wird jetzt vollendet.

Künftige Struktur des Tourismuskonzerns TUI AG (Für eine detaillierte Ansicht, klicken Sie bitte das Bild an.)

Die direkten Synergien sind überschaubar: Durch die Zusammenlegung der Doppelfunktionen und die Straffung der Konzernstrukturen spart das Unternehmen Kosten von mindestens 65 Millionen Euro jährlich, und das nach den Berechnungen drei Jahre lang. Hinzu kommen steuerliche Vorteile, die sich auf Basis des vergangenen Geschäftsjahres auf weitere 35 Millionen Euro addieren. Gegengerechnet werden müssen allerdings einmalige Integrationskosten etwa für Abfindungen von rund 45 Millionen Euro.

Das Hauptargument für die Zusammenlegung der beiden TUI-Teile sind darum auch nicht so sehr die Kosteneinsparungen, sondern die zusätzlichen Wachstumsimpulse. Die sollen sich vor allem aus einer besseren Verkaufssteuerung durch den eigenen Vertrieb sowie eine höhere Auslastung der eigenen Hotels und Fluglinien durch die konzerneigenen Reiseveranstalter ergeben. Damit wäre das bei der TUI-Gründung formulierte Ziel, auf jeder Stufe der touristischen Wertschöpfungskette Geld zu verdienen, endlich erreicht.

Starke Marken, unsichere Jobs

Allerdings dürfte die Zusammenlegung der Doppelstrukturen Jobs kosten. Davon betroffen sein dürften aber eher die Mitarbeiter am bisherigen TUI-Travel-Sitz in Crawley als die in Hannover. Der Grund: Die Konzernzentrale in Niedersachsen hat das von Joussen verordnete Spar- und Sanierungsprogramm oneTUI schon hinter sich. Vor allem durch Personalabbau konnten die Kosten der Zentrale von früher 73 auf weniger als 45 Millionen Euro gesenkt werden. In Großbritannien steht das noch aus. Joussen hat gegenüber Investoren angekündigt, dass er oneTUI auf TUI Travel ausdehnen wird.

Häufig werden die positiven Folgen bei Firmenübernahmen zu optimistisch eingeschätzt. Diese Gefahr ist bei der TUI aber weniger groß: Die direkten Synergien sind eher vorsichtig kalkuliert. Auch die steuerlichen Effekte und die erhofften Auswirkungen auf Umsatz und Rendite sind wohl einigermaßen realistisch, zumal die Auslastung der bisher in der AG angesiedelten konzerneigenen Hotelkapazitäten durch die bei der britischen Tochter zusammengefassten Veranstalter nicht optimal war.

Der vereinte Konzern kann die starken Marken vieler TUI-Angebote besser nutzen. Die erfolgreiche Kreuzfahrtmarke TUI Cruises mit ihren heute drei und ab nächstem Jahr vier Schiffen etwa wird bisher nur in Deutschland verkauft, hätte aber auch in anderen Märkten Chancen. Die Expansion von TUI Cruises in andere Märkte ist wahrscheinlich, zumal eine Aufstockung der Flotte auf zwölf Schiffe ausschließlich für den deutschen Markt ziemlich mutig wäre. Hinzu kommt: Auch die britische Tochter hatte schon Kreuzfahrtschiffe im Programm, die allerdings wegen ihres Alters dringend ersetzt werden müssen.

Dennoch stehen alle Wachstumsprognosen unter einem Generalvorbehalt: Die Ferienindustrie floriert nur in einer halbwegs friedlichen Welt. Regional begrenzte Einbußen durch politische Konflikte wie jetzt in Nahost oder der Ukraine lassen sich ausgleichen, weltweite Krisen etwa durch Terroranschläge wie die vom 11. September 2001 aber nicht. Auch eine allgemeine Abkühlung des weltpolitischen Klimas wäre eher wachstumsfeindlich.

Glaubt man den überwiegend begeisterten Kommentaren der Aktienanalysten, dann dürfte zuletzt etwas abgeflaute Begeisterung der Aktionäre für das TUI-Papier nach dem erfolgreichen Zusammenschluss wieder zurückkehren. Das Kursziel sehen die meisten Analysten bei etwa 15 Euro, die meisten empfehlen das Papier weiter zum Kauf. Den in den vergangenen Jahren nicht gerade verwöhnten Aktionären der AG soll die Fusion mit einer Art Morgengabe versüßt werden: Während sie ursprünglich für das laufende Geschäftsjahr keine Dividende bekommen sollten, hat Joussen ihnen jetzt eine mehr als doppelt so hohe Zahlung von 33 Cent pro Aktie versprochen.

Von den deutschen TUI-AG-Eignern ist darum vermutlich kein ernsthafter Widerstand zu erwarten, auch der russische Oligarch und Severstal-Chef Alexei Mordaschow hat bereits grünes Licht gegeben. Über seine S-Group Travel Holding ist er mit einem Anteil von 25 Prozent größter TUI-Einzelaktionär. Der norwegische Reeder John Fredriksen, früher das Enfant Terrible vieler TUI-Hauptversammlungen, hat seine Anteile verkauft. Zustimmen muss jetzt nur noch die Mehrheit der britischen TUI-Travel-Aktionäre.

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