Glamping Das Geschäft mit den Luxuscampern

Früher reichten ein einfaches Zelt, ein Schlafsack und die pure Natur. Um mehr Kunden zu gewinnen, rüsten die Platzbetreiber auf und bieten Luxusausstattung. Doch Deutschland hinkt beim „Glamping“-Trend hinterher.

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Ein Luxuszelt mit Badewanne und Himmelbett: „Glamping“ kommt in Deutschland nur langsam voran. Quelle: dpa

Berlin Statt auf dem Boden liegen die Camper in Himmelbetten, haben eigene Toiletten und Küchen im Zelt, selbst das Frühstücksbrötchen bekommen sie geliefert. Was früher als Billigurlaub für Spontanreisende galt, ist heute eine hart umkämpfte Branche. „Glamping“ – glamouröses Camping – ist in Europa seit einigen Jahren im Trend. Nur die Deutschen finden erst allmählich Gefallen daran.

„Camping ist immer noch mit vielen Klischees verbunden: Mücken, versiffte Duschen und jede Menge Bier“, sagt Jeroen Callewaert von der Plattform Vacansoleil. Europaweit bietet das Portal rund 450 „Glampingplätze“ an, in Deutschland sind es jedoch lediglich 13.

Nur zögerlich investieren die Betreiber der Campingplätze in Golfplätze, 24-Stunden-Service oder Pool-Anlagen. „Viele Campingplätze haben noch keine „Glamping“-Standards. Ein Pool ist zum Beispiel in unserem Angebot Pflicht. „Glamping“ ist in Deutschland immer noch ein Nischenprodukt“, berichtet Callewaert.

Normale Campingplätze erreichen beinahe jedes Jahr neue Bestwerte. Insgesamt verzeichneten die Betreiber nach Angaben des Bundesverbandes der Campingwirtschaft 2015 mehr als 29 Millionen Übernachtungen – das waren 4,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Acht Prozent aller Deutschen geben laut dem Statistischen Bundesamt an, im Sommer das Zelt dem Hotel-Pool zu bevorzugen – am liebsten in Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen.

Luxus und Hotelservice sind dennoch nur an wenigen Plätzen in Deutschland Standard. Die Campingbetreiber hätten besonders in den vergangenen fünf Jahren an der Qualität ihrer Plätze gearbeitet, sagt Viktoria Groß vom Deutschen Camping Club (DCC), der rund 110.000 Campingtouristen zu seinen Mitgliedern zählt. Nur an ausgewählten Campingplätzen gibt es WLAN, Flachbildschirme oder Gourmetköche, die am Lagerfeuer Mehr-Gänge-Menüs zubereiten.


Rund 1.500 Euro pro „Glamping“-Familie

Gründe für das Umdenken seien lange Schlechtwetter-Perioden in Südeuropa oder Terrorgefahr an beliebten Reisezielen, sagt Groß. Vielen wollten deshalb nicht mehr lange um Voraus buchen, sondern lieber von heute auf morgen etwa mit ihren Wohnmobilen losziehen.

Trotzdem wollen etliche Camping-Urlauber nicht auf den Komfort der Hotels verzichten. Darauf setzen auch die Betreiber und Outdoor-Hersteller mit immer ausgefalleneren Angeboten: Fest installierte Holzhäuser in Fassform oder riesige Luxus-Wohnmobile mit eingebautem Whirlpool am Dach sind gefragt. „Campen und nebenan der eigene Golfplatz oder auch ein eigener Spa-Bereich – dabei hätte man vor ein paar Jahren noch den Kopf geschüttelt“, sagt Groß.

Dafür seien die Deutschen auch bereit, einiges auszugeben. Ließ ein Urlauber laut einer Studie noch vor zehn Jahren durchschnittlich knapp 27 Euro am Tag auf dem Campingplatz, waren es 2010 schon knapp 46 Euro. Heute sind es bis zu 70 Euro, schätzt Groß. Bei Anbietern wie Vancansoleil ist es sogar das Doppelte. Im Schnitt gibt eine „Glamping“-Familie rund 1.500 Euro für eine Woche in einem 80 Quadratmeter großen Safarizelt aus.

Zur wichtigsten Zielgruppe zählen die Familien – doch auch Skeptiker würden immer mehr Gefallen am „Glamping“ finden. „Durch das „Glamping“ kommen Menschen mit Camping in Berührung, die sonst damit nichts anfangen konnten“, erklärt Groß. „Die meisten wollen es einfach mal ausprobieren, langfristig aber sind die Deutschen noch weit entfernt, „Glamper“ zu sein. Dafür sind sie zu naturverbunden.“

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