Hermes, DPD und GLS stellen Paketbox vor Wohin mit unseren Paketen?

Niemand hat Lust, Sendungen beim Nachbarn abzuholen. Nach der Post stellt jetzt die Konkurrenz den Paketkasten vor. Mit Packstationen, Drohnen und Zustellung zur Wunschzeit kämpfen die Lieferdienste um unsere Pakete.

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Hermes, DPD und GLS stellen Paketbox vor Quelle: Getty Images, Montage

Es wird nicht einfach für die Wettbewerber, die Deutsche Post zu übertrumpfen: "Die größte Erfindung seit dem Briefkasten", so stellte Paket-Vorstand Jürgen Gerdes vor über einem Jahr den Paketkasten der Deutschen Post DHL vor. Gewaltige Worte für eine klobige Blechkiste, die Kunden in ihren Vorgarten stellen können, damit die Postboten dort Pakete hinterlassen – jedoch nur die eigenen. Die Konkurrenten reagierten gereizt, denn für sie wollte die Deutsche Post ihre Paketkästen nicht öffnen. Aus Sicherheitsaspekten, so heißt es bei der Post.

Die Konkurrenz reagiert gereizt: "Mit ihrem Paketkasten wollte die Post andere Marktteilnehmer abschotten. Aus Kundensicht ist das keine vernünftige Lösung", regt sich Florian Gerster auf, Präsident des Verbands für Kurier- und Expresslogistik (Biek), in dem die Post-Wettbewerber organisiert sind.

Diese Wettbewerber Hermes, DPD und GLS holen nun zum Gegenschlag aus. Ein Jahr lang haben die drei Unternehmen gemeinsam an einer eigenen Paketbox für den Vorgarten gearbeitet: Parcellock heißt ihr Paketkasten, den im Gegensatz zum Post-Kasten alle Anbieter nutzen können. Auch Apotheken, der lokale Bio-Laden oder der Pizzabote können ihre Lieferung in der Box abladen, wenn die Parcellock-Besitzer sie per App freischalten. Dafür zahlen die Lieferdienste allerdings eine Gebühr. „Jeder zahlt das gleiche, auch die Post“, sagt GLS-Geschäftsführer Rico Back. „Wir glauben, das wir mit Parcellock den Marktstandard geschaffen haben."

Ab nächstem Sommer soll die Parcellock-Box erhältlich sein. Für Hermes, DPD und GLS ist das Projekt eine Hoffnung: Mit der für alle Anbieter offenen Box wollen sie endlich den Marktführer Post, der nach eigenen Angaben 43 Prozent Marktanteile im Paketgeschäft hat, endlich zurückdrängen.

So gut sind Deutschlands Paketdienste

Der Wettkampf findet in unseren Vorgärten statt. Jeden Tag bringen die Zusteller mehr und mehr Pakete bis vor unsere Haustür. "Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland fast 3 Milliarden Sendungen verschickt – dieses Jahr erwarten wir einen weiteren Anstieg um 4,5 Prozent", sagt Verbandspräsident Gerster. Der Großteil davon sind Interneteinkäufe.

Nicht nur die Paketdienste, auch große Onlinehändler wie Amazon versuchen deshalb, die Zustellung zu revolutionieren. Mit Paketkästen, Packstationen, Drohnen-Zustellung oder der Lieferung zur Wunschzeit wollen sie den Kunden mehr Komfort bieten – und sich selbst immense Kosten ersparen. „Dahinter steckt natürlich auch eine knallharte Kostenkalkulation der Paketdienste“, sagt Michael Lierow von der Unternehmensberatung Oliver Wyman. Denn die letzten Kilometer bis zu unserer Klingel, die sogenannte letzte Meile, gelten als die wichtigsten im Kampf um die Kunden – und auch als die teuersten.

Der Startschuss ist gefallen

Wer den Sprint bis zur Haustür am schnellsten und effektivsten zurücklegt, macht das beste Geschäft. Der Startschuss ist bereits gefallen. Aber wer kommt als erstes an?

Einer der wichtigsten Faktoren für die Post, Hermes, UPS und Co ist dabei die Anzahl der Pakete, die sie mit einem Stopp abladen können. Früher waren es meist Unternehmen, die sich untereinander Kartons mit Dokumenten oder Maschinenteilen zusendeten. Mit einem Halt konnten die Fahrer direkt fünf oder sechs Pakete abladen. Jahrelang haben sich viele Paketdienste ganz auf dieses Geschäft konzentriert. Jetzt rüsten Dienstleister wie DPD und GLS, die Töchter der französischen La Poste und der britischen Royal Mail auf das Geschäft mit Onlinelieferungen um. Doch dort sind die Kosten wesentlich höher.

Die Paketzustellung der Zukunft

Statt ins nächste Industriegebiet müssen die Kastenwagen mit den Kartons nun in abgelegene Dörfer oder in die von Parkplatzmangel geplagten Stadtzentren fahren. „Die letzte Meile ist für die Paketdienste der höchste Kostenfaktor. Und wenn ein Fahrer zwei oder dreimal eine Adresse anfahren muss und die Sendung immer noch nicht zustellen kann, wird es richtig teuer“, sagt Unternehmensberater Lierow.

Der Paketkasten macht es deshalb nicht nur den Kunden leichter, sondern auch den Lieferdiensten. Der Zusteller hat die Garantie, dass er seine Lieferung auch los wird und nicht vergebens auf die Klingel drückt. Und der Kunde hat die Garantie, dass er abends nach der Arbeit seine Bestellung auch wirklich vorfindet. Bei der Post und ihren Wettbewerber müssen Kunden für diesen Komfort teuer bezahlen: 99 Euro kostet das Standardmodell des Paketkasten der Post, den Kunden alternativ auch für 1,99 Euro im Monat mieten können. Die Konkurrenten wollen ihre Parcellock-Box ab dem kommenden Sommer zu einem ähnlichen Preis verkaufen. Neu ist die Idee dabei nicht: Auch Briefkasten-Hersteller oder Start-ups wie zum Beispiel die Anbieter Locumi und Lockbox kann man Paketkästen kaufen.

Deutschlandweit 2.750 Packstationen

Noch einfacher macht es sich die Post mit ihrer Packstation. Acht Millionen Menschen – also etwa jeder zehnte Deutsche – hat sich nach Angaben des Bonner Konzerns bereits für die Benutzung großen Schließfachsysteme registriert,  an die sich Kunden einfach ihre Sendungen liefern lassen können. 2750 der Automaten hat die Post mittlerweile auf Supermarktparkplätzen oder an Bahnhöfen in ganz Deutschland errichtet. Damit haben mittlerweile 1600 Städte eine Packstation, an die sich die Kunden Sendungen liefern lassen können.

Auch in anderen Ländern testen Anbieter die Packstation. Doch so erfolgreich wie in Deutschland sind die zentralen Abholstationen dort noch lange nicht, sagt Experte Oliver Lierow. In vielen Ländern gibt es Sicherheitsbedenken – schließlich könnte sich in einem der Paket auch eine Bombe verbergen. Doch noch größer sind die wirtschaftlichen Hindernisse: „Angebote wie die Packstation sind nicht immer profitabel“, sagt Lierow. „Zum einen wegen den Kosten für die Aufstellung, das System und die Überwachung. Aber auch, weil viele Kunden ihre Pakete nicht schnell genug abholen.“ Dann versperren die Sendungen die Fächer tagelang, ohne dass die Paketboten neue dort ablagern können. Die Kunden müssen dann trotz ihrer Anmeldung bei der Packstation wieder bis zur nächsten Filiale fahren.

Was die Post mit ihrer Strategie 2020 erreichen will

Um solche Probleme zu vermeiden, wollen die Paketdienste die Zeiten besser abpassen, in denen die Kunden auch zuhause sind. Deshalb sind viele Paketfahrer mittlerweile auch am Samstag unterwegs. Und wochentags können Kunden ihre Lieferungen per App umleiten oder bestimmte Zeitfenster angeben, in denen sie ihr Paket erhalten wollen. Der Paketdienst DPD, eine Tochter der französischen La Poste, verspricht zum Beispiel, den Zeitpunkt der Zustellung auf eine halbe Stunde genau eingrenzen zu können. Und der Hamburger Konkurrent Hermes, die Logistik-Sparte des Versandhandelsriesen Otto, testet die Zustellung am selben Tag.

Zustellung zwei Stunden nach Bestellung

Noch schneller ist der Onlineriese Amazon: In den USA wirbt Amazon gerade Privatleute an, die für den Onlineriesen Pakete ausliefern sollen. Wie schon der Taxi-Dienst Uber setzt Amazon dabei auf eine App, mit der die Fahrer die nächsten Aufträge einsehen können. Dann holen die Zusteller mit ihren eigenen Autos die Sendungen am nächsten Amazon-Lager ab und bringen sie in die umliegenden Großstädte. Zwei bis drei Stunden nach der Bestellung können die Kunden dann ihre Pakete in Empfang nehmen.

Amazon Flex nennt der Onlineriese die Idee, durch die der Konzern Millionen sparen will. Weder um Fahrzeuge noch um Sozialverträge muss Amazon sich kümmern, weil die Fahrer selbstständig arbeiten. Dafür verspricht der Handelsgigant flexible Arbeitszeiten und einen Stundenlohn von 18 bis 25 Dollar. „Das ist für Amazon nicht teurer, als einen Paketdienst zu beauftragen. Und dafür sind die Flex-Fahrer viel schneller – im Prinzip zu jeder Tages- und Nachtzeit“, sagt Oliver Wyman-Experte Lierow.

Amazon wird damit vom wichtigsten Kunden zum Konkurrenten der Paketdienste. Der Onlineriese hat bereits bewiesen, dass seine Absichten ernst sind. In China, Indien, aber auch in Großbritannien hat Amazon bereits eigene Fahrer. Gleichzeitig experimentiert Amazon wie auch DHL mit Drohnen, die in Zukunft die Zustellung in abgelegenen Gebieten übernehmen könnten.

Auch Lebensmittel liefert der Onlineriese mit seinem Service Amazon Fresh bereits aus. Experten vermuten, dass der Dienst noch dieses Jahr in Deutschland startet – vielleicht mit Fahrern, die Amazon über sein Flex-Programm anwirbt. „Das macht auch in Deutschland Sinn, Amazon hat seine Lager hier sehr regional aufgestellt. Ich kann mir gut vorstellen, dass Amazon das Flex-Programm hier noch vor Weihnachten startet.“

Für die Paketdienste ist das ein zusätzlicher Ansporn, die Zustellung schnell zu verbessern. Sonst könnte es sein, dass Amazon die Logistiker noch auf den letzten Metern des Wettlaufs überholt.

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