Bei dem Prozess ging es auch um den Umgang mit Geschäftsgeheimnissen. Jetzt sind sie in einer Situation, in der Sie wieder einige Daten und Geschäftsstrategien teilen müssen. Ist das nicht schwierig?
Winkelmann (lacht): Sollen wir darauf eingehen?
Dirk Reiche (Parcellock): Die Antwort ist da ganz einfach: Da gibt es die klare Vorgaben von der Kartellbehörde. Die Daten gehören zum Hoheitsbereich der Parcellock GmbH, also dem Gemeinschaftunternehmen, und dürfen auch nicht weitergegeben werden.
Back (GLS): Parcellock hat nur die Informationen der Nutzer der Paketkästen. Ansonsten hat sie keine Informationen, auch keine Kundendaten der einzelnen Paketdienstleister.
Herr Reiche, als Geschäftsführer von Parcellock müssen Sie auch zwischen den Gesellschaftern schlichten. Wie gut sind ihre Fähigkeiten als Vermittler?
Reiche (Parcellock): Bisher hat es gut funktioniert. Wir haben drei gemeinsame Gesellschafter, also müssen wir eine Lösung finden. Ein Patt kann es ja nicht geben.
Was war der größte Streitpunkt in der Entwicklung von Parcellock?
Back (GLS): Wir hatten sehr unterschiedliche Ansichten dazu, ob alle Lieferdienste die gleichen Gebühren für die Nutzung von Parcellock zahlen sollen. Darüber haben wir sehr lange diskutiert, auch mit dem Bundeskartellamt.
Rausch (Hermes): Für den Kunden schaffen wir den größten Mehrwert auf Basis fairer Wettbewerbsbedingungen. Und die entstehen nun mal durch die Gleichbehandlung aller Anbieter, ob im Markt oder bei einem Projekt wie dem unseren. Entsprechend sieht das Ergebnis unserer Überlegungen aus: Alle Paketdienste, die Initiatoren von Parcellock eingeschlossen, zahlen die gleichen Gebühren. Und durch die Diskussionen haben wir Erfahrung gesammelt, wie wir gut zusammenarbeiten können.
So gut sind Deutschlands Paketdienste
Zwischen Juli und September 2014 hat die Stiftung Warentest die fünf wichtigsten Paketdienste unter die Lupe genommen. Jeder Anbieter wurde zwanzig Mal auf zehn Strecken bundesweit durch die Warentester geprüft. Die Prüfer verschickten immer das gleiche 3,5-Kilo-Paket mit Tellern, Gläsern und einem Glasbilderrahmen. Die Waren waren mit Luftpolsterfolie für Stürze aus bis zu 60 Zentimeter Höhe gepolstert. Dennoch ging bei jeder fünften Sendung ein Teil des Inhalts zu Bruch. Nur bei DHL war der Inhalt aller Pakete heil geblieben, berichtet die Stiftung in der Dezember-Ausgabe des Hefts „test“.
Die Warentester bildeten ihre Gesamtnote aus der Lieferqualität (40 Prozent), der Abwicklung (40 Prozent) und der Website (20 Prozent).
Lieferqualität: Gut (1,9)
Dauer des Versands: Gut
Unversehrtheit der Sendung: Gut
Abwicklung: Befriedigend (2,9)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Ausreichend
Informationen bei Versand: Befriedigend
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Gut
Website: Gut (2,4)
Informationen, Übersichtlichkeit: Gut
Nutzungsmöglichkeiten: Gut
Umgang mit Nutzerdaten: Befriedigend
Qualitätsurteil: Gut (2,4)
Lieferqualität: Befriedigend (3,0)
Dauer des Versands: Befriedigend
Unversehrtheit der Sendung: Befriedigend
Abwicklung: Gut (1,7)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Sehr gut
Informationen bei Versand: Befriedigend
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Sehr gut
Website: Befriedigend (2,8)
Informationen, Übersichtlichkeit: Gut
Nutzungsmöglichkeiten: Befriedigend
Umgang mit Nutzerdaten: Befriedigend
Qualitätsurteil: Befriedigend (2,8)
Lieferqualität: Gut (2,1)
Dauer des Versands: Sehr gut
Unversehrtheit der Sendung: Befriedigend
Abwicklung: Ausreichend (4,3)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Ausreichend
Informationen bei Versand: Befriedigend
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Mangelhaft
Website: Befriedigend (2,9)
Informationen, Übersichtlichkeit: Gut
Nutzungsmöglichkeiten: Befriedigend
Umgang mit Nutzerdaten: Befriedigend
Qualitätsurteil: Befriedigend (2,9)
Lieferqualität: Befriedigend (2,6)
Dauer des Versands: Gut (1,6 - 2,5)
Unversehrtheit der Sendung: Befriedigend (2,6 - 3,5)
Abwicklung: Ausreichend (3,6)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Befriedigend (2,6 - 3,5)
Informationen bei Versand: Ausreichend (3,6 - 4,5)
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Ausreichend (3,6 - 4,5)
Website: Ausreichend (3,7)
Informationen, Übersichtlichkeit: Mangelhaft (4,6 - 5,5)
Nutzungsmöglichkeiten: Gut (1,6 - 2,5)
Umgang mit Nutzerdaten: Befriedigend (2,6 - 3,5)
Qualitätsurteil: Befriedigend (3,2)
Lieferqualität: Befriedigend (2,8)
Dauer des Versands: Sehr gut
Unversehrtheit der Sendung: Ausreichend
Abwicklung: Befriedigend (3,5)
Zuverlässigkeit bei Abwicklungen und Terminen: Befriedigend
Informationen bei Versand: Gut
Komfort bei Beauftragung, Zahlung, Sendungsverfolgung: Ausreichend
Website: Ausreichend (3,9)
Informationen, Übersichtlichkeit: Ausreichend
Nutzungsmöglichkeiten: Ausreichend
Umgang mit Nutzerdaten: Ausreichend
Qualitätsurteil: Befriedigend (3,3)
Bei all dieser Erfahrung, gibt es dann bald auch andere gemeinsame Projekte, zum Beispiel einen gemeinsamen Paketshop?
Winkelmann (DPD): Stimmt, die Kooperation ist gut verlaufen. Aber trotzdem bleiben wir Wettbewerber und wollen uns auch voneinander abgrenzen. Und da sind der Kundenservice und auch die Paketshops wichtige Bereiche, mit denen wir uns durch ein besonders gutes Angebot abheben wollen.
Herr Winkelmann, Herr Rausch, bei DPD und Hermes testen Sie außerdem die Zustellung am selben Tag. Wird das bald zum Standard?
Rausch (Hermes): Richtig, wir sind seit dem Sommer an dem Start-up Liefery beteiligt, das eine taggleiche Zustellung in Ballungszentren anbietet. Noch sehen viele Empfänger für einen solchen Service zwar noch keine Notwendigkeit. Aber das ändert sich, denn die Onlineversender lösen mit ihren Angeboten dafür einen stetig wachsenden Bedarf aus. Es gibt doch bereits Kunden, die sich eine Zahnbürste mit Amazon Prime zum Folgetag bestellen – schlicht weil es so einfach ist. Wird also die taggleiche Lieferung zu moderaten Preisen für den Empfänger angeboten, wird sich auch diese bald durchsetzen.
Winkelmann (DPD): Das wäre auch für den stationären Handel eine riesige Chance. Amazon würde sich freuen, wenn es das Filialnetz von C&A oder H&M hätte, denn damit lässt sich die Zustellung am selben Tag viel einfacher bewerkstelligen. Aber die Händler sind da sehr zaghaft.
Die Paketzustellung der Zukunft
Bei der Auslieferung der Paketsendungen legen die Kunden vor allem Wert darauf, dass sie zu ihren Alltagsgewohnheiten passt: 37 Prozent der Befragten haben bereits Erfahrungen, ihre Pakete zum Wunschtermin (auch nach Feierabend) nach Hause liefern zu lassen, weitere 40 Prozent würden diese Option gerne nutzen. Die Lieferung zum Wunschtermin ist damit aktuell die erste Wahl der Verbraucher. Viele Versandhändler haben sich diesem Bedürfnis bereits angepasst.
Quelle: PricewaterhouseCoopers AG (PwC): Die Paketzustellung der Zukunft, November 2014
Laut PwC nutzt jeder vierte Deutsche heute gelegentlich bis häufig Paketstationen oder Paket-Shops verschiedener Logistikdienstleister als Zustellmöglichkeit. Rund die Hälfte der Deutschen steht dieser Lösung jedoch noch kritisch gegenüber und hat sie bisher nicht genutzt.
Als wichtigste Eigenschaften einer Paketstation gab eine klare Mehrheit der der Befragten (87 Prozent) an, dass eine Paketstation möglichst einfach und selbsterklärend zu bedienen sein muss. Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Erreichbarkeit: 72 Prozent legen Wert darauf, dass die Station mit dem Auto gut erreichbar ist, 67 Prozent zu Fuß. Außerdem sollen Pakete in allen Größen und von verschiedenen Paketdienstleistern dort gelagert werden können (83 bzw. 80 Prozent der Befragten).
Die Lieferung an den Arbeitsplatz ist für viele Arbeitnehmer eine attraktive, da zeitsparende und praktische Option, sasgt die Studie: Knapp jeder zweite Berufstätige (49 Prozent) würde diesen Service gerne nutzen. Bislang lässt sich nur eine kleine Minderheit der Berufstätigen (5 Prozent) Pakete direkt ins Büro liefern. Einen Aufpreis für diesen Service würden aber nur 7 Prozent in Kauf nehmen.
Rund ein Drittel der Deutschen wäre unter bestimmten Voraussetzungen bereit, für eine Lieferung am gleichen Tag (Same Day Delivery) einen Aufpreis von bis zu 12 Euro zu zahlen. Die taggleiche Lieferung kommt für die meisten jedoch nur für bestimmte Anlässe und in Ausnahmefällen in Frage, beispielsweise für Weihnachts- und Geburtstaggeschenke in letzter Minute. Rund zwei Drittel geben an, den Service der Lieferung am selben Tag generell nicht nutzen zu wollen; entweder aus grundsätzlichen Überlegungen oder weil sie eine Gebühr von rund 12 Euro als zu hoch empfinden.
Es gibt viele Gerüchte, dass auch Amazon bald mit eigenen Fahrzeugen in Deutschland Lebensmittel ausliefern könnte, mit seinem Service Amazon Fresh. Herr Rausch, Amazon ist einer der wichtigsten Kunden für sie, nach ihrem Mutterkonzern, dem Versandhändler Otto. Haben Sie Angst davor, dass Amazon zu ihrem Konkurrenten wird?
Rausch (Hermes): Nein, wir sind gut darauf vorbereitet, sollte Amazon damit starten. Nebenbei bemerkt: Wir arbeiten seit vielen Jahren sehr gut mit Amazon zusammen - und das wird aus unserer Sicht auch so weitergehen.
Back (GLS): Ich glaube, Amazon probiert eine Vielzahl von Dingen aus, denken Sie nur an die Drohnen. Aber Amazon setzt auch immer auf mehrere Dienstleister, ich denke nicht, dass Amazon alle seine Pakete irgendwann selbst zustellt. Wir sind die Spezialisten im Paketdienst – Amazon ist Spezialist im Versandhandel.