WirtschaftsWoche: Frau Kreienkamp, vor einem Jahr haben Sie den Angriff gegen die Deutsche Bahn im Fernverkehr gestartet. Wie lautet Ihre Bilanz?
Kreienkamp: Die Bilanz ist ausgesprochen positiv. Wir haben im April unseren Fahrplan auf drei tägliche Verbindungen zwischen Hamburg und Köln ausgebaut. Damit können wir uns wirklich sehen lassen. Die hohe Nachfrage zeigt, dass wir erfolgreich unterwegs sind.
Sie wollten bis Ende vergangenen Jahres drei Millionen Euro Umsatz machen. Liegen Sie im Plan?
Wir liegen sogar über dem Plan. Seit Betriebsstart vor einem Jahr bis heute haben wir knapp neun Millionen Euro Umsatz gemacht. Zudem legen wir beim Umsatz kontinuierlich zu. Das ist mehr als wir erwartet haben.
Fährt der HKX damit bereits in den schwarzen Zahlen?
Noch nicht. Aber die Zahlen belegen, dass wir es bis 2014 schaffen können. Wir haben vor einem Jahr mit 26 Fahrten pro Woche begonnen, heute sind es 40 Fahrten pro Woche. Der Umsatz hat sich proportional dazu entwickelt. Die Nachfrage nach unseren Zügen ist da.
Wer steigt denn mehrheitlich in den HKX ein?
Wir sprechen vor allem drei Gruppen von Reisenden an: junge Leute, Wochenendpendler und viele Freiberufler. Wir transportieren zwischen 40.000 und 45.000 Fahrgäste pro Monat. Angefangen haben wir mit 25.000. Viele Kunden, die bei uns einsteigen, fahren zum ersten Mal Bahn. Sie hatten Zugfahren bislang nicht so auf ihrem Radarschirm. Plötzlich merken sie: Zugfahren macht Spaß und man lernt schnell Gleichgesinnte kennen.
Das dürften vor allem Kunden sein, die künftig auch den Fernbus nutzen, um noch mehr Geld zu sparen. Spüren Sie die neue Konkurrenz?
Nein. Die Strecke zwischen Köln und Hamburg ist für Fernbusse ein schwieriger Markt. Die Fahrt dauert deutlich länger als mit dem Zug und ist dadurch unattraktiv. Wer sechs bis sieben Stunden im Bus sitzen muss, überlegt es sich drei Mal. Fernbusse sehen wir zudem als sinnvolle Ergänzung zum HKX.
Inwieweit?
Wir bringen Reisende zum Beispiel von Hamburg nach Köln und der Fahrgast fährt dann weiter mit dem Fernbus nach Frankfurt. Wir sprechen bereits über Kooperationen mit Fernbuslinien.
Vor einem Jahr haben Sie beklagt, dass es in Deutschland zu wenig Gebrauchtfahrzeuge gibt. Jetzt fahren Sie drei Mal pro Tag. Hat sich die Lage gebessert?
Leider nein. Wir finden zwar immer wieder freundliche Menschen, die uns Wagen vermieten. Das sind befreundete Eisenbahnunternehmen, die wie wir privatwirtschaftlich organisiert sind. Aber häufig können sie uns die Züge nur kurzfristig verleihen. Im September müssen wir wieder einen Doppelstockwagen abgeben. Irgendwie finden wir aber immer neuen Ersatz.
Zum Beispiel im Ausland?
Eher nicht. Züge, die im Ausland fahren, dürfen meist nicht über deutsche Gleise fahren. Hier gibt es bei den nationalen Eisenbahnbehörden sehr unterschiedliche Auslegungen der Sicherheitsbestimmungen. Gebrauchtfahrzeuge bleiben daher ein großes Problem.
"Wir fahren absolut stabil"
Über die Qualität der HKX-Züge gab es auch viel Kritik. Zu alt, zu anfällig…
Im November vergangenen Jahres gab es ein paar Schwierigkeiten mit den Fahrzeugen. Wir haben aber anschließend die Qualität deutlich erhöht und fahren seitdem absolut stabil.
Das heißt?
Wir haben im ersten Betriebsjahr insgesamt 1450 Fahrten absolviert und es gab neun Zugausfälle, etwa weil die Lok nicht funktionierte. Damit liegt die Ausfallquote bei unter einem Prozent. Die meisten Ausfälle hatten wir zudem in der kritischen Zeit im November 2012. Alles in allem ist das eine hervorragende Bilanz.
Ursprünglich wollten Sie mit eigenen Zügen fahren. Der polnische Dienstleister hat es aber nicht geschafft, die Züge zu reparieren. Ist der Plan vom Tisch?
Nein. Unsere Züge befinden sich derzeit bei Euromaint Rail, ein Wartungsunternehmen in Delitzsch unweit von Leipzig. Die Züge müssen dann noch zugelassen werden. Die Züge kommen, wenn sie kommen.
Planen Sie, dann neue Strecken aufzunehmen?
Derzeit gibt es noch keine Pläne, neue Strecken aufzumachen. Wir müssten dafür neue Trassen anmelden, Geld akquirieren und Fahrzeuge beschaffen. Das ist ein zäher Prozess.
Im Hintergrund stärkt Ihnen das US-amerikanische Unternehmen RDC den Rücken, das bis zum Betriebsstart bereits 16 Millionen Euro in den HKX investiert hatte. Hält RDC weiterhin die Treue?
Ja. RDC ist am deutschen Markt ausgesprochen interessiert. Sie erwarten von uns jetzt aber auch Profitabilität. Daran arbeiten wir.
Was ändert sich konkret?
Unser Ziel ist es, die hohen Fixkosten auf noch mehr Fahrgäste zu verteilen. Dazu sprechen wir die Zielgruppen mit verschiedenen Angeboten an. Berufspendler erhalten zum Beispiel zehn Prozent Rabatt, wenn sie abends wieder zurück fahren. Preissensible Schüler und Studenten zahlen nur 18 Euro für die Fahrt von Hamburg nach Köln, selbst wenn sie kurzfristig zusteigen. Den Sitzplatz können wir ihnen dann zwar nicht garantieren. Das Angebot wird dennoch sehr gut angenommen. Im Kern bleiben wir bei unserem Preismodell: Wer früh bucht, zahlt weniger.
Hat sich das angespannte Verhältnis zur Deutschen Bahn verbessert?
Das Verhältnis ist gut. Aber wir bedauern sehr, dass das Eisenbahnregulierungsgesetz gescheitert ist. Das wäre ein erster Schritt zu mehr Transparenz. Wir wissen ja nicht, ob die Trassenpreise wirklich angemessen sind. Das ist ein willkürlicher Preis. Zudem bedauern wir, dass die EU-Kommission es noch nicht geschafft hat, dass die Finanzströme zwischen Schienennetz und Transportgesellschaften der Deutschen Bahn stärker reguliert werden müssen. Chancengleichheit gibt es heute noch nicht.