Insolvenz Die führenden Insolvenzverwalter im ersten Halbjahr

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Die Top 10 der Insolvenzverwalter

Spektakulär ruhig verlief das erste Halbjahr derweil bei dem Neu-Ulmer Insovenzbetrieb Schneider, Geiwitz & Partner. Nachdem sich die Truppe in den Vorjahren mit Manroland, Schlecker und Weltbild fast schon ein Abo auf die Promi-Verfahren der Republik gesichert zu haben schien, zieren dieser Tage 26 neue, wenn auch unbekanntere Unternehmen das Pleiten-Portfolio und markieren den Einstieg in die Top 20.

Verfahrensnumerisch gleichauf rangieren Leonhardt Rattunde, die sich in Sachen Esug mal wieder experimentierfreudig zeigten. So versuchte der Berliner Rechtsgelehrte Rolf Rattunde den vormals vermögenden Kieler Augenarzt Detlef Uthoff per Schutzschirmverfahren von dessen Schuldenlast zu befreien. Zwar spielte der Fiskus in dem Fall nicht mit. Doch die Idee, die Esug-Instrumente im Quasi-Privatinsolvenzverfahren zu nutzen, besitzt durchaus Charme – vor allem für die Schuldner.

Nebenbei beackerte Rattundes Düsseldorfer Partner Martin Lambrecht den nach Beschäftigtenzahl größten Sanierungskomplex im ersten Halbjahr. Lambrecht war erfolgreich im Schutzschirmverfahren der DHS Instore Service im Einsatz, die bundesweit rund 1900 Mitarbeiter beschäftigt und als Logistiker Waren in Supermärkten verräumt. Mittlerweile gelang der Verkauf.

Ebenfalls neu im Reigen der Top 20 sind Johlke, Niethammer und Partner, deren Bremer Partner Axel Gerbes sich derzeit um die Reste der Emder Nordseewerke kümmern darf sowie Flöther & Wissing und D'Avoine Teubler Neu. Ein wenig auftrumpfen konnten AndresSchneider. Der Erfolg hat einen Namen: Martin Schmidt. Der Neuzugang kommt von Schultze & Braun, war dort einer der meistbestellten Verwalter und wirkt seit Mai bei den Düsseldorfern.

Die Plätze 10 bis 1 im Überblick

Die Personalie Schmidt dürfte denn auch Spuren in der ersten Liga des Insolvenzgeschäfts hinterlassen. Der Vorsprung von Schultze & Braun – dem unangefochtenen Marktführer der vergangenen Jahre – schmilzt ohnehin dahin. Nur noch 14 Verfahren Abstand zur Nummer zwei weist die STP-Statistik aus. Und statt der 130 Pleitefälle des Vorjahres meldete die Kanzlei diesmal nur 109 neue Verfahren zur Tabelle an, darunter unter anderem ein gestrauchelter Insolvenzwarenhändler.

Für deutlich stärkeren Widerhall sorgten indes Achener Altakten. Die Kriminalpleite Flowtex, bearbeitet von Kanzleivorsteher Eberhard Braun (traditionell bestellt  als natürliche Person), steht nach nunmehr 15 Jahren Laufzeit vor der Vollendung. Nicht minder windig: Im Casus Windreich kabbeln sich die Beteiligten nach Kräften. Auf der einen Seite Unternehmensgründer Willi Balz nebst Verwalterveteran Volker Grub. Auf der Gegenseite Stefan Simon, Partner bei Flick Gocke Schaumburg. Schubra-Partner und Windreich-Verwalter Holger Blümle versucht als Schiedsrichter den Überblick über die Fouls zu behalten. 

In Schlagweite zum Branchenprimus hat sich hww festgesetzt. Offenbar hat sich der Zusammenschluss mit Ottmar Hermanns Kanzlei im vergangenen Jahr bis dato ausgezahlt. Neben den hww-Stammhäusern in Berlin und Frankfurt gelang es dem Angreifer auch im Rheinland gute Teams zu schmieden. Selbst die in der Branche mit Aufregung verfolgte Auseinandersetzung im Fall Q-Cells scheint sich etwas zu legen. Das Unternehmen hatte im April 2012 Insolvenz angemeldet. Verwalter Henning Schorisch hatte sich darob diverse Berater vorgeknöpft, darunter Renommieradressen wie Hengeler Mueller. Die Saniererzunft tobte, Schorisch klagte – und konnte jüngst einen Etappensieg verbuchen. Das Landgericht Frankfurt verurteilte Hengeler zur Rückzahlung von 4,5 Millionen Euro.

Das schlagzeilenträchtigste Verfahren sammelte im ersten Halbjahr allerdings Thorsten Fuest von Brinkmann & Partner ein. Er verwaltet die Havarie von Big T. – besser bekannt als Thomas Middelhoff. Der Bielefelder Jurist soll Villen und Fonds des früheren Topmanagers zu Geld machen und wird wohl auch Middelhoffs Gläubiger nicht ungeschont lassen, was nicht unbedingt zu langweiligeren Sitzungen des an Sachverstand und Egos reich gesegneten Gläubigerausschusses führen dürfte. Ansonsten blieben die Highlights in den ersten sechs Monaten durchaus überschaubar: Altmeister Michael Pluta entdeckte mit Nicko Cruises seine Leidenschaft für Flusskreuzfahrten. 

White&Case-Partner Christoph Schulte-Kaubrügger sattelte derweil auf’s Kettcar von Kettler um. Gut möglich, dass das eifrige Pedaletreten Kettler-intern einen Kreativitätsschub freisetzte, der dann per Pressemitteilung flugs den Weg nach draußen fand: Das Insolvenzverfahren sei „zum Schutz des traditionellen Familienunternehmens“ notwendig geworden, um „die unabgestimmte Übernahme durch einen Finanzinvestor zu vermeiden“. Eine feindliche Übernahme als Insolvenzgrund?

Um überhaupt unter den Top 10 mitzuspielen, waren im ersten Halbjahr 40 neue Verfahren erforderlich. Dr. Beck & Partner, Henningsmeier Rechtsanwälte und BBL  Bernsau Brockdorff gelang es, die Hürde zu nehmen. Den vormaligen Teilnehmern Kübler und Münzel & Böhm blieb der Zugang diesmal verwehrt. Der höchste Neueinstieg in die Inso-Charts gelang indes der Münchner Insolvenzformation Pohlmann Hofmann mit ihrem Verfahrenshit Malte Hartwieg. Der Anlageskandal rund um den passionierten Strichbärtchenträger und Finanzmakler bescherte Verwalter Rolf G. Pohlmannan die 40 Einzelverfahren, über die das Imperium nun fachgerecht auseinandergenommen und ergründet werden soll.

Pohlmann darf sich damit auch die Plakette „meistbestellter Verwalter im ersten Halbjahr“ ans Revers heften. Auf Platz zwei folgen gleichauf Schulte-Kaubrügger und Sven-Holger Undritz.

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