Insolvenzverwalter Die führenden Insolvenzkanzleien im ersten Halbjahr 2014

Dass die Zahl an Unternehmenspleiten zurückgeht, freut die Wirtschaft – aber nicht die Insolvenzverwalter. Welche Kanzleien im ersten Halbjahr 2014 die meisten Pleitefälle bearbeitet haben.

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Schriftzug Insolvenzverwalter Quelle: papalapapp - Fotolia.com

Ist das die Talsohle? Nur rund 12.000 Unternehmensinsolvenzen registrierte das Statistische Bundesamt im ersten Halbjahr 2014. Um 9,2 Prozent ging die Zahl der Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Beim Studium der Zahlen dürfte manch Kanzleivorsteher der Schweiß auf die Stirn treten. Schon seit November 2012 sinken die Pleitezahlen im Monatstakt.

Klar ist: Längst schlägt die Makro-Lage auf das Geschäft der großen Kanzleien durch. Zwar gab es Prokon- und Weltbild-bedingt zwei prominente Großverfahren im ersten Halbjahr. Doch das Massengeschäft mit maroden Mittelständlern und klammen Kleinunternehmern schmolz vielerorts zusammen wie Butter in der Sonne. Hält die Pleiteebbe an, dürften Insolvenzverwalter künftig wohl verstärkt in der eigenen Zunft Neugeschäft akquirieren. Und trotzdem: im Kampf um Verfahren und Mandate gab es im ersten Halbjahr auch Gewinner. Das zeigt das Ranking der 30 Top-Insolvenzkanzleien, dass die Online-Plattform Insolvenz-Portal für wiwo.de erstellt hat.

Insolvenzkanzleien: Plätze 31 bis 21 im Überblick

Der Betreiber der Plattform, der Karlsruher Informationsdienstleister STP Portal, wertete dafür die Angaben deutscher Amtsgerichte zu Unternehmensinsolvenzen aus. Zudem versuchten die Experten, alle Schutzschirm- und Eigenverwaltungsverfahren zu erfassen. Ihre Zahl ist – gegen den generellen Trend – im ersten Halbjahr 2014 gestiegen. Den Daten zufolge wurden  insgesamt 150 Esug-Verfahren gestartet, im Vorjahreszeitraum waren es 111. Das Erstaunliche: Die anfängliche Begeisterung an Schutzschirmverfahren scheint nachzulassen. Lediglich 27 Schutzschirmfälle registrierten die Experten. In Sachen Esug scheint sich damit die reine Eigenverwaltung als Mittel der Wahl heraus zu kristallisieren. 

Ob und wann die große Insolvenzflaute endet, bleibt indes offen. Ob angesichts der jüngsten Zahlen bereits die Talsohle erreicht ist, lasse sich auf Basis der Daten bis Ende Juli noch nicht beurteilen, sagt Insolvenzportal-Chef Jens Décieux.

Insolvenzkanzleien: Plätze 20 bis 11 im Überblick

Umso deutlicher zeigt die Analyse allerdings, welche Kanzleien und Verwalter bei Gerichten und Gläubigern punkten konnte. Da allein die vorläufigen Insolvenzverfahren über Kapitalgesellschaften berücksichtigt wurden, die Größe und Vermögensmasse der jeweiligen Unternehmen aber nicht in die Analyse einflossen, lassen sich keine direkten Rückschlüsse auf den wirtschaftlichen Erfolg der einzelnen Kanzleien ziehen. Dennoch zeigt die Aufstellung, wer das schmaler gewordene Massengeschäft dominiert.

Um in den Reigen der 30 Top-Kanzleien vorzustoßen, galt es im ersten Halbjahr die Hürde von 20 vorläufigen Verfahren zu überwinden. Im Vorjahreszeitraum waren noch 28 Verfahren erforderlich. Der Schwund der Verfahrensmasse wurde zwar nicht mit sonderlich prestigeträchtigen dafür umso schmackhafteren Mandaten kompensiert.

So durfte sich VID-Vorsitzender Christoph Niering, hauptberuflich Partner der Kölner Insolvenz-Formation Niering Stock Tömp,  im ersten Halbjahr in die Finessen der Brühwürfelproduktion bei Zamek einarbeiten und sich nebenher über allerlei würzige Kommentare aus München freuen. Dirk Andres von AndresSchneider widmete sich derweil Sauerländer Bierspezialitäten – dargebracht im Rahmen des Verfahrens über die Privatbrauerei Iserlohn. Und Michael Jaffé wurde wenig überraschend vom vorläufigen auch zum amtlich endgültigen Verwalter des Allgäuer Großkäsekombinats Bergland Naturkäse bestellt. Als geschäftsstrategisch spannender könnte sich Jaffés Wirken als Verwalter der Stadtwerke Gera erweisen. Die Sanierung  maroder Kommunalbetriebe gilt schließlich als aussichtsreiches Tätigkeitsfeld für die Verwalter-Zunft.

Insolvenz-Flaute schlägt sich auf Kanzleien durch

Im Mittelfeld der Top 30 hat einmal mehr Arndt Geiwitz von Schneider, Geiwitz & Partner  eines der Promi-Verfahren der Saison an Land gezogen: Den Weltbild-Komplex. Aller Kritik an der geiwitz’schen Großverfahrenshäufung zum Trotz haben sich die Neu Ulmer wacker geschlagen und das Gefeilsche auf der Zielgeraden mit einem spontanen Wechsel des Weltbild-Retters pariert.

Statt des Münchner Investors Paragon, darf sich nun die Düsseldorfer Droege-Gruppe an der Sanierung versuchen. Rechtsanwalt Andreas Sontopski sowie der Besatzung von Schwierholz Jarchow Scholz verhalfen indes ganze Armaden havarierter Schifffahrtsgesellschaften  in Meppen, Hamburg und Tostedt zu guten Ankerplätzen im Ranking.

Insolvenzkanzleien: Die Plätze 10 bis 1 im Überblick

Die Insolvenz-Flaute schlägt auch auf die quantitative Spitzengruppe der Insolvenzkanzleien durch. Auf insgesamt 681 neue Verfahren bringen es die zehn Top-Kanzleien im ersten Halbjahr 2014 – im Vorjahreszeitraum waren es noch 742. Neu dabei sind die Truppen von Burckhardt Reimer und die von Stephan Münzel und Gideon Böhm, kurz: Münzel & Böhm. Letztere konnten trotz allgemeiner Depression ihre Verfahrenszahlen von 28 auf 46 steigern.

Zu verdanken haben sie die Sonderkonjunktur vor allem den einschlägigen Kenntnissen des Münzel&Böhm-Partners Hagen Freiherr von Diepenbroick im Bereich der Seerettung und –bestattung. Gleich reihenweise Schiffspleiten konnte von Diepenbroick an Land ziehen.

Kübler verteidigt mit 37 Verfahren haarscharf die Mitgliedschaft im quantitativen Führungszirkel der Branche. Die Kräfte von Kanzleipatron Bruno Kübler, so darf entschuldigend angemerkt werden, wurden dieser Tage allerdings auch durch den fröhlichen und ausführlichen Disput mit Anlegeranwälten über den Casus Infinus und die korrekte Einladung und Abhaltung von Gläubigerversammlungen gebunden.

Auf den ersten sechs Plätzen bleibt dagegen alles wie gehabt. Michael Pluta darf als Chefsanierer beim Modelabel Strenesse die Fehler der Vergangenheit ausbügeln und wird dabei vom bisherigen Geschäftsführer optisch und vom Görg-Experten Jörg Nerlich sachwaltend unterstützt. In identischer Position wacht Jan Markus Plathner von Brinkmann & Partner beim Maschinenbauer Rena darüber, dass der von Noerr entsandte Interimskommandant Jan von Schuckmann auch alles richtig sortiert. Als Spitzenorganisation des hiesigen Insolvenzgewerbes hat sich einmal mehr das Acherner Kanzlei-Kollektiv Schultze & Braun hervor getan. Mit 130 Verfahren im ersten Halbjahr gibt Schubra den Ton an und lediglich Brinkmann und Pluta scheinen dem straffen Takt noch folgen zu können.  

Ob White & Case wieder Anschluss findet, dürfte zu einer der spannendsten Fragen des zweite n Halbjahres werden. Womöglich kommt es sogar zu einer kleinen Zeitenwende in der Insolvenzszene. White&Case-Partner Christoph Schulte-Kaubrügger, der zwischen 2009 und 2013 laut STP-Statistik 421 Verfahren abwickelte und damit unangefochten der meistbestellte unter den deutschen Insolvenzverwalter ist, könnte 2014 seinen Titel verlieren.

Im ersten Halbjahr durfte sich Schulte-Kaubrügger in 14 Fällen vorläufiger Verwalter nennen, im Vorjahreszeitraum waren es noch 39.  Das ist zwar immer noch bemerkenswert, doch die Einzelwerten führen Andreas Sontopski, Olaf Spiekermann und – auf Platz eins, Tusch! – Hagen Freiherr von Diepenbroick an.

Die Top-50-Insolvenzverwalter im Überblick

Top-50-Insolvenzverwalter des ersten Halbjahres 2014

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