Hidden Champions Deutsche Start-Ups erobern das Silicon Valley

Das Erfolgsrezept der deutschen Start-Ups: Sie entwickeln nicht wie viele andere Apps oder Online-Shops für die Masse, sondern bieten Unternehmenskunden hoch spezialisierte Dienste und Software an.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Männer beherrschen das Silicon Valley
TwitterGeschlechter: Twitter beschäftigt von allen großen IT-Firmen im Silicon Valley die wenigsten Frauen im Technikbereich. Gerade mal zehn Prozent tüfteln am sozialen Nachrichtendienst. Konzernweit sind 30 Prozent Frauen für Twitter im Einsatz. Immerhin gibt es im nicht-technischen Bereich ein Pari mit einer 50/50-Verteilung. Anders sieht es wieder in der Führungsebene aus. Bei Twitter haben 79 Prozent Männer das Sagen und lediglich 21 Prozent Frauen.Ethnischer Hintergrund:  Im Schmelztiegel USA ist vor allem die ethnische Zusammensetzung wichtig. Diese weisen die IT-Unternehmen daher nochmal gesondert für die Vereinigten Staaten aus. Dabei fällt schnell auf: In den Internet-Firmen dominieren generell die Weißen, Asiaten stellen die größte Minderheit dar. Für Twitter arbeiten konzernweit 59 Prozent Weiße und 29 Prozent Asiaten. Im Technikbereich ist diese Verteilung ähnlich mit minimal mehr Asiaten: 58 Prozent sind weiß, 34 Prozent haben einen asiatischen Hintergrund. Auch im nicht-technischen Bereich sind die Weißen mit 60 Prozent vertreten.Mehr zur Mitarbeiterzusammensetzung bei Twitter. Quelle: REUTERS
YahooGeschlechter: Am vielfältigsten unter den IT-Riesen des Silicon Valley ist Yahoo. Mit 37 Prozent Frauen und 62 Prozent Männern gibt es konzernweit zwar immer noch eine männliche Mehrheit  – diese ist aber nicht so groß wie bei anderen großen Internetkonzernen. Im Technikbereich ist der Unterschied zu Twitter allerdings nicht mehr so groß: 15 Prozent Frauen sind für die Technik zuständig und 85 Prozent Männer. Auf der Führungsebene dominieren Männer mit 77 Prozent.Ethnischer Hintergrund: Auch bei der Mitarbeiterzusammensetzung zeigt sich Yahoo diversifizierter: Weiße machen unternehmensweit 50 Prozent aus, den Rest stellen Angehörige von Minderheiten dar. Auch hier sind Asiaten die größte Gruppe. Konzernweit sind 39 Prozent Asiaten beschäftigt, im Technikbereich sogar 57 Prozent. Hier stellen Weiße lediglich 35 Prozent der Mitarbeiter dar.Hier finden Sie ausführliche Daten zur Mitarbeiterzusammensetzung bei Yahoo. Quelle: REUTERS
GoogleGeschlechter: Bei Google arbeiten konzernweit 30 Prozent Frauen und 70 Prozent Männer. Im Technikbereich ist der Unterschied allerdings noch größer. Hier sind 83 Prozent Männer und 17 Prozent Frauen beschäftigt. Im nicht-technischen Segment ist die Verteilung mit 48 Prozent Frauen und 52 Prozent Männern nahezu gleich.  Allerdings haben Frauen im Konzern trotzdem weniger zu melden, wenn man einen Blick auf die Chefetage wirft. 79 Prozent der Führungsfiguren sind Männer, 21 Prozent Frauen.Ethnischer Hintergrund: 60 Prozent Weiße arbeiten unternehmensweit in den USA für Google, Asiaten stellen mit 30 Prozent die größte Minderheit dar. Im Technikbereich sind sie mit 34 Prozent etwas stärker vertreten, im nicht-technischen sowie im Führungsbereich machen sie lediglich 23 Prozent aus.Einen ausführlichen Blick auf die Diversity-Zahlen des Konzerns finden Sie bei Google selbst.   Quelle: dpa
FacebookGeschlechter: Facebook beschäftigt konzernweit 69 Prozent Frauen und 31 Prozent Männer. In der Technik sind es 15 Prozent Frauen und 85 Prozent Männer. Auch auf der Chefetage dominieren die Männer: 77 Prozent scharen sich um Mark Zuckerberg, lediglich 23 Prozent sind Frauen. Im nicht-technischen Bereich ist die Verteilung nahezu gleich mit 53 Prozent Männern und 47 Prozent Frauen.Ethnischer Hintergrund: Weiße machen bei Facebook in den USA 57 Prozent der Mitarbeiter aus. Asiaten kommen auf 34 Prozent, Lateinamerikaner auf vier Prozent. Nur zwei Prozent sind Afroamerikaner.Mehr Informationen dazu gibt es bei Facebook selbst. Quelle: AP
LinkedInGeschlechter: Aus den im Juni 2014 veröffentlichten Mitarbeiterzahlen des Berufsnetzwerks LinkedIn geht hervor, dass firmenweit 61 Prozent Männer und 39 Prozent Frauen arbeiten. Gerade im Technikbereich dominieren die Herren: 83 Prozent halten das LinkedIn-Netzwerk technisch am Laufen und lediglich 17 Prozent Frauen. Im nicht-technischen Bereich liegt zwischen den Geschlechtern eine nahezu gleiche Verteilung vor. 47 Prozent Frauen und 53 Prozent Männer sind dort im Einsatz. In der Führungsebene sind Frauen wieder in der Minderheit. 25 Prozent der hohen Posten sind weiblich besetzt, 75 Prozent männlich.Ethnischer Hintergrund: In den USA stellen Weiße mit 53 Prozent unternehmensweit die meisten Mitarbeiter dar. Asiaten sind mit 38 Prozent die größte Minderheit, gefolgt von Lateinamerikanern (4 Prozent) und Afroamerikanern (2 Prozent). Am meisten Weiße sind mit 65 Prozent in der Führungsebene vertreten.Hier finden Sie ausführliche Daten zur Mitarbeiterzusammensetzung bei LinkedIn. Quelle: AP

Zwischen all den coolen Gründertypen, die neue Messenger-Dienste wie WhatsApp oder andere verrückte Apps entwickeln, wirkt Tobias Bauckhage wie der Chef eines Versicherungskonzerns. Grundsolide ist das Geschäftsmodell seines Start-ups Moviepilot und auch ein wenig altmodisch. Die werbefinanzierte Filmempfehlungsseite ist auch schon seit sieben Jahren im Netz. Bauckhages Unternehmen mit Sitz am Mehringdamm in Berlin-Kreuzberg nimmt damit Jahr für Jahr hohe einstellige Millionensummen ein.

Auf den zweiten Blick ist das Geschäft des 38-Jährigen aber so aufregend, wie es eines seiner Profilbilder im Internet verspricht: Auf dem Foto sieht Bauckhage aus wie Johnny Depp im Drogentrip-Film „Fear and Loathing in Las Vegas“ – mit getönter Skibrille posiert er in der Wüste, die lange Zigarette lässig im Mundwinkel.

MOVIEPILOT - Tobias Bauckhage: Bauckhage hilft Hollywood-Studios bei der Werbung in Facebook. Facebook-Fans: 27 Millionen Quelle: Gabor Ekecs für WirtschaftsWoche

Die coole Pose passt, denn in Hollywood ist der deutsche Unternehmer inzwischen ein heimlicher Star. 2012 ging er nach Los Angeles. Am „Silicon Beach“, wo der angesagte Bilderdienst Snapchat oder das Filmportal Hulu sitzen, eröffnete Bauckhage eine Niederlassung und startete eine englische Version von Moviepilot. Inzwischen hat er monatlich bis zu 20 Millionen Besucher, bei Smartphone-Nutzern gehört Moviepilot zu den 50 beliebtesten Seiten der USA. Bei Facebook zählt Bauckhages Unternehmen 27 Millionen Anhänger, verteilt auf Unterseiten für Fans etwa von Vampirfilmen oder von romantischen Komödien.

Im Stammland der digitalen Avantgarde

Vor allem mit dem Wissen über die Vorlieben seiner Nutzer macht der gebürtige Bad Harzburger inzwischen sein Geschäft. „Wir haben mehr Daten über Filmfans als manche Studios“, sagt Bauckhage. Dieses Wissen stellt er den Marketingmanagern in Hollywood zur Verfügung: Wenn Sony oder 20th Century Fox Werbefeldzüge für neue Filme entwickeln, hilft Bauckhage mit seiner mächtigen Datenbank bei der Planung der Kampagnen auf Facebook. Dafür investieren die Filmproduktionsfirmen inzwischen sechsstellige Summen. „Wir konnten unser Geld viel effizienter ausgeben“, sagt Lutz Rippe, Marketingchef bei Studiocanal. Er hat mit Bauckhages Hilfe zuletzt den zweiten Teil der „Tribute von Panem“ in Deutschland beworben: Statt wie sonst 50 musste er nur 30 Cent pro Facebook-Fan ausgeben.

Venice FC: In dem temporären Biergarten organisierte Bauckhage Fußball-WM-Veranstaltungen mit deutschen Gründern und Mitarbeitern von Firmen wie YouTube Quelle: Gabor Ekecs für WirtschaftsWoche

Neben Moviepilot gibt es eine ganze Reihe deutscher Start-ups, die Büros in den USA eröffnet haben, um im Stammland der digitalen Avantgarde mit den US-Newcomern zu konkurrieren. Ihre Geschäfte machen sie ohne großes Tamtam und weitgehend unbemerkt von der breiteren Öffentlichkeit. Weder programmieren sie bekannte Apps, noch gehören sie zu den Online-Händlern, die auf Apple-Normalverbraucher zielen. Ihre Strategie ist unauffällig, aber erfolgreich: Sie bieten hoch spezialisierte Dienste und Software an, etwa für Datenanalyse oder Smartphone-Werbung. Ihre Kunden sind nicht die breite Masse, sondern zahlungskräftige Unternehmen wie Siemens, SAP oder Zalando.

Auch in den USA sind die deutschen Spezialisten zunehmend gefragt. Bei Per Fragemann stammen sogar drei Viertel der 350 Kunden aus den Vereinigten Staaten. Der Chef und Gründer des Berliner Unternehmens Small Improvements bietet Personalchefs eine Software, um Mitarbeiter-Feedback einzuholen. Das populäre Netzwerk Pinterest, Browser-Urgestein Opera oder die aus Australien stammenden Spezialisten für Surferkleidung von Quicksilver nutzen Small Improvements. In Deutschland hat Fragemann dagegen nicht einmal ein Dutzend Kunden. Die meisten Rechnungen seiner deutschen GmbH werden in Dollar fakturiert, darum zählt er auch den Umsatz in der US-Währung: „In den vergangenen 52 Wochen hatten wir 1,3 Millionen“, sagt Fragemann. Die Euro-Million müsste also bald geknackt sein.

Bei diesen Unternehmen werden Praktikanten reich
AppleDie amerikanische Plattform Glassdoor, die Unternehmen nach Arbeitsatmosphäre, Gehalt und sonstigen Leistungen bewertet, hat eine Liste der Firmen erstellt, die ihre Praktikanten am besten bezahlt. Demnach bekommt so mancher Praktikant im Silicon Valley ein deutlich höheres Jahresgehalt, als ein durchschnittlicher Angestellter. Während dem Durchschnittshaushalt pro Jahr nämlich 53.046 Dollar zur Verfügung stehen, kann es so mancher Praktikant auf rund 75.000 Dollar bringen, wenn er ein ganzes Jahr im Unternehmen bleibt. Bei Apple in den USA bekommen Praktikanten pro Monat 5723 Dollar, also gut 4.169 Euro brutto. Davon können auch hierzulande viele Facharbeiter nur träumen. Quelle: dpa
GoogleAuf Platz neun folgt der Suchmaschinenriese Google. 5969 Dollar verdienen Praktikanten bei dem Konzern. Wenig verwunderlich, dass 74 Prozent der Praktikanten in den USA bei einer Umfrage sagten, dass die Bezahlung bei einer Praktikumsstelle eine große Rolle spiele. Quelle: dpa
ExxonMobilExxonMobil ist unter den Firmen mit den bestbezahlten Praktikanten ein Exot. Immerhin stammen 19 der 25 Unternehmen aus der IT-Branche, vier kommen wie ExxonMobil aus dem Energiesektor. Pro Monat verdienen die "Interns" des Mineralölkonzerns 5972 Dollar brutto. Quelle: REUTERS
EbayAuch Ebay bezahlt seine Praktikanten mit 6126 Dollar pro Monat mehr als gut. Dennoch zählt die für die Praktikanten nicht nur das Geld: 77 sagten gegenüber glassdoor.com, dass sie sich von einem Praktikum bei einem der großen Konzerne vor allem einen Karrieresprung erhoffen. Für jeweils 41 Prozent sind außerdem der Standort und die 41 Unternehmenskultur wichtig. Quelle: REUTERS
MicrosoftBei Microsoft bekommen Praktikanten monatlich 6138 Dollar brutto. Quelle: REUTERS
FacebookNur unwesentlich lukrativer ist ein Praktikum beim Internetriesen Facebook. Mit einem Monatsgehalt von 6213 Dollar pro Monat für Praktikanten landet Facebook auf Platz fünf im Ranking. Quelle: AP
LinkedInDas US-Karrierenetzwerk LinkedIn hat das Treppchen verfehlt und landet auf Platz vier. Trotzdem verdienen Praktikanten dort fürstliche 6230 Dollar im Monat. Quelle: dapd

In der deutschen Gründerszene werden diese Hidden Champions im Gegensatz zu manchem gehypten Berliner Start-up kaum wahrgenommen. Dabei hat es sogar schon den Milliardenexit gegeben, auf den Investoren und Gründer hierzulande so sehnsüchtig warten: Im Mai wurde TeamViewer aus dem schwäbischen Göppingen übernommen, ohne das jemand groß Notiz davon nahm. Der britische Finanzinvestor Permira zahlte schätzungsweise zwischen 800 Millionen und 1,1 Milliarden Dollar für das Unternehmen.

TeamViewer stellt eine Software her, mit der Computer aus der Ferne gesteuert werden. So können etwa die Kinder damit auf den Rechner der Eltern zugreifen und ein Software-Update installieren, wenn nichts mehr geht. 200 Millionen Anwender weltweit nutzen das Programm, auch in den USA wird TeamViewer immer populärer – vor allem, seit Ende 2013 ein US-Konkurrent mit einer ähnlichen Software seine kostenlose Einstiegsversion abgeschafft hat.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%