Gute Markennamen erfinden Was wir nicht direkt verstehen, finden wir gut

Markennamen sind überall: Wir definieren uns darüber, ob wir Audi oder BMW fahren, Coca-Cola oder Pepsi trinken, ein iPhone oder ein anderes Smartphone nutzen. Wie Profis Produktnamen erfinden, die uns packen.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Wie Marken- und Produktnamen entstehen. Der Kreative Prozess zur Findung von

Entweder es schmeckt oder es schmeckt nicht. Wer wirklich glaubt, an diesem einfachen Grundsatz entscheidet sich, was wir im Supermarkt erneut kaufen, irrt. Das sagt zumindest Sybille Kircher. Es entscheidet noch etwas anderes darüber, ob wir nochmals zugreifen oder nicht: der Name.

Die Molkerei Müller hatte solche Molke-Fruchtgetränke im Angebot, mit dem simplen Namen „Drink“. „Das war aber zu normal, das hat sich kein Mensch gemerkt“ sagt Kircher. „Inzwischen heißt das Produkt „Fructiv“ und verkauft sich aus dem Regal heraus sehr gut, obwohl keine spezielle Werbekampagne seit der Umbenennung geschaltet wurde.“

Die peinlichsten Produktnamen
In Windeseile: Durch einen Namen wie "Vento" wird ein eigentlich ganz nüchterner Volkswagen in den frühen 90er Jahren in manchen Ländern zum "Furz" auf Rädern. Quelle: Presse
Audi A3 e-tron Quelle: AP/dpa
Mitsubishi Pajero Quelle: dpa/dpaweb
Wenig Gespür bewies Mazda mit dem "Laputa" zumindest für den iberischen Markt Quelle: Presse
Noch ein Beispiel aus Spanien: Lada (hier im Bild) und Chevrolet waren bei den Modellen Nova (No va = "Geht nicht") nicht gerade kreativ. Quelle: Presse
Der Mazda MR2 brachte Franzosen zum Lachen, denn "MRdeux" ausgesprochen erinnert das Modell doch stark an den Begriff "merde" = Scheiße. Quelle: Creative Commons
Und ob ein Auto wirklich Cedric heißen muss, ist auch fraglich. Nissan scheint jedenfalls überzeugt. Auf einen BMW Horst dürften die Kunden allerdings lange warten müssen.Quelle: Mi-ta'smetro Quelle: GNU

Kircher entwickelt als Deutschland-Geschäftsführerin der Agentur Nomen im großen Stil Namen für Produkte und Unternehmen – vom Molkegetränk über Autos bis hin zu ganzen Banken. Die Namensexpertin weiß um die Bedeutung der Marken – und deren Wirkung.

Über die Wirkung eines Namens kann auch Stephan Grünewald berichten. Der Geschäftsführung des Marktforschungsinstituts Rheingold hat selbst erlebt, was ein Name ausmachen kann. „Lange Zeit hieß unser Institut IFM Köln – viel zu technokratisch und austauschbar. Rheingold ist prägnanter und zeigt, dass das Gold beziehungsweise die Erkenntnis in der Tiefe schlummert und psychologisch gehoben werden muss“, so Grünewald. „Innerhalb eines Jahres nach der Umbenennung hat sich unser Umsatz verdoppelt, ohne, dass wir etwas an unserer Dienstleistung geändert hätten.“

1. Merkwürdig

Das Erfolgsrezept für einen guten Namen ist leicht umschrieben, aber schwer umzusetzen. „Ein Name bleibt hängen, wenn er auffällt und man sich bewusst oder unbewusst mit ihm beschäftigt“, sagt Kircher. „So ist die Chance höher, sich Namen und Produkt zu merken, als wenn man anhand eines beschreibenden Namens sofort weiß, worum es sich handelt – und den Namen sofort wieder vergisst.“

Die wertvollsten Markennamen der Welt

Ein Getränk „Drink“ zu nennen ist also viel zu einfach. In einem Umfeld wie dem Supermarkt, in dem man nur von Markennamen und -logos umgeben ist, hat der den Erfolg, der beim Kunden hängen bleibt. Gerade, wenn er etablierten Namen wie Coca-Cola, Tempo, Zewa oder Pampers im Regal liegt.

„Letztlich muss ein Name im wahrsten Sinne des Wortes etwas Merkwürdiges haben“, bestätigt Markus Lindlar, der sich mit seiner Kölner Agentur Nambos ebenfalls professionell Namen ausdenkt und prüft. Für Lindlar ist es wichtig, mit einem Namen die Emotionen anzusprechen. „Die Emotionalisierung ist der Anker im Gehirn“, sagt der Sprachwissenschaftler. „Ein Name wie „Zalando“ ist mit dem „Z“ am Anfang sicher ungewöhnlich, klingt aber mediterran – was wir meist mit Sonne, Urlaub und Entspannung verbinden. Zusammen mit der auffälligen Kampagne hat Zalando einen Maßstab gesetzt.“

2. Auffällig

Sind zwei Produkte oder Dienste fast identisch, kann die Marke – und das Markenversprechen – den Unterschied ausmachen, sagt Marktforscher Grünewald. „Die Zigaretten von West und Marlboro sind nachweisbar nicht zu unterscheiden. Marlboro inszeniert den Markennamen aber deutlich besser“, so Grünewald. „Im Schriftzug sind das „l“ und „b“ größer als das „M“ – das versinnbildlicht den Ausbruch, der aber durch das rote Dach auch wieder eingefangen wird. Der ‚bedachte‘ Ausbruch trifft die Sehnsucht vieler Raucher.“

Ein Wegweiser durch den Marken-Dschungel
Sitz von Unilever in den Niederlanden Quelle: dpa
Coca-Cola-Flaschen Quelle: REUTERS
Produkte von Kellogg´s Quelle: Reuters
Geschäftssitz von Procter&Gamble Quelle: AP
Schriftzug von Johnson&Johnson Quelle: AP
Jemand spielt World of Warcraft Quelle: REUTERS
Logo von Kering Quelle: dpa

3. Klangvoll

Die Optik des Schriftzuges und des Logos sind das eine, die Aussprache des Namens das andere. „Der Name ist das einzige Mittel am Produkt, das man ausspricht. Deshalb ist die Phonetik wichtiger als die Schreibweise“, sagt Kircher. „Dennoch ist es wichtig, dass der geschriebene Name gut gelesen werden kann und klar ist, wie er ausgesprochen werden soll. Wenn man sich nicht traut, einen Namen auszusprechen, ist es schlecht.“

4. Zutreffend

Um einen Markennamen inszenieren zu können, braucht man erst einmal einen guten Vorschlag. Und das ist echte Detailarbeit. „Die Entwicklung eines Namens ist ein individueller Prozess“, sagt Lindlar. „Wir haben keine Software oder Datenbanken, in der tausende ungenutzte Namen liegen. Es ist vielmehr eine Mischung aus Handwerk und Kreativität.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%