Hoffnung auf Rekordsumme Wie die Fußball-Liga um TV-Rechte pokert

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Ein Spielplan in Häppchen

DFL-Vorstand Seifert bemüht sich damit mit aller Macht, das meiste aus dem engen Markt herauszuholen. Er kann nichts daran ändern, dass es in Deutschland anders als in England im Bezahlfernsehmarkt praktisch keine Konkurrenz zu Sky gibt. Die Münchner sind mit fast 500 Millionen Euro pro Saison derzeit die größten Geldgeber der Liga. Um dem börsennotierten Konzern tatsächlich noch mehr Geld aus den Rippen zu leiern, muss Seifert daher vor allem eins tun: mit allen Mitteln für Konkurrenz sorgen.

Das kann er nur schaffen, wenn er den Spielplan in immer mehr Häppchen filetiert. Entweder Sky macht die Börse weit auf und sammelt die Teile ein. Oder es findet sich tatsächlich ein Free-TV-Sender wie RTL oder ProSiebenSat.1 – oder ein gänzlich neuer Mitspieler – , für den der Kauf eines Bundesliga-Minipaketes einen strategischen Wert darstellt. Völlig ausgeschlossen ist das nicht.

Der mit einem eigenen Film- und Seriengeschäft ins Internet drängende Online-Händler Amazon kann sich das Streamen von Fußball-Weltmeisterschaft und Bundesliga durchaus vorstellen. "Unmöglich wäre das nicht", sagte Firmengründer und Konzernchef Jeff Bezos der "Welt am Sonntag". "Sport ist ein interessanter Bereich."

Die umsatzstärksten Fußballclubs

DFL-Vorstand Seifert selbst verwies gerade im Interview mit der „Zeit“ auf einen Internet-Player: „Yahoo hat vor Kurzem das erste Spiel der NFL live gestreamt. Wir haben in Neuseeland und Japan Liveausstrahlungen via YouTube getestet.“ In Spanien, England und zahlreichen anderen Märkten seien schon jetzt die Telekommunikationsanbieter zum zweiten großen Spieler neben den klassischen Pay-TV-Plattformen geworden. Dieser Trend, behauptet Seifert, „beschleunigt Wertigkeit und Konkurrenzsituation bei der Vergabe von Sportrechten deutlich, auch bei uns.“

Ob das allerdings mehr ist als sein frommer Wunsch, wird sich erst noch zeigen müssen. Yahoo, Google, Amazon und Co. waren auch in der Vergangenheit stets gern genannte Akteure, die die Liga den etablierten Anbietern zur Drohung und Preissteigerung vor die Nase hielt.

Was Bundesliga-Fans für ihren Verein ausgeben
DFL Sky Quelle: dpa
VfL Wolfsburg – 388,45 EuroDie Fans des VfL Wolfsburg haben Grund zur Freude: Nach dem fulminanten 4:1 Sieg gegen den Spitzenreiter FC Bayern scheint es möglich Vizemeister zu werden – hält das Formtief des FC Bayern an, könnte sogar noch mehr drin sein. Meister ist der VfL Wolfsburg in puncto Fanausgaben – bei keinem anderen Klub kommen die Fans so billig davon: Die günstigste Dauerkarte kostet 130 Euro – kein Verein in Deutschland verlangt weniger. Das Kappa-Trikot gibt es für 79,95 Euro, damit liegt der VfL im Durchschnitt. Für einen Liter Veltins blecht der VfL-Fan 7,80 Euro und für die Bratwurst gegen den kleinen Hunger zahlt er 2,70 Euro – hochgerechnet auf 17 Heimspiele macht das 178,50 Euro. Quelle: AP
1. FC Köln – 416,85 EuroDer Kölner Fußball ist endlich wieder erstklassig – der Start in die Rückrunde kann sich mit vier Punkten in zwei Spielen durchaus sehen lassen. Bei den Heimspielen lief es bis jetzt für die Kölner allerdings nicht allzu gut – dafür müssen die Fans für die Dauerkarte auch nicht so tief in die Tasche greifen: 165 Euro kostet die günstigste. Das aktuelle Trikot gehört mit einem Preis von 69,95 Euro zu den preiswerteren. Die Bratwurst kostet 2,90 Euro und liegt damit knapp unter dem Durchschnittspreis. Wer einen Liter Bitburger oder Gaffel Kölsch trinken will, muss dafür noch einmal 7,80 Euro zahlen – die Verpflegung für eine Saison kostet damit im Schnitt 181,90 Euro. Quelle: dpa
1899 Hoffenheim – 417,50 EuroAm zweitgünstigsten in der Bundesliga ist das Fan-Sein in Sinsheim. Die Dauerkarte ist bei einem Preis 150 Euro eine der günstigsten. Auch das Trikot des Sportherstellers Lotto ist mit 74,95 Euro vergleichsweise preiswert. Der Liter Bitburger kostet im Stadion 8,25 Euro; die Bratwurst dazu 3,10 Euro – nur in Stuttgart und München ist sie teurer. Quelle: AP
SC Freiburg – 423,30 EuroDie günstigste Dauerkarte in Freiburg kostet 180 Euro. Dafür gibt es das Nike-Trikot für relativ günstigste 69,96 Euro. Auch die Bratwurst gehört mit 2,70 Euro zu den preiswerteren der Liga. Für den Liter Rothaus zahlen die Fans 7,50 Euro – nirgendwo in der Liga ist das Bier so günstig. Für die Dauer einer Saison kostet die Verpflegung 173,34 Euro. Quelle: dpa
FSV Mainz 05 – 427,85 EuroIn der Bundesliga führt der FSV Mainz 05 aktuell das untere Tabellendrittel an – was die Preise angeht ist er das Schlusslicht des oberen Tabellendrittels. Die Dauerkarte schlägt mit 181 Euro zu Buche. Das Nike-Trikot gehört mit einem Kaufpreis von 64,95 Euro zu den günstigsten Trikots der Liga. Auch die Bratwurst mit einem Preis von 2,90 Euro und der Liter Bitburger für 7,80 Euro sind nicht allzu teuer. Quelle: dpa
Bayer 04 Leverkusen – 431,80 EuroIn der Bundesliga spielt Leverkusen aktuell noch um die Spitzenplätze mit – was die Kosten für die Fans angeht, liegt Leverkusen nur im Mittelfeld. Wer eine Dauerkarte will, zahlt 170 Euro – das Adidas-Trikot dazu schlägt noch einmal mit 79,90 Euro zu Buche. Die Preise für den Verzehr liegen mit 7,80 Euro für den Liter Bitburger oder Gaffel Kölsch und 2,90 Euro für die Bratwurst im Mittelfeld. Quelle: AP

Allerdings hat sich das Verhalten der TV-Zuschauer mittlerweile verändert: Nie zuvor hatten auch in Deutschland so viele Konsumenten Abonnements bei Streamingdiensten wie Amazon Prime oder auch Netflix. Zwar weist etwa Netflix-Boss Reed Hastings die Idee weit von sich, dass Live-Sport interessant sein könnte für sein Projekt vom weltumspannenden TV-Anbieter.

Doch selbst wenn Bayern gegen Dortmund nicht in Hastings Strategie passt: Allein die Tatsache, dass sich Mediennutzer auch hierzulande stärker daran gewöhnen, für TV-Inhalte noch mal extra zu bezahlen, sorgt für einen Bewusstseinswandel. Verhaltensweisen und Gewohnheiten, die jahrzehntelang als in Stein gemeißelt galten, werden aufgebrochen.

War die „Tagesschau“ um 20 Uhr noch vor wenigen Jahren ein absoluter Fixpunkt im TV-Alltag, nutzen längst immer mehr Zuschauer die Freiheit des Netzes, Nachrichten dann anzuschalten, wenn es ihnen und nicht bloß dem Sender passt. Ganz zu schweigen von den heute 15-Jährigen, die sich ihre Sendezeiten schon lange nicht mehr von TV-Sendern vorschreiben lassen – und die sich sicher auch in Zukunft nie mehr in feste Senderaster pressen lassen werden.

Ob dieser Wandel indes schon so weit fortgeschritten ist, um bereits bei der jetzt anstehenden Rechtevergabe eine entscheidende Rolle zu spielen, ist fraglich. Womöglich ist es dazu noch etwas zu früh; diese Vergabe kann womöglich die symbolische Eine-Milliarde-Euro-Schwelle knacken, dürfte aber dennoch eher eine Art Zwischenschritt markieren. Doch klar ist, dass sich die Verhältnisse im TV-Geschäft wandeln. Die Dinge bewegen sich.

Ob das am Ende gut sein wird für die Liga, ob Fans die weitere Zerstückelung des Spieltags mitmachen werden oder ob nicht gerade die Kompaktheit eines Spieltags zum wesentlichen Markenkern der Bundesliga gehört, das steht auf einem anderen Blatt.

Mit Material von dpa.

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