Hightech-Supermarkt So kaufen wir in der Zukunft ein

Verstecken sich in Wurst oder Müsli Stoffe, gegen die ich allergisch bin? Und wo zur Hölle stehen hier die Eier? Damit wir uns im Supermarkt leichter zurechtfinden, soll die Digitalisierung das Einkaufen revolutionieren.

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Mit einem Smartphone

Die Wurst hinten links sieht lecker aus. Aber wie heißt sie und was kostet sie? Im Supermarkt der Zukunft bekommt man an der Frischetheke die Antwort ruckzuck, auch wenn man noch nicht dran ist: Kurz auf das Produkt hinter Glas gezeigt, schon erscheint auf einem Display „Wildsalami –8,55 Euro pro Kilogramm“. Dann kann man beim Mitarbeiter hinter der Theke ohne weitere Nachfragen bestellen.

Möglich wird das durch eine Tiefenkamera, die über der Theke hängt und über Entfernungsmessungen genau erkennt, auf welche Wurst der Kunde gerade zeigt.

Die intelligente Frischetheke ist ein Baustein im Hightech-Supermarkt der Zukunft, an dem Wissenschaftler des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) im saarländischen St. Wendel kontinuierlich tüfteln. „Wir erforschen Dinge, die in 15 bis 20 Jahren vielleicht mal reif für den Supermarkt sind“, sagt einer beiden Leiter des Forschungslabors „Innovative Retail Laboratory“, Gerrit Kahl (33).

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Aber es werden auch Angebote entwickelt, die „praktisch jetzt in naher Zukunft schon umsetzbar sind“.

Wie zum Beispiel der Artikelfinder. Ein „Produktinformationsdisplay“, mit dem der Kunde in Mega-Supermärkten an großen Stellen rasch den schnellsten Weg zu Hefe und Sahne finden kann. Ein Prototyp sei ein paar Jahre getestet worden. „Jetzt wird er in den Globus-Märkten als Produkt ausgerollt“, sagt der Informatiker.

Wichtige Inhaltsstoff-Infos für Allergiker

Demnächst komme noch eine Möbelladen-Kette dazu. „Hier betreiben wir Technologietransfer.“ Artikelfinder gibt es heute auch schon in anderen Supermärkten. Mit der neuen DFKI-Technik können Kunden aber zudem nach Produkten suchen, die zu ihrer Ernährung passen - etwa, wenn sie eine Diät machen oder unter einer Allergie leiden.

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Interaktiv geht es künftig auch an Regalen zu. Beim Herausnehmen einer Müsli-Packung erscheint automatisch auf einem Display eine Liste der Inhaltsstoffe. Greift der Kunde nach einer zweiten Packung, wird auf dem Display verglichen. An den Produkten sind kleine Funketiketten angebracht, unter den Regalböden stecken entsprechende Antennen. Eine Technik, die für Läden heute aber noch zu teuer wäre, räumt Kahl ein.

„Viele Kunden wollen heute genau wissen, welche Inhaltsstoffe in einem Produkte enthalten sind“, sagt Leiter Sven Gehring (33). Bei einer großen Auswahl sei es gerade für Allergiker schwierig, die Waren herauszufiltern, die man problemlos konsumieren könne.

Das Smartphone ist eine Riesenchance für die Händler

Um dies leichter zu machen, haben die Forscher eine App entwickelt: Wenn man mit dem eigenen Smartphone am Regal entlang geht, zeigt die Kamera an, ob das Produkt zum zuvor eingegeben Allergie-Profil passt oder nicht: Ein rotes Kreuz heißt nein, ein grüner Haken ja und ein gelbes Kreuz zeigt an, dass das Produkt Spuren von Allergenen enthalten kann. Zum Lab gehören 16 Mitarbeiter.

Elektronische Preisschilder an Regalen werden sich bereits in naher Zukunft durchsetzen, meinen Kahl und Gehring. „Sie haben den Vorteil, dass sie vom Supermarkt zentral gesteuert werden können.“ Praktisch ist auch die digitale Preisauszeichnung etwa beim Obst: „Preise können flexibel angepasst werden.“ Heißt: Beispielsweise kurz vor Ladenschluss gesenkt werden.

Wer hinter No-Name-Produkten steckt
Ostmann-GewürzeMartina Schneider, Autorin des Buches "Welche Marke steckt dahinter?", schreibt, dass sich die Billig-Klone der Markenprodukte für die Unternehmen lohnen: Sie können ihre Produktionskapazitäten voll ausschöpfen und haben ein zweites Standbein. Allerdings sind die Billigmarken, oft auch vertrieben durch Tochterunternehmen, nicht das Lieblingsthema der Unternehmen. Die Gefahr, dass die Kunden statt auf das Original auf die billige Kopie zurückgreifen, ist zu hoch. So spart ein Kunde, der Kräuter oder Gewürze der Marke Basta kauft, 80 Prozent gegenüber den Ostmann-Gewürzen. Dabei kommen die Würzmischungen aus dem gleichen Haus. Einziger Unterschied: Verpackung und Preis. Basta-Gewürze werden übrigens bei der Supermarktkette Norma vertrieben. Quelle: Screenshot
Gallo Cabernet SauvignonÄhnlich hoch ist die Ersparnis für Kunden, die statt dem "Gallo Cabernet Sauvignon" auf den Wein der Marke "Burlwood Cabernet Sauvignon" bei Aldi kaufen. Der Wein stammt vom selben Familienunternehmen in Californien, kostet bei Aldi aber rund 70 Prozent weniger.
ZentisDer Marmeladen- und Konfitürenhersteller Zentis produziert auch für die Rewe-Marke "Ja!". Kunden, die zur Ja!-Marmelade oder Schokocreme greifen, bezahlen für das gleiche Markenprodukt also deutlich weniger. Der Grund für die krassen Preisunterschiede ist die starke Marktposition der Discounter gegenüber den Herstellern. Aldi, Rewe und Co können Unternehmen wie Zentis zwar nicht den Preis für die hauseigenen Marken, wohl aber den Preis für die Billigmarmelade vorschreiben. Quelle: dpa/dpaweb
ToastSo kostet das Label Golden Toast von Lieken rund 59 Prozent mehr als das Lidl-Produkt "Grafschafter Butter Toast" der Firma Kornmark - dabei ist Kornmark eine Tochterfirma von Lieken. Es handelt sich also um dasselbe Weißbrot. Unter dem Namen "Mühlengold Buttertoast" verkauft die Firma Lieken ihren Toast übrigens auch beim Discounter Aldi. Quelle: Screenshot
Dickmann'sAuch das Unternehmen Storck produziert seine "Super Dickmann's" und "Schokostrolche" nicht nur unter dem eigenen Label. Das Aldi-Produkt "Scholetta Mini Schokoküsse" kommt aus der gleichen Fabrik wie alle anderen Storck-Süßigkeiten. Zu denen gehören neben Dickmann's übrigens auch Nimm2, Werther's Echte und Storck Riesen. Quelle: Screenshot
Leibniz-Kekse & CoAuch die Firma Bahlsen produziert zweigleisig: Hinter Aldis "Van Botta Keksen" versteckt sich der "Leibniz"-Keks, die "Bahlsen Waffeletten" tarnen sich beim Discounter als "Favorini Zartes Waffelgebäck" und auch die billigen Schoko-Waffelröllchen der Firma Choco Bistro stammen aus dem Hause Bahlsen. Quelle: dpa
Müller MilchreisGleiches gilt für den Milchreis der Firma Müller, der getarnt als "Gut und Günstig" bei Kaufland im Regal steht. Und auch bei Aldi gibts den Original Müller Milchreis unter anderem Namen zu kaufen - zum halben Preis. Quelle: Screenshot

Beim Einkauf von morgen spielt das eigene Smartphone eine wichtige Rolle. Zu Hause ist darauf bereits der digitale Einkaufszettel erstellt worden, im Laden wird das Gerät am Einkaufswagen in eine Halterung gesteckt. Eine geladene App weist dem Kunden anhand der Liste den optimalen Weg durch den Markt. Und an bestimmten Stationen können über einen QR-Code noch Rezepttipps mitgenommen werden.

Zahlen per Fingerabdruck oder Chip

Ein Trend beim Einkaufen ist die zunehmende Verschmelzung von on- und offline, sagt der Sprecher des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Hertel, in Berlin. Zum Beispiel bestelle ein Kunde heute gerne online und hole die Ware am Laden ab. Das Smartphone sei „eine Riesenchance“ für die Händler: Sie könnten mit Apps das Zahlen erleichtern oder Bonusprogramme für Kunden aufsetzen.

Die Abschaffung der Wlan-Störerhaftung werde der Digitalisierung im Handel einen neuen Schub geben, sagt Stephan Tromp, stellvertretender HDE-Hauptgeschäftsführer. Kunden würden vermehrt freie Wlan-Angebote gemacht und Services mit dem Wlan verknüpft.

„Bezahlen wird man im Supermarkt der Zukunft aber leider immer noch müssen“, sagt Gehring. Wenn auch anders als heute: Die Einkäufe werden an der Kasse automatisch im Wagen oder Korb gescannt. Die Bezahlung erfolgt kontakt- und bargeldlos - per Kreditkarte, Handy, Fingerabdruck oder über einen Chip in der Armbanduhr oder im Autoschlüssel. Lange Schlangen an Kassen wird es nicht mehr geben.

Trotz Hightech: „Mitarbeiter wird man im Supermarkt der Zukunft weiterhin genauso brauchen“, betont Gehring. Die Technik werde den Menschen nicht ersetzen. Sie werde nur dafür sorgen, dass bestimmte Tätigkeiten wie Kassieren weniger werden - und der Mitarbeiter dann mehr Zeit haben werde für eine persönliche Beratung der Kunden.

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