Fußball Europas Clubs werden zum Spielball der Milliardäre

Weltkonzerne, Oligarchen und arabische Königshäuser greifen nach dem europäischen Fußball. Der Dachverband Uefa versucht, mit neuen Regeln wirtschaftliche Chancengleichheit herzustellen. Doch es gibt Wege, das finanzielle Fair Play zu umgehen.

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Fußballspeiler David Beckham Quelle: dapd

Als die alternde Fußballikone ihr Weltstar-Lächeln anknipst, geraten die Fotografen in Wallung: "David, regard-ici!!" schallt es aus der Kamerafront. "Schau hierher, Becks!! David, Foto!!!" Seit David Beckham vor gut einer Woche in Frankreichs Hauptstadt aufschlug, sonnt sich ihr Fußballclub Paris Saint-Germain im Ruhme des 37-jährigen Fußballmethusalems. Ablösefrei holte der Verein den weltberühmten Senior-Kicker für fünf Monate an die Seine, sein auf eine Million Euro geschätztes Salär will Becks Kindern spenden. Für den Kicker wie für Saint-Germain spielt Geld ohnehin keine Rolle.

Wie Erdöl aus scheinbar unerschöpflichen Quellen sprudeln bei der Champions-League-Elf die Euro, seitdem das Scheichtum Katar sie im Juni 2011 übernahm. Mehr als 250 Millionen Euro für Kicker wie Zlatan Ibrahimovic, Javier Pastore und Thiago Motta steckten die Araber bisher in das Team.

Clubs glauben, dass Erfolg sich kaufen lässt

Das Kontrastprogramm läuft gut eine Flugstunde südwestlich, beim FC Valencia, wo Paris Saint-Germain am Dienstag zum Hinspiel in die K.-o.-Runde der Champions League startet. Das neue Stadion, das Nou Mestalla, steht seit 2009 halb fertig im Nordosten der krisengebeutelten Hafenstadt. Dem hoch verschuldeten Verein droht die Verstaatlichung. Er steht für Größenwahn und eine Expansion auf Pump, die einzig auf sportliche Erfolge und Einnahmen in der Zukunft spekulierte.

Und trotzdem haben der Krisenclub vom Mittelmeer und der Krösus von der Seine etwas gemeinsam, was den europäischen Spitzenfußball und jeden Rest des Fair Play auf dem Rasen an der Wurzel zu schädigen droht: den Glauben, mit Geld lasse sich Erfolg im Fußball kaufen. Spielergehälter und Ablösesummen für Kicker steigen in so astronomische Höhen, dass Clubs fürchten, darüber pleitezugehen oder am Tropf eines steinreichen Investors zu landen. Den anderen Vereinen bleibt nur, mitzumachen oder sich abhängen zu lassen. "Der Wettbewerb", sagt Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern München, "ist ruinös geworden."

Finanz-Doping verzerrt den Wettbewerb

Scheichs aus Katar und Abu Dhabi, Weltkonzerne wie Russlands Energieriese Gazprom und Oligarchen wie Rinat Achmetow aus der Ukraine blasen zur Attacke auf die Krone des europäischen Fußballs. Sie investieren Millionen und drohen mit teuren Spielerkäufen und Millionengehältern das Spiel aus der Balance zu bringen. Der Dachverband Uefa versucht, mit neuen Regeln und einer verschärften Zulassung zu seinen wichtigsten Wettbewerben den Milliardenpoker in Schach zu halten.

Denn das Finanz-Doping verzerrt den Wettbewerb und treibt die Preise im gesamten Kickersystem in gefährliche Höhen. Am Ende holt nämlich immer nur ein Team den Sieg – und alle übrigen müssen sehen, wie sie ihre Verluste decken, wenn für sie die Einnahmen sinken. Auf 1,7 Milliarden Euro beziffert die Uefa die Miesen in den Bilanzen der europäischen Top-Vereine, 2007 waren es erst 0,6 Milliarden.

Uefa will Finanzregeln verschärfen

Die Fußballclubs und ihre Inhaber
Celtic Glasgow Quelle: REUTERS
Juventus Turin Quelle: dpa
FC Valencia Quelle: dpa
Paris Saint-Germain Quelle: dpa
FK Schachtar DonezkUkraineMehrheitseigentümer: Rinat AchmetowUmsatz: k.A. Trikotsponsor: SCM (Holding)Spielerkader: 24Marktwert des gesamten Kaders: 147 Millionen Euro Achmetow ist Chef der Holding System Capital Management (SCM) und kontrolliert mehr als 30 Kohle- und Stahlunternehmen. Quelle: dapd
Dortmund Quelle: REUTERS
Real Madrid Quelle: dapd

Auch wenn deutsche Clubs mit ihrem Finanzgebaren als regelrechte Musterschüler dastehen, betrifft der finanzielle Raubbau jenseits der Grenzen auch sie: Europas Fußballverband Uefa will das Treiben eindämmen, indem er nun schrittweise verschärfte Finanzregeln einführt. Die wichtigsten Punkte:

  • Break-even-Regel: Die jährlichen Einnahmen, die der Club aus dem Fußballspiel erzielt – Eintrittsgelder, Spielertransfers, Werbung, TV-Erlöse – müssen die Ausgaben übertreffen. Investitionen in Sachanlagen wie Stadien oder Nachwuchsakademien sind jedoch ausgenommen.
  • Schuldengrenze: In den Spielzeiten 2011/12 und 2012/13 dürfen Clubs noch Verluste bis zu 45 Millionen Euro machen, wenn ein Investor diese ausgleicht. Danach sinkt die Schuldengrenze auf 30 Millionen Euro innerhalb von zwei Spielzeiten und soll noch weiter nach unten gedrückt werden. Auf wie viel genau, ist noch nicht bekannt. Fest steht, dass die Uefa erste Sanktionen im nächsten Winter aussprechen will. Der Verband wird jedoch bereits ein Absinken der Schulden honorieren und "die Gesamtsituation" begutachten.

"Financial Fair Play ist überlebensnotwendig"

"Das Prinzip", sagt Gianni Infantino, Generalsekretär der Uefa, "ist nicht weltbewegend: Du sollst nicht mehr ausgeben als einnehmen." Die Sanktionen reichen vom Verbot, neue Spieler zu verpflichten, bis zur Aberkennung von Meistertiteln und einem Startverbot in der Champions League.

Uefa-intern und auch bei den großen Vereinen gilt der Kampf gegen das Finanz-Doping als mindestens ebenso wichtig wie die Abwehr organisierter Wettbetrüger. So gravierend die Manipulationen auch sind, langfristig birgt das Finanzthema mindestens ebenso viel Sprengstoff. "Financial Fair Play ist überlebensnotwendig, um im Fußball ein Horrorszenario wie in der Euro-Krise zu vermeiden", sagt FC-Bayern-Chef Rummenigge, der auch der europäischen Club-Vereinigung ECA vorsteh: "Wir haben heute Clubs, die hängen völlig am Tropf ihrer Mäzene."

Ob der gute Wille der Uefa reicht, ist allerdings fraglich. Denn im Fußball prallen inzwischen wie im harten Kapitalismus diametral verschiedene Interessen und Geschäftsmodelle aufeinander.

Kampf der Interessen

Auf der einen Seite stehen etwa rendite-orientierte US-Investoren hinter Manchester United und dem FC Liverpool gemeinsam mit vereinseigenen Clubs wie dem FC Bayern und Borussia Dortmund zusammen und fordern schärfere Finanzregeln – weil sie mit begrenzten Mitteln haushalten müssen.

Auf der anderen Seite agieren Oligarchen, Weltkonzerne wie Gazprom oder die Scheichs aus Katar und Abu Dhabi. Sie wissen entweder nicht, wohin mit ihren Milliarden, oder wollen Märkte erobern, egal, was es kostet. Sie fürchten deshalb, die neuen wirtschaftlichen Fair-Play-Regeln könnten den Status quo erhalten und Etablierte wie Manchester United, Real Madrid oder den FC Bayern vor Emporkömmlingen schützen. Scheich Al-Khelaifi, Chef des neureichen Paris Saint-Germain, sagt: "Wir werden weiter investieren – andere tun das seit 20 Jahren. Wir sind erst seit anderthalb Jahren dabei und sollen aufhören, Geld auszugeben? Das ist unfair."

Fußball wird vom Sport zum Business

Daher rüsten die Geldprotze, ehe die Regeln voll greifen, ihre Teams auf: ob mit zigmillionen dicken Finanzspritzen, hoch dotierten Werbeverträgen, Trikotsponsoring und Tourismuswerbung. Vereine wie der Katar-Club Paris, Manchester City mit Scheich Mansour aus Abu Dhabi im Kreuz oder der von Gazprom finanzierte Club Zenit St. Petersburg werden zu Prüfsteinen, wie ernst es die Uefa mit ihren eigenen Regeln nimmt.

Verbandspräsident Michel Platini, einst selbst ein gewiefter Kicker, tänzelt auf Stollenschuhen durch ein Minenfeld.

Jahrzehntelang war Fußball mehr Sport als Business. Das änderte sich dramatisch ab Mitte der Neunzigerjahre.

Spielergehälter steigen immer weiter

Den Anpfiff zum Milliardenspiel gab 1995 der Europäische Gerichtshof mit seinem sogenannten Bosman-Urteil, benannt nach dem belgischen Fußballprofi Jean-Marc Bosman. Die Richter kippten die bislang gültigen Transferregeln, indem sie urteilten, ein Fußballprofi dürfe nach Ablauf seines Arbeitsvertrags ablösefrei den Verein wechseln. Die Folge war, dass Spielergehälter und Ablösesummen, die Vereine zahlen müssen, wenn sie einen Profi aus einem laufenden Vertrag herauskaufen wollen, dramatisch stiegen. Damit setzte sich europaweit eine Gehalts- und Verschuldungsspirale der Vereine in Gang.

Gleichzeitig flossen mit dem Aufkommen der privaten Fernsehsender immer höhere Einnahmen durch Übertragungsrechte in die Clubkassen. So verfünffachten sich in Deutschland allein zwischen 1992 und 2002 die Erlöse aus der TV-Vermarktung von 74 Millionen Euro auf 358 Millionen Euro. Ab der kommenden Saison überweist allein der Bezahlsender Sky jährlich gut 500 Millionen Euro an die Liga.

Zum regelrechten Finanzturbo wurde die Champions League mit den besten Teams Europas, die ebenfalls Mitte der Neunzigerjahre die Uefa erfand. "Mit der Champions League haben sie ein Monster geschaffen", sagt Philipp Grothe, der in London die Sportvermarktungsagentur Kentaro führt. Die Übertragungsrechte der Königsklasse brachten noch mehr ein.

Das wirtschaftliche Risiko steigt

Zugleich lockten 100 Millionen Zuschauer und mehr vor den Fernsehern globale Unternehmen an, für sich auf Banden oder Trikots zu werben. Erfolgreiche Vereine koppelten sich finanziell immer mehr vom Rest ihrer Ligen ab. Gleichzeitig wuchs das wirtschaftliche Risiko: Wer scheitert und aus der höchsten Klasse fliegt, dem fehlen schnell die Einnahmen, seine teuren Kicker weiter zu finanzieren.

Der Einnahmen-Booster Champions League führte auch dazu, dass sich Investoren wie die Fliegen auf Englands Premier League stürzten. Vereine wechselten reihenweise so lange die Besitzer, bis alle wichtigen Clubs heute Investoren gehören. "Die Premier League ist die investorenfreundlichste Liga der Welt", sagt Sportvermarkter Grothe. "Für Engländer ist es inzwischen ganz normal, wenn Investoren sich an einem Club beteiligen oder ihn übernehmen." Anders als in Deutschland existiert in England keine Beschränkung wie die 50+1-Regel. Die sorgt dafür, dass der Mutterverein stets mehr als die Hälfte der Stimmrechte an seinem Profi-Ableger hält. Damit lässt die Bundesliga zwar einen Verkauf von Clubanteilen an Investoren zu, aber nur bis unter 50 Prozent.

Englische Clubs werden Kapitalsammelstellen

Die umsatzstärksten Fußballclubs der Welt
Platz 10: FC Schalke 04 Quelle: REUTERS
Platz 9: FC Liverpool Quelle: dapd
Platz 8: Inter Mailand Quelle: dpa
Platz 7: AC Mailand Quelle: dpa
Platz 6: FC Chelsea Quelle: dpa
Platz 5: Arsenal London Quelle: dapd
Platz 4: FC Bayern München Quelle: dpa

Die Regel hat zwar nicht verhindert, dass bei der TSG Hoffenheim SAP-Milliardär Dietmar Hopp das Sagen hat. Auch Clubs wie der VfL Wolfsburg, hinter dem der VW-Konzern steht, sowie Bayer Leverkusen mit dem örtlichen Chemieriesen im Rücken hängen an potenten Geldgebern. Doch abgesehen vom Zweitligisten TSV 1860 München, bei dem ein Geschäftsmann aus Kuwait 49 Prozent der Stimmrechte besitzt, bleiben Großinvestoren aus dem Ausland in der Liga außen vor.

Die traditionsreichen englischen Clubs hingegen haben es geschafft, sich zu globalen Kapitalsammelstellen zu mausern. "Asiatische Geschäftsleute stecken ihr Geld lieber in Vereine wie West Bromwich oder Wigan Athletic, weil die in China oder Indien immer noch bekannter sind als das Gros der deutschen Clubs", sagt Sportvermarkter Grothe. Die Folgen für die Startbedingungen der Vereine sind gravierend. Die Bundesliga etwa kehrt mit dem Verkauf der internationalen Fernsehrechte an ihren Spielen 75 Millionen Euro pro Jahr zusammen. Im Vergleich dazu ist die englische Premier League eine wahre Geldmaschine.

Selbst der Tabellenletzte kassiert ab

Allein der Drei-Jahres-Vertrag mit dem US-Sender NBC beschert den Spitzenteams über 250 Millionen Dollar. In der Summe kassiert die Premier League ab 2014 im In- und Ausland über einen Vierjahreszeitraum mehr als fünf Milliarden Pfund von TV-Sendern, rund 1,5 Milliarden pro Jahr – mehr als das Doppelte der vergleichbaren Einnahmen der Bundesliga.

"In England kann man schon einen Verein kaufen, der in der Tabelle weiter unten rangiert, und hat dennoch sichere TV-Erlöse", sagt Experte Grothe. Dank des Verteilschlüssels kassiert selbst der Tabellenletzte mit zuletzt rund 40 Millionen Pfund mehr Geld aus dem TV-Topf als die Bundesligaspitze aus Bayern und Dortmund.

Sponsoring fördert den Ruf

"Fußball ist ein Geschäftsfeld mit regelmäßigen Zahlungsströmen", sagt Frank Koch, Anwalt in der Wirtschaftskanzlei Taylor Wessing, über die englischen Verhältnisse. "Das ist für Investoren interessant." Hinzu kommen Glamour und die Aussicht auf einen guten Ruf bei den Massen. So soll Thailands umstrittener Ex-Ministerpräsident Thaksin Shinawatra 2007 bei Manchester City eingestiegen sein, um sein ramponiertes Image zu verbessern.

Die Liste jener, die auf diese Weise immer mehr Vereine und schließlich auch die Uefa gegen sich aufbrachten, ist lang. Der Prominenteste ist der russische Oligarch Roman Abramowitsch, der für rund 210 Millionen Euro den FC Chelsea kaufte und den Club mit seinen Milliarden 2012 zum Sieg in der Champions League führte. Wirtschaftlich gilt der Verein inzwischen als schuldenfrei, nachdem Abramowitsch die aufgelaufenen Verbindlichkeiten in eine Dachgesellschaft auslagerte.

Wettkampf der Investoren

Der Russe tummelt sich in bester Gesellschaft. Spielt sein Club gegen Manchester United, sitzt mit ihm der US-Investor Malcolm Glazer auf der Tribüne, der den Kultclub 2005 erwarb. Gegen die Queens Park Rangers verfolgt auch der indische Stahlbaron Lakshmi Mittal das Match, dem ein Drittel der Rangers gehört; die Mehrheit hält der malaysische Luftfahrt-Unternehmer Tony Fernandes.

Selbst der 2010 verstorbene deutsch-schweizerische Industrielle Markus Liebherr hatte sich 2009 einen englischen Club gekauft, den FC Southampton.

Das Fass zum Überlaufen aber brachten US-Investoren wie Glazer, George Gillett und Tom Hicks, die englische Vereine in Heuschrecken-Manier kauften und ihnen die Kredite für die Übernahme aufhalsten. Zwar gehört Glazers Elf Manchester United zu den erfolgreichsten der Liga mit Spielergehältern, die heute weniger als 50 Prozent des Vereinsumsatzes ausmachen. Beim Lokalrivalen Manchester City, wo Scheich Mansour aus Abu Dhabi 2008 Thaksins Anteile kaufte, verschlangen die Salärs der Kicker jedoch zuletzt 14 Prozent mehr, als der Club einnahm.

Clubs geben mehr aus, als sie einnehmen

Fußball derart als Spielball für Finanzzocker, das ging der Uefa schließlich zu weit. Damit werden die Zeiten künftig rauer für Teams wie Manchester City, Paris oder auch Schachtar Donezk, die aus ihrem laufenden Geschäft kaum die sagenhaften Kosten decken können, die teure Spieler verursachen. Der Gazprom-Club Zenit St. Petersburg etwa steckte gut 80 Millionen Euro in den Kauf von zwei Stürmern. Allein 50 Millionen Euro gingen für den Brasilianer Hulk drauf, den teuersten Transfer des vergangenen Sommers.

Ähnlich wie Gazprom werfen die Araber mit Geld nach Spielern. Seit die Milliardäre aus dem Morgenland am Spielfeldrand aufgetaucht sind, hat sich die Geldspirale um weitere Windungen gedreht. "Das ist jetzt ein völlig anderes Spiel, eine ganz andere Liga", sagt Szenekenner Grothe. Die Investitionen der Kataris seien nicht mehr mit denen der US-Investoren zu vergleichen. Die haben "die tieferen Taschen". Für sie sei Fußball "ein strategisches Werkzeug unter mehreren, um ihr ganzes Land umzubauen und auf neue Füße zu stellen."

Höhere Einnahmen durch Erfolge

Vor diesem Hintergrund ist zweifelhaft, ob die Uefa-Regeln tatsächlich Fair Play und damit die Chancengleichheit fördern. Denn die Erfolge der vergangenen Saison nähren die Einnahmen der laufenden Spielrunde und damit die sportlichen Chancen der Clubs: Chelsea etwa kassierte für das gewonnene Champions-League-Finale gegen den FC Bayern im vergangenen Mai fast 60 Millionen Euro von der Uefa. Der FC Bayern kam immerhin noch auf knapp 42 Millionen.

Zusätzlich wurde Gazprom Sponsor von Chelsea und dürfte mit der Geldspritze dafür sorgen, dass die Londoner den Fair-Play-Radar auf dem Papier einhalten. Ironie der Geschichte: Chelsea-Eigentümer Abramowitsch hatte den größten Teil seines Vermögens 2005 mit dem Verkauf seiner Anteile am russischen Mineralölkonzern Sibneft gemacht. Der Käufer damals: Gazprom. Wie genau die Uefa den Sponsorvertrag beäugen wird, muss sich zeigen. Die Verbandsoberen hatten im Sommer selber einen Vertrag mit Gazprom geschlossen, der den Konzern drei Jahre lang zu einem von sechs Werbepartnern der Champions League macht.

Misstrauen gegenüber den Arabern

Welche Fußballclubs ihre Sponsoren glücklich machen
Platz 20Die Wolfsburger landeten auf Platz 20. Auch Sponsor VW kann dem VfL offenbar nicht dabei helfen, über sein dauerhaft mieses Image hinwegzukommen. In einer weiteren Studie des Marktforschungsinstut mafo.de verbanden die Befragten den Verein mit Schlagworten wie „Söldnerverein“ und „Geld“.Markenindex: 39,82 Quelle: dpa
Platz 24Für den FC Augsburg wird es schwer, hochzukommen. Trotz Aufstieg in die erste Liga reicht es für die Augsburger nur für den vorletzten Platz. Keine Überraschung also, dass Augsburgs Marcel De Jong sich schon vor Scham auf den Boden wirft. Auch Sponsor AL-KO wird sich darüber kaum freuen können.Markenindex: 38,22 Quelle: dapd
Platz 16Der FC Freiburg hat die Wende geschafft. In der Hinrunde noch Tabellenletzter liegen die Freiburger jetzt im Mittelfeld. Das gilt auch für das Ranking der bekanntesten und beliebtesten Fußballvereine Deutschlands.Markenindex: 43,32 Quelle: dapd
Platz 13Der 1. FC Kaiserslautern hat den Abstiegskampf verloren. Bei der Markenmeisterschaft landet der Verein trotzdem noch im Mittelfeld. Dort tümmeln sich auch andere erfolgslose Vereine.Markenindex: 44,72 Quelle: dpa
Platz 14Kein Grund zur Freude auch bei Maskottchen Herthinho und Roman Hubnik: Die Hertha hätte sich wohl einen besseren Platz erhofft. Da ist vielleicht auch für Trikotsponsor Deutsche Bahn der Zug bald abgefahren.Markenindex: 44,48 Quelle: dpa
Platz 18Vielleicht hatte 1899 Hoffenheim einfach noch nicht genug Zeit, sich ein gutes Image zu erarbeiten. Mit dem „Retortenklub“-Ruf im Rücken ist das aber auch nicht einfach. Der Schriftzug des Solarherstellers Suntech brachte die Spieler bisher auch noch nicht zum strahlen. Da hilft nur: Am Ball bleiben.Markenindex: 41,96 Quelle: dpa
Platz 15Torjubel bei den Hannoveranern Jan Schlaudraff (l.) und Karim Haggui. In der Bundesliga liegt Hannover 96 aktuell auf Platz 7, auf das Markenranking färbte das jedoch nicht ab.Markenindex: 44,35 Quelle: dpa

Die Gazprom-Connection ist nicht die einzige enge Verbindung der Uefa mit Geschäftspartnern, die Zweifel an einer harten Durchsetzung der neuen Regeln nähren. Dies gilt auch für den Einstieg der Katari bei Paris Saint-Germain über deren Firma Qatar Sports Investment (QSI). Zum QSI-Management gehört nämlich ausgerechnet Laurent Platini, der Sohn des Uefa-Präsidenten. Der Verbandschef selbst, der heute über das Fair Play wachen soll, war im November 2010 bei einem Abendessen im Élysée-Palast zu Gast, bei dem Frankreichs damaliger Staatspräsident Nicolas Sarkozy Scheich Tamim Al-Thani aus Katar sowie die Eigner von Paris Saint-Germain begrüßte.

Ein halbes Jahr später stimmte Uefa-Chef Platini für Katar als Ausrichter der Fußball-WM 2022; im Sommer darauf stiegen die Araber bei Paris Saint-Germain ein, und Katars Fernsehsender Al Jazeera kaufte die französischen Übertragungsrechte.

Seitdem schaut die Fußballwelt mit Argusaugen auf die Aktivitäten der Araber. Der erste Lackmustest gilt dem Vertrag zwischen Paris Saint-Germain und der Tourismusbehörde von Katar, der die Kicker zu Urlaubswerbern macht.

Uefa-Regeln werden nur auf dem Papier erfüllt

Die Dienste sollen Paris Saint-Germain angeblich rückwirkend zum vergangenen Sommer bis 2016 jährlich 150 Millionen Euro einbringen. Das wäre doppelt so viel, wie der Verein 2010/11 einnahm. Für Kenner der Szene riecht das nach gezielter Camouflage, um dem Club zu Einnahmen zu verhelfen und auf dem Papier die Uefa-Regeln zu erfüllen.

Kritik musste bereits Manchester City von den anderen Clubs auf der Insel einstecken. Anlass war ein Sponsoringvertrag mit der Fluggesellschaft Etihad, wie die Club-Eigner aus Abu Dhabi. Darin garantieren die Araber dem Verein mehr als 400 Millionen Pfund innerhalb von zehn Jahren. Nun muss die Uefa mit Druck von Investoren anderer Clubs rechnen.

Damit steht die Uefa vor einem Dilemma. Will sie ernsthaft gegen Manchester oder Paris vorgehen, muss sie nachweisen, dass die Deals zu überhöhten Preisen abgeschlossen wurden. Das stellt die Verbandsanwälte jedoch vor eine Herausforderung. Und eine Niederlage in einem Rechtsstreit, meint Jurist Koch, werden die Regelhüter kaum riskieren wollen: "Das würde einen Präzedenzfall setzen."

Tatsächlich sei "ein ganzes Heer von Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten damit beschäftigt, nach Schlupflöchern und Ausnahmen zu stöbern, damit weiter groß investiert werden kann", sagt Koch. Dadurch droht die Uefa in Arbeit zu versinken. "Das ist ein immenser Aufwand", so Koch, "die Uefa bekommt die Buchhaltung von knapp 600 Vereinen vorgelegt."

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