Geschäftsschließungen Mit dem Bubble-Tea-Hype in die Pleite

Bubble Tea war das Kultgetränk des Sommers 2012. Doch die Nachricht, das Getränk sei krebserregend, hat die Kunden abgeschreckt. Inzwischen ist klar, dass es sich um eine Falschmeldung handelt, die etliche Läden in die Pleite getrieben hat. Die Unternehmen Bobo Q und Possmei ziehen vor Gericht.

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Die Bubble-Tea-Blase
Noch ist Bubble Tea ein lukratives Geschäft. Für die Grundausstattung eine Bubble-Tea-Shops sind nötig: - Eiswürfelmaschine - Kostenpunkt rund 2225 Euro - Folienschweißer für rund 900 Euro - Mixer für etwa 1350 Euro - Shaker für rund 900 Euro. Summa summarum muss ein Gründer mit mindestens 5500 Euro Investition allein für Geräte rechnen. Dazu kommen die Verbrauchsmaterialien. Den Händler kosten Becher und Zutaten netto 52 Cent, den Konsumenten 3 bis 4 Euro. Quelle: Fotolia
92 Läden betreibt allein die Franchisekette BoboQ in Deutschland und ist damit Marktführer. Auch McDonald’s bietet das Getränk in 800 Filialen an. Der deutsche Franchiseverband ist skeptisch und lehnt eine Aufnahme von Bubble-Tea-Ketten ab. Er fürchtet einen Absturz nach dem Hype wie beim Sandwich-Händler Subway. Erste Anbieter haben bereits die Segel gestrichen, andere ködern Kunden mit Preisen von einem Euro pro Becher – bei Kosten der Zutaten in Höhe von 52 Cent. Quelle: Screenshot
14632 Kombinationen ergeben sich aus der Liste der Zutaten, die der taiwanische Possmei-Konzern an deutsche Betreiber von Bubble-Tea-Bars liefert. Possmei ist der weltweit führende Hersteller von Basispulver und Kugeln. Quelle: Screenshot
167 Becher Bubble Tea trinkt ein Durchschnitts-Taiwanese im Jahr. Erfunden wurde das Getränk 1983, als ein Teeladenbetreiber in Taichung auf Taiwan Tee, Milch, Sirup und Eiswürfel mischte. Später kamen drei Sorten Perlen, die Bubbles, dazu. Eine Sorte besteht aus Tapioka, einer aus Maniokwurzeln gewonnenen Stärke, dann Geleewürfel und zuletzt Kugeln aus der Molekularküche: Mit Natriumalginat angereicherter Saft wird in ein Bad aus Wasser und Kalziumchlorid gespritzt. So bilden sich die innen flüssigen, außen festen Perlen. 2010 öffnete in Berlin der erste Bubble-Tea-Shop Deutschlands. Quelle: dapd
Bubble Tea ist nichts für Kleinkinder. Das Bundesverbraucherministerium mahnt Eltern zur Vorsicht. Kinder bis zu vier Jahren können sich an den Sirupperlen im Tee verschlucken. Das hat eine Prüfung des Bundesinstituts für Risikobewertung ergeben. Quelle: dapd
Bubble Tea ist eine echte Zuckerbombe. Im Vergleich zu Milch, Bier, Furchtsaft, Schorle und sogar Cola hat Bubble-Tea am meisten Kalorien. Den unnötig hohen Zuckergehalt kritisiert auch die Stiftung Warentest. 1= alkoholfreies Bier2 = maximaler Wert

Wer an heißen Tagen des vergangenen Sommers durch Deutschlands Innenstädte lief, wurde von langen Schlangen vor vereinzelten Läden überrascht. Heraus kamen Menschen, die mit dicken Strohhalmen Eistee aus Plastikbechern schlürften, an dessen Boden sich bunte Kügelchen aufeinander türmten. Das Kultgetränk Bubble Tea hatte das hippe Berlin hinter sich gelassen und auch in Städten wie Münster, Saarbrücken und Freiburg seine meist jugendlichen Fans gefunden.

In dieser Zeit, Anfang Juli, schloss sich auch Katharina Richardson einem Franchise-Unternehmen an und eröffnete einen Bubble-Tea-Shop in Saarbrücken. „Wir haben unser Geschäft direkt an einer Hauptverkehrsstraße nahe einer Schule aufgemacht“, sagt Richardson. Die Voraussetzungen seien ideal gewesen. „Viele Kinder kamen vorbei, und auch Pendler von außerhalb hielten an, um sich einen Bubble Tea zu kaufen“, erzählt sie. Wie in den meisten Shops in Berlin, beschränkte sich auch Richardson in Saarbrücken auf das Kultgetränk. Andere Produkte verkaufte sie zunächst nicht.

„Die ersten zwei Monate haben wir sehr gute Umsätze gemacht“, sagt die gelernte Arzthelferin. Etwa 5000 Euro im Monat landeten in der Kasse. Nach Abzug für die Miete, das Gehalt für die beiden Teilzeitkräfte und die Produktkosten sei eine ordentliche Summe übrig geblieben.

Gesundheitsschädliche Stoffe

Dann, am Nachmittag des 22. August, tauchte eine Nachricht in den deutschen Online-Medien auf, die alles verändern sollte. Danach hatten Wissenschaftler der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) in Aachen in einem Mönchengladbacher Bubble-Tea-Geschäft neun Proben der bunten Kugeln untersucht. In ihnen hatten die Forscher scheinbar PBC-ähnliche Stoffe nachweisen können, die das Krebs-Risiko stark erhöhen.

"Dabei handelt es sich besonders um die gesundheitsschädlichen Stoffe Styrol, Acetophenon und bromierte Substanzen, die in Lebensmitteln nichts zu suchen haben", sagte damals Manfred Möller vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin am Uniklinikum Aachen, das gemeinsam mit dem Laborinstrumente-Hersteller Leco die Untersuchung durchführte. Dabei gilt Acetophenon gilt als unerwünschtes Nebenprodukt etlicher Herstellungsprozesse und soll Allergien auslösen.

Wie hoch die Konzentration der gesundheitsgefährdenden Stoffe war, konnten die Wissenschaftler jedoch damals schon  nicht sofort beantworten, da es sich bei der Analyse um eine qualitative Stichprobe, aber nicht eine quantitative Erhebung handelte. Später stellten sich die Ergebnisse als falsch heraus.

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