Insolvenz Gute Jobchancen für Air Berliner

Bislang sind erst 3000 der über 8000 Stellen gesichert – durch den Deal mit Lufthansa. Dennoch könnte die bislang größte Insolvenz einer Airline in Europa mit überraschend wenig Jobverlusten enden.

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Gute Jobchancen für Mitarbeiter von Air Berlin Quelle: AP

Frankfurt Wirklich freuen konnten sich am vergangenen Donnerstag nur die Mitarbeiter der Air Berlin-Töchter Niki und LGW. Sie haben nach der Übernahme durch Lufthansa wieder eine Zukunft. Für alle anderen Mitarbeiter der insolventen Airline war die eigentlich gute Nachricht ein Schlag ins Gesicht. Mehr als 5000 Air-Berliner haben noch keine gesicherte Zukunft. Denn außer Lufthansa gibt es noch keinen Verkaufsabschluss, die Gespräche mit Easyjet werden wohl noch bis Anfang kommender Woche dauern.

Kein Wunder also, dass der Frust bei vielen groß ist, schließlich rückt das Ende des Flugbetriebs unaufhaltsam näher. Ab Ende Oktober wird Air Berlin keine Flüge mehr unter der eigenen Verantwortung betreiben. Dann ist endgültig Schluss.

Dennoch – so ist aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören – zögern wohl immer noch überraschend viele Mitarbeiter, vor allem fliegendes Personal, sich an anderer Stelle, etwa bei Eurowings, zu bewerben. „Einige von uns hoffen immer noch, dass die Gewerkschaften einen geregelten Betriebsübergang zu den neuen Eignern durchsetzen können“, beschreibt eine Stewardess die Stimmung.

Der Hintergrund: Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und auch die Pilotenvereinigung Cockpit sind der Auffassung, dass es sich bei dem Teilverkauf etwa an die „Hansa“ um einen Betriebsübergang nach Paragraph 613a handelt. Dabei würden die bisherigen Tarifverträge mindestens ein Jahr gelten und es gebe die Verpflichtung, alle betroffenen Mitarbeiter zu übernehmen.

Lufthansa etwa hat aber bereits deutlich gemacht, dass sie keinen Betriebsübergang sehen. Denn dann könnten sich womöglich alle 8000 Air Berliner bei der „Hansa“ einklagen. Auch Lucas Flöther, Sachwalter der Airline, sowie der Generalbevollmächtige Frank Kebekus haben mehrfach erklärt, dass es keinen Betriebsübergang nach 613 a geben werde.

Doch Verdi will nicht so schnell aufgeben. „Wir sind der Auffassung, dass es sich um einen Betriebsübergang handelt und werden das sicherlich auch ausklagen“, sagt Christine Behle, Vorstandmitglied von Verdi. Das Problem dabei: Die Teilübernahme umfasst kaum signifikante Vermögenswerte, die für einen Betrieb notwendig sind. Air Berlin besitzt zum Beispiel keine Flugzeuge, die sind alle geleast. Das ist ein Sonderfall. „Es handelt sich bei Air Berlin um einen betriebsmittelarmen Übergang. Nur die Start- und Landerechte gehen über. Das wurde bisher noch nie juristisch geklärt“, so Behle.

Der Haken dabei: Selbst wenn am Ende die Richter Verdi Recht geben sollten, kein Air Berliner kann so lange warten. Das weiß auch Behle: „Der Fall könnte bis zum EuGH gehen, das kann bis zu vier Jahre dauern. Die kann man als Arbeitnehmer nicht überbrücken, deshalb raten wir jedem, sich zu bewerben.“

Auch das Warten auf einen möglichen Sozialplan und Auffanglösungen wie eine Transfergesellschaft – beides wird gerade verhandelt – könnte riskant sein. Denn es ist unklar, wie schnell diese Gespräche zu einem Ergebnis kommen, zumal eine Transfergesellschaft ohne die Unterstützung Dritter, etwa Landesregierungen, wohl nicht funktionieren würde.

Hinzu kommt: Behle sieht für viele der Air Berliner durchaus gute Jobchancen. „Der Arbeitsmarkt in Berlin ist eng. Sowohl ungelernte Mitarbeiter als auch Hochqualifizierte werden händeringend gesucht. Nicht nur das fliegende Personal, auch Mitarbeiter der Verwaltung würden neue Stellen finden. Der Senat von Berlin setzt sich dafür ein, Stellen zu besetzen.“

Aus dem Unternehmensumfeld ist zu hören, dass viele Mitarbeiter in der Administration bereits mit einem neuen Job im Rücken gekündigt haben. „Es könnte langsam sogar eng werden, weil es bald nicht mehr ausreichend Mitarbeiter für die Abwicklung des Unternehmens geben könnte“, berichten Insider. Ein Sprecher wollte diese Informationen nicht bestätigen, bekräftigte aber, dass man recht sicher sei, wie versprochen 80 Prozent der Jobs der Airline retten zu können.

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