Investmentboutique Silvia Quandt AG ist vorläufig insolvent

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Quandt-Verbindung gekappt

Bad Banks in Deutschland und Europa
Laut einem Bericht der französischen Zeitung "Les Echos" sitzen die europäischen Bad Banks auf Schrottpapieren im Wert von mehr als 1.000 Milliarden Euro. Alleine die Bad Bank der belgisch-französischen Bank Dexia besäße faule Kredite und andere Giftpapiere im Wert von 266 Milliarden Euro – Rekord in Europa. Auch die französische Natixis halte immer noch faule Papiere im Wert von 13,5 Milliarden Euro. Doch nicht nur die französischen Bad Banks sitzen immer noch auf Müllbergen.... Quelle: AP
CommerzbankInterne Bad Bank: Portfolio Restructing UnitZum 30. September 2009 sammelte die Commerzbank 44 Milliarden Euro an Schrottpapieren in einer firmeninternen Bad Bank. 2012 schrumpfte das Portfolio der internen "Bad Bank" um 17 Prozent auf 151 Milliarden Euro. Dabei fokussierte sich die Commerzbank vor allem auf die gewerbliche Immobilien- und Staatsfinanzierung. Bis 2016 soll das Portfolio dieser Abbaueinheit NCA auf gut 90 Milliarden Euro abschmelzen - vorzugsweise wertschonend über Fälligkeiten, in Einzelfällen werden nach früheren Angaben durch den Verkauf von Papieren aber auch Verluste in Kauf genommen. In der Bad Bank lagert der Immobilien- und Staatsfinanzierer Eurohypo, inzwischen umbenannt in Hypothekenbank Frankfurt, sowie die Schiffsbank. Aus all diesen Geschäftsbereichen zieht sich die Commerzbank komplett zurück. Auch einige Uraltlasten aus der Investmentbank von der Finanzkrise 2008 sind dabei. Quelle: dpa
Hypo Real Estate - FMS WertmanagementDie Bad Bank der verstaatlichten Münchener Immobilien Bank besaß bei ihrer Gründung zum 1. Oktober 2010 Schrottpapiere im Wert von 175,6 Milliarden Euro. Zum 30. Juni 2011 hat sie den Bestand auf 160,5 Milliarden Euro reduziert. 2012 konnte die Abwicklungsbank FMS einen Überschuss von 37 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Trend hatte sich bereits im ersten Halbjahr abgezeichnet. So hatte das Institut unterstützt von anziehenden Finanzmärkten von Januar bis Juni seinen Verlust auf 50 (Vorjahreszeitraum: 689) Millionen Euro reduziert. Auch in der zweiten Jahreshälfte hatte sich die Erholung an den Finanzmärkten weitgehend fortgesetzt. Dadurch hätten sich die Altlasten um 38 Milliarden Euro reduziert, sagte ein Insider. Quelle: dapd
HSH NordbankEine interne Bad Bank kümmerte sich um die Altlasten der Landesbank von Hamburg und Schleswig Holstein. Am 31. Dezember 2010 startete der Finanzfriedhof mit 69 Milliarden Euro. 2012 haben die Schifffahrtskrise und hohe Gebühren für Staatsgarantien der HSH Nordbank Verluste eingebrockt. Wegen der Lasten durch drohende Kreditausfälle in der internen Bad Bank und steigender Garantiekosten geht die Landesbank 2013 von einem weiteren Fehlbetrag aus. Erst 2014 ist ein Lichtstreif am Horizont in Sicht. Dann will das seit Jahren kriselnde Institut dank weiterer Fortschritte im Kerngeschäft „ein deutlich positives Konzernergebnis“ erwirtschaften. Im abgelaufenen Jahr musste die HSH, die nach wie vor in der Schiffsfinanzierung führend ist, erneut viel Geld für drohende Kreditausfälle zurücklegen. Hinzu kamen 473 Millionen Euro an künftigen Gebühren für Garantien, die bereits jetzt in der Bilanz verbucht wurden. Der Vorsteuerverlust verringerte sich dennoch leicht auf 185 (Vorjahresminus: 206) Millionen Euro, weil es im Kerngeschäft bereits besser lief. Quelle: dpa
WestLBDie vom übrigen Institut abgespaltene Bad Bank "Portigon", vormals "Erste Abwicklungsanstalt EAA" bündelte zum 1. Januar 2010 Schrottpapiere im Wert von 77,5 Milliarden Euro. Nach zwei herben Verlustjahren konnte die Bad Bank 2012 einen Minigewinn erzielen. Dank der Erholung der US-Immobilienmarktes weist die Portigon einen Jahresüberschuss von 6,6 Millionen Euro aus. 2011 hatte der Schuldenschnitt für Griechenland zu einem Verlust der Bad Bank von 878 Millionen Euro geführt. Der Vorstand betonte, dass die Abwicklung der WestLB-Papiere schneller als geplant vorankomme. Seit ihrer Gründung vor gut drei Jahren habe die Bad Bank in mehreren Schritten Bestände in der Größenordnung von rund 200 Milliarden Euro übernommen. Abgewickelt wurden bereits Kredit- und Wertpapiere im Gesamtvolumen von 68 Milliarden Euro. Quelle: dpa
BayernLBDie Bayern tauften ihre interne Bad Bank Projekt Herkules. Ein passender Name. Mit 67,2 Milliarden Euro Finanzschrott startete das Projekt am 1. Juli 2009. Zum Jahresende 2011 waren es nur noch 27 Milliarden Euro. Der Freistaat haftet mit einer Garantie von 4,8 Milliarden Euro für Verluste durch strukturierte Altkredite aus der Finanzkrise. Bislang reichte der Eigenanteil der Bank in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, die Lasten der Vergangenheit aufzufangen. Davon ist jedoch bereits die Hälfte aufgebraucht. Die Landesbanker verwalten ihre 27 Milliarden Euro schwere Bad Bank intern in der eigenen Bilanz. Gut 40 Prozent davon entfallen auf sogenannte ABS-Papiere. Das sind gebündelte und verbriefte Kleinkredite, von denen keiner weiß, ob und in welchem Umfang die Schuldner sie zurückzahlen können. Quelle: dpa
Bank of Ireland - NAMADie irische Regierung gründete im September 2009 die erste Bad Bank in Europa - die National Asset Management Agency (NAMA) Sie übernahm faule Kredite im Wert von 47 Milliarden Euro. Irland erhielt eine Finanzspritze des IWF über 67,5 Milliarden Euro und Gelder aus dem EU-Rettungsschirm, um den Bankensektor zu stabilisieren. Übrig blieben nur zwei von fünf Banken - die Bank of Ireland und die Allied Irish Banks. Bis zum 31. März 2012 wurden Immobilienverkäufe im Wert von insgesamt acht Milliarden Euro genehmigt – 90 Prozent davon betrafen Objekte im Ausland. Eingenommen hatte die NAMA (Stand September 2011) bis dato allerdings nur 2,7 Milliarden Euro. Quelle: dapd

Das Band wurde allerdings schon vor mehr als einem Jahr gekappt. Ein Anwalt der Familie erklärte im September 2012 gegenüber der WirtschaftsWoche, dass Silvia und Golo Quandt nicht mehr an Unternehmen der ABL-Gruppe beteiligt seien.

2011 hatte der damalige Vorstand Johann Ostermair noch versucht, die Silvia Quandt AG mittels eines Sparprogramms wieder in die Gewinnzone zu führen.  Mitarbeiter wurden entlassen und Gehälter zeitweise gekürzt.  Dieter Pfundt, Ex-Kapitalmarktchef von Sal. Oppenheim, 2010 als Berater zur Bank gekommen, musste nach nicht mal einem Jahr wieder gehen. Das Vorstands-Gastspiel von Wolfgang Jensen, früher Bereichsleiter bei Sal. Oppenheim, dauerte nur wenige Wochen.

Die Banker versuchten, neue Kunden zu gewinnen, doch der Erfolg war begrenzt. Im Frühjahr 2012 sprach Ostermair gegenüber seinem Aufsichtsrat von einer „derzeit schwierigen Liquiditätslage“, in der man die „Möglichkeit, Zahlungen zu verschieben, soweit wie möglich“ ausnutze. Die WirtschaftsWoche berichtete hierüber.  

Als die ABL-Gruppe im Oktober 2012 zerschlagen wurde, übernahm der Kulmbacher Investor und Herausgeber der Zeitschrift „Der Aktionär“ Bernd Förtsch die Altira-Aktien der ABL und damit auch  deren Beteiligungen. Die Silvia Quandt AG wollte der einstige Aktien-Guru aber offenbar nicht haben. Sie blieb bei der Angermayer, Brumm & Lange GmbH sowie Unternehmensgründer Joachim Paech. Mit der  PVM Private Values Media AG kam in Herbst  allerdings ein neuer Investor hinzu, der frisches Geld in das Unternehmen steckte. Laut Handelsregister wurde das Grundkapital der Gesellschaft im Dezember um 500.000 Euro erhöht.

Operativ geschah danach allerdings kaum noch etwas. Vielmehr folgten weitere schlechte Nachrichten. Die biw Bank mit Sitz in Willich kündigte die Zusammenarbeit mit der Silvia Quandt AG im „Designated Sponsoring“ auf, wodurch das komplette Geschäftsfeld eingestellt werden musste.

Ein Designated Sponsor sorgt im Auftrag von börsennotierten Unternehmen dafür, dass deren Aktien laufend gehandelt werden, so dass es stets Kauf- und Verkaufskurse gibt. Für derartige Geschäfte benötigt der Sponsor eine Lizenz. Da die Silvia Quandt AG nicht über eine entsprechende Erlaubnis verfügte, arbeitete sie mit der biw zusammen. Mit der Kündigung der Verträge verlor die Silvia Quandt AG ihren lizensierten Partner, ohne den sie die Dienstleistungen nicht weiter anbieten konnte.

Im Frühjahr stellte sie dann auch das Geschäft mit Analystenberichten ein. Wichtige Mitarbeiter und auch Kunden wechselten zur Frankfurter Koch Bank, die seit Anfang des Jahres zur Flatex-Unternehmensgruppe und damit indirekt Großaktionär Bernd Förtsch gehört.

Das Gerücht, dass die Silvia Quandt AG abgewickelt werden soll, kursierte in Finanzkreisen bereits seit Monaten. Im Oktober spitzte sich die Situation zu, als Joachim Paech, Ex-Vorstand und Mitbegründer der Investmentboutique, seinem eigenen Unternehmen einen Gerichtsvollzieher schickte, der Schulden in Höhe von 400 000 Euro eintreiben sollte.

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