Islamische Länder Richtige Geschäftsstrategie

Die antiwestlichen Proteste in Ländern des Islam gefährden auch deutsche Unternehmen. Wie sich Manager darauf vorbereiten können.

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Der Anruf traf den Chef des Mittelständlers aus Norddeutschland völlig unvorbereitet. „Es gibt erste Boykottdrohungen gegen Ihre Produkte“, erzählte ihm der Leiter einer arabischen Supermarktkette am vergangenen Samstagmorgen. Natürlich wusste der deutsche Unternehmenschef, dass die Proteste gläubiger Muslime gegen die Karikaturen des Propheten Mohammed in Tageszeitungen aus Dänemark oder Frankreich eskalierten. „Aber wir sind doch Deutsche“, sagte er. „Und wir haben uns doch immer an die Landessitten angepasst.“ Er hatte Geduld gegenüber seinen Geschäftspartnern gezeigt, nie über Religion und Politik gesprochen, bei privaten Einladungen weder den Gastgeber zum sofortigen Öffnen der Geschenke gedrängt noch beim Sitzen auf dem Boden die Füße zugedreht und schon gar nicht die Frau des Gastgebers und ihre Kochkünste enthusiastisch gelobt.

Das ist nicht länger genug. „Geschäfte in islamischen Ländern waren schon immer eine Gratwanderung“, sagt Jochen Clausnitzer, Leiter des Referats Nahost und Nordafrika beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Mit den aktuellen antiwestlichen Protesten sind sie noch komplizierter geworden. Doch sie bieten gerade deutschen Unternehmen Chancen auf höhere Exporte. Nach dem Irakkrieg bewertet die Region ihre wirtschaftlichen Partnerschaften neu. „Wer jetzt nicht den Kontakt in diese Region abbricht“, sagt Markus Lempa, Inhaber der auf den islamischen Raum spezialisierten Unternehmensberatung Memocine aus Köln, „sichert sich eine führende Rolle in einem der wichtigsten Wachstumsmärkte“.

Der traditionelle Gegensatz zwischen den islamisch dominierten Staaten von Marokko bis Indonesien und christlich geprägten Industrieländern ist zu einem Kulturkampf eskaliert, der auch Unternehmen aus Nordamerika und Europa trifft. Bisher hatten Entführungen oder Bombenanschläge den Eindruck vermittelt, das Geschäftsrisiko bestehe vor allem im Terrorismus – und lasse sich beherrschen, wenn man nur die richtigen Sicherheitsregeln einhalte. Doch das ist zu kurz gedacht, seit die gewalttätigen Proteste am vergangenen Wochenende unbeteiligte Länder wie Österreich in Sippenhaft nahmen und auch in Staaten wie Thailand aufflammten, in denen Angehörige des Islam in der Minderheit sind. Auf brennende Botschaften folgten die Angriffe auf westliche Internetseiten, Boykottaufrufe gegen Produkte aus Dänemark und Frankreich sowie Pharmaunternehmen aus ganz Europa. Parallel forderte der neue iranische Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad im Konflikt um das Atomprogramm seines Landes einen Importstopp für Waren aus Europa oder Nordamerika. „Praktisch alle Bereiche des Geschäftslebens sind betroffen“, sagt Helene Rang, Geschäftsführender Vorstand des Nah- und Mittelost-Vereins, einem Verband in der Region tätiger Unternehmen.

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