Hotel-Buchungen Wie HRS die Globalisierung verschlafen hat

Das Vorzeigeunternehmen HRS rutscht ab: Bei Urlaubern hat das einst dominierende Hotelportal die Marktführung verloren, Booking und Expedia haben HRS den Rang abgelaufen. Nun wächst der Druck im Firmengeschäft.

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Quelle: imago images

Für Köln-Reisende hat das Hotelportal Booking.com ein Sonderangebot: Eine Nacht im Designhotel Savoy am Hauptbahnhof kostet am kommenden Wochenende 360 Euro, 70 Euro weniger als beim Rivalen HRS. Das Pikante daran: Das Hotel gehört der Familie von HRS-Chef Tobias Ragge.

Der Vorzugspreis für die Konkurrenz zeigt: Deutschlands Vorzeigeunternehmen im Onlinereisegeschäft steckt in seiner ersten Krise. International war das Kölner Hotelportal schon immer klein, nur in 18 Ländern ist HRS mit eigenen Büros vertreten. Nun jedoch rutscht auch das bisher erfolgreiche Geschäft im Stammland Deutschland ab: Bei Urlaubern ist der einstige Branchenprimus mit rund einem Drittel Marktanteil nur noch Nummer zwei nach dem Rivalen Booking. Der kontrolliert nach Schätzungen des Hotelverbands IHA mehr als die Hälfte des deutschen Marktes.

Die Urlaubs-Trends 2015

Und nun attackiert die Tochter des US-Onlineriesen Priceline die Kölner auch im Geschäft mit Firmenkunden. „Wenn Booking mit seiner Finanzkraft in das Geschäftskundensegment stößt, hat HRS kaum eine Chance“, warnt der Schweizer Tourismusforscher Roland Schegg. Zugleich drängen Onlineriesen wie Expedia und Airbnb auch in Ragges drittes Feld: die Vermittlung von Ferienwohnungen.

HRS ist ein kleiner Player gegenüber der Konkurrenz

Wie kann ein Mittelständler mit nur 200 Millionen Euro geschätztem Umsatz da mithalten? Das Priceline-Universum, zu dem auch die Flugsuchmaschine Kayak zählt, hat 60 Milliarden Dollar Börsenwert. Noch ist Ragge optimistisch. „Die Unternehmen gehen dorthin, wo die Märkte boomen. Und da müssen wir vor Ort sein“, sagt der 39-Jährige. Vor sieben Jahren hat er den Chefposten vom Vater Robert übernommen. Die Mitarbeiterzahl ist seitdem von 330 auf 1500 gestiegen, auch dank Zukäufen wie Hotel.de oder zuletzt dem Tagungsportal Meetago. Auch in den vergangenen Jahren sei der Umsatz nach Angaben des Unternehmens im zweistelligen Prozentbereich gewachsen.

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Branchenkenner allerdings haben Zweifel, ob HRS solche Wachstumsraten in Zukunft halten kann. „Doch Riesen wie Priceline oder Expedia hat das Unternehmen wenig entgegenzusetzen“, mahnt ein Manager einer großen europäischen Hotelkette. „HRS hat die Internationalisierung verschlafen.“

Ragge schiebt die Schuld für seinen Abstieg auf das Bundeskartellamt. Das hatte HRS seine Bestpreisklausel verboten. Damit hatte das Portal allen Vertragshotels verboten, Zimmer auf ihrer eigenen Webseite billiger als bei HRS anzubieten. Während HRS nun auf die Klausel verzichte, so Ragge, nutzten Booking und Expedia sie weiter. „Ich weiß nicht, was die Schlafmützen vom Kartellamt noch alles prüfen müssen, der Markt hat sich ja nicht geändert. Das ist für uns ein gravierender Nachteil“, sagt Ragge.

Bei den Werbebudgets kann HRS nicht mithalten

Außer auf günstigere Preise setzt Booking auch auf mehr Werbung. Gut eine Milliarde Dollar gab Priceline 2014 dafür aus, dass bei Google die Booking-Seiten vor den hoteleigenen Homepages auftauchen. HRS kann da nicht mithalten. „Ich bin bereit, Marktanteile aufzugeben, wenn der Kampf nicht profitabel ist“, sagt Ragge.

Statt auf Urlaubshotels lenkt Ragge daher seine Konzentration auf Geschäftsreisende und deren Arbeitgeber: „Wir sind nicht das Portal für Sonne, Strand und Meer.“ Sein Vater Robert hatte HRS einst als Hotelkatalog für Messegäste gegründet. Ragge Junior will den Service für Geschäftsreisende auf die nächste Stufe bringen: Großkonzernen bei dem Einkauf ihrer Hotelzimmer, und der Planung und Analyse ihrer Geschäftsreisen helfen - Leistungen, die Booking und Co. noch zu aufwendig sind.

Das sind die beliebtesten Pauschalreiseziele bei Familien
Platz 10: Rhodos, GriechenlandDie griechische Insel Rhodos belegt bei den beliebtesten Pauschalreisezielen der Deutschen den zehnten Platz. Zwei Prozent aller Familien, die ihren Urlaub über die Onlineseite check24.de gebucht haben, reisen im Sommer 2015 dort hin. Um diese Ergebnisse zu erlangen, hat das Vergleichsportal alle Familienbuchungen für die Sommerferienzeit ausgewertet, die zwischen 1. Januar und 31. März 2015 online eingegangen sind.Quelle: check24.de Quelle: Reuters
Platz 9: Sonnenstrand, BulgarienEbenfalls zwei Prozent aller Familien haben sich dafür entschieden, ihren Sommerurlaub 2015 am Sonnenstrand in Bulgarien zu verbringen. Der berühmte Strand am Schwarzen Meer ist der größte Touristenort des gesamten Landes, etwa acht Kilometer lang und zum Teil bis zu 100 Meter breit. Im Winter allerdings ist der Sonnenstrand menschenleer. Quelle: AP
Platz 8: Teneriffa, SpanienEbenfalls zwei Prozent der Familien haben sich für einen Sommerurlaub auf Teneriffa entschieden. Bei der Suche nach dem richtigen Urlaubshotel ist Familien vor allem die direkte Strandlage wichtig – außerdem geben sie überdurchschnittlich häufig die Stichworte Club (27 Prozent) und Hotels mit Pool (26 Prozent) in die Suchmaske ein – das ist fast ein Drittel mehr als bei allen Buchungen. Das Bild zeigt den fast 4000 Meter hohen Pico del Teide, den höchsten Berg auf spanischem Staatsgebiet. Quelle: dpa
Platz 7: Gran Canaria, SpanienAuch die kanarische Insel Gran Canaria ist überdurchschnittlich beliebt bei pauschalreisenden Familien: Ebenfalls zwei Prozent haben sich dafür entschieden, ihren Sommerurlaub 2015 hier zu verbringen. Familien gönnen sich zu 82 Prozent für ihren Sommerurlaub ein Hotel mit vier oder mehr Sternen. Quelle: gms
Platz 6: Fuerteventura, SpanienDrei Prozent der Familien möchten ihren Sommerurlaub auf Fuerteventura verbringen. Die kanarische Insel liegt nur 120 Kilometer von der marokkanischen Küste entfernt und ist bekannt für ihre kilometerlangen Sandstrände. In ihrem Sommerurlaub verzichten viele Familien übrigens gerne aufs Kochen: 67 Prozent entscheiden sich nämlich für ein All-Inclusive-Angebot. Quelle: gms
Platz 5: Kreta, GriechenlandVier Prozent der Familien verbringen ihren Sommerurlaub auf Kreta. Die griechische Mittelmeerinsel wird bei deutschen Urlaubern vor allem für ihr mediterranes Klima, gutes Essen und familienfreundliche Strände geschätzt. Quelle: dpa
Platz 4: Hurghada und Safaga, ÄgyptenFünf Prozent der Familien fliegen im Sommer ans Rote Meer – besonders gerne in die Touristenorte Hurghada und Safaga. Insbesondere das Rote Meer mit seinen bunten Korallenriffen und exotischen Fischen gilt als Paradies für Taucher. Quelle: REUTERS

HRS will den Großkonzernen die gesamte Hotelverwaltung abnehmen. HRS kümmert sich um den Einkauf, schreibt große Hotelkontingente aus, verhandelt die Preise und gleich auch kostenloses W-Lan und Frohstück. Die Konzerne sollen die Hotelnächte über HRS abrechnen und auswerten. „HRS deckt die ganze Prozesskette rund um die Hotelbuchung ab, was ein Alleinstellungsmerkmal sein könnte“, sagt Dirk Gerdom, Präsident des Verbands Deutsches Reisemanagement aus Frankfurt.

40.000 Unternehmen hat HRS bereits unter Vertrag, darunter Google, Chinas Onlinehändler Alibaba und alle Dax-Konzerne außer Henkel, Deutsche Bank und BMW. Ab 2016 soll der Bereich mehr als die Hälfte des Umsatzes ausmachen.

Um seine Position zu festigen, braucht HRS jedoch mehr Hotels für Geschäftsreisende außerhalb Europas. In China, Japan und Südostasien sind die Kölner bereits mit eigenen Büros präsent, um noch mehr Hotels vor Ort anzuwerben. Vor wenigen Tagen kam ein Büro in Indien dazu, Indonesien oder Südkorea könnten folgen. Die entscheidende Frage ist nur, ob Ragge schnell genug ist: Etwa 290.000 Hotels in 190 Ländern hat HRS in der Datenbank – Booking gut 650.000.

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