Großfusion im Krisen-Geschäft: Die auf Insolvenzverfahren und Sanierungsberatungen spezialisierte Wirtschaftskanzlei hww schließt sich zum 1. Januar 2015 mit der Frankfurter Kanzleigruppe Hermann zusammen. In der neuen Formation arbeiten rund 400 Mitarbeiter, davon 120 Berufsträger, in 24 deutschen Städten.
Die fusionierte Kanzleigruppe soll unter dem Namen hww - hermann wienberg wilhelm in drei Geschäftsbereichen antreten: der Unternehmensberatung in Sanierungsfällen, der Rechtsberatung sowie der Insolvenzverwaltung. Gerade für letztere Disziplin dürften die Auswirkungen auf den Markt gravierend sein.
Die Namenspartner Ottmar Hermann und Rüdiger Wienberg zählen zu den bekanntesten Insolvenzverwaltern Deutschlands. So steuerte Hermann einst den Baukonzern Holzmann und die Kaufhauskette Woolworth durch die Pleite. Wienberg wiederum war bei den Insolvenzen der Solarfirma Solon und des Online-Händlers Getgoods im Einsatz. Auch quantitativ spielt die fusionierte hww im Insolvenzgeschäft weit vorn mit.
Insolvenzkanzleien: Plätze 31 bis 21 im Überblick
AndresSchneider Rechtsanwälte Insolvenzverwalter
Verfahren: 20
Quelle dieser und aller folgenden Tabellen: Insolvenz-Portal.de
JAFFÉ Rechtsanwälte Insolvenzverwalter
Verfahren: 20
Johlke, Niethammer & Partner
Verfahren: 20
Klaas & Kollegen Rechtsanwälte Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Verfahren: 20
NIERING STOCK TÖMP Insolvenzverwaltungen GbR
Verfahren: 22
Willmer & Partner
Verfahren: 22
Hoge Gutsche Walter
Verfahren: 23
Kreplin & Partner
Verfahren: 23
Schiebe und Collegen
Verfahren: 23
HERMANN RWS
Verfahren: 24
Piepenburg - Gerling Rechtsanwälte
Verfahren: 24
Nach Zahlen des Datendienstleisters STP haben die beiden Kanzleien im ersten Halbjahr 2014 rund 77 vorläufige Unternehmensinsolvenzen betreut. Damit würden Hermann und hww im Verbund auf Platz vier des WirtschaftsWoche-Insolvenzverwalter-Rankings rangieren - vor Wettbewerbern wie White & Case und Görg, aber hinter Schultze & Braun, Brinkmann und Pluta.
Die Fusion sei vor allem eine Reaktion auf die Marktveränderungen nach der Reform des Insolvenzrechts im Frühjahr 2012, betonten Wienberg und Hermann bei der Vorstellung ihrer Pläne in Frankfurt.
Durch das sogenannte Gesetz zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen – kurz ESUG – waren damals neue Verfahrensformen geschaffen worden, die stärker auf die Sanierung von Krisenunternehmen abzielen. Doch der Gesetzgeber sortierte nicht nur den Instrumentenkasten zur Rettung maroder Unternehmen neu.
Insolvenzkanzleien: Plätze 20 bis 11 im Überblick
Piepenburg - Gerling Rechtsanwälte
Verfahren: 24
Mönning & Georg
Verfahren: 25
Schneider, Geiwitz & Partner
Verfahren: 25
SCHWARTZ Rechtsanwälte
Verfahren: 26
Rechtsanwalt Andreas Sontopski
Verfahren: 27
Schwierholz Jarchow Scholz
Verfahren: 27
Anchor Rechtsanwälte GbR
Verfahren: 28
LEONHARDT RATTUNDE
Verfahren: 29
WuP Dienstleistungen GmbH
Verfahren: 29
BBL Bernsau Brockdorff
Verfahren: 30
Dr. Beck & Partner GbR
Verfahren: 35
Auch für die Verwalter-Gilde selbst wurden die Karten neu gemischt. Denn der Auswahlprozess für Sanierer, Sachwalter und Insolvenzverwalter hat sich bei großen Verfahren grundlegend gewandelt. Berater von Schuldnern, aber auch Gläubiger erhielten tendenziell mehr Einfluss, die Gerichte verloren dagegen an Macht. „Seit Einführung des Esug haben sich die Spielregeln verändert", sagt Hermann. Die Folgen werden jetzt sichtbar.
Insolvenzkanzleien: Die Plätze 10 bis 1 im Überblick
KÜBLER
Verfahren: 37
Reimer Rechtsanwälte Partnergesellschaft
Verfahren: 42
HENNINGSMEIER Rechtsanwälte
Verfahren: 45
Münzel & Böhm
Verfahren: 46
hww wienberg wilhelm Insolvenzverwalter Partnerschaft
Verfahren: 53
GÖRG Rechtsanwälte/Insolvenzverwalter GbR
Verfahren: 55
White & Case Insolvenz GbR
Verfahren: 72
PLUTA Rechtsanwalts GmbH
Verfahren: 94
Brinkmann & Partner
Verfahren: 107
Schultze & Braun Rechtsanwaltsgesellschaft für Insolvenzverwaltung mbH
Verfahren: 130
So erwartet Wienberg, dass Fusionen und Übernahmen, aber auch Geschäftsaufgaben die Branche in den nächsten Jahren "neu aufrollen" wird. "Es wird zu einer Konzentration kommen." Am Ende der Entwicklung könnten „fünf oder sechs große Player“ übrig bleiben, so Wienberg. Die Situation wäre dann fast vergleichbar mit dem Wirtschaftsprüfer-Markt, der von vier Gesellschaften dominiert wird.
Schon in der Vergangenheit hat Wienberg Gespür für Marktentwicklungen bewiesen. 2011 hatte sich die Kanzlei mit der Unternehmensberatung CMS zusammen getan. Die damals durchaus umstrittene Liaison hat sich inzwischen zum Modell für andere Insolvenzkanzleien entwickelt.
Denn das Beratungs- und Sanierungsgeschäft wird in ESUG-Zeiten auch als Türöffner immer wichtiger. Fast alle großen Wettbewerber haben ebenfalls ihr Beratungsgeschäft auf- oder ausgebaut. Burkhard Jung, Geschäftsführer der hww-Beratertruppe, geht davon aus, dass von dem Zusammenschluss mit Herman auch die Restrukturierer profitieren werden: „Wir vergrößern deutlich unser Netzwerk, werden noch präsenter und sichtbarer am Markt“, sagt Jung. Zugleich biete die Aufteilung auf drei unterschiedliche Säulen die Chance, Schwankungen in einzelnen Geschäftsbereichen auszugleichen.
So leidet das klassische Insolvenz-Geschäft seit geraumer Zeit unter einem erheblichen Rückgang der Pleite-Zahlen. Nur rund 23.800 Unternehmensinsolvenzen erwarten die Experten der Wirtschaftsauskunftei Creditreform etwa für 2014, 8,9 Prozent weniger als im Vorjahr. Damit erreicht die Zahl der Firmenpleiten den niedrigsten Stand seit fünfzehn Jahren.
Der bisherige Hermann- und neue hww-Partner Rainer Bähr erwartet indes, dass der Insolvenzmarkt 2015 wieder anzieht. Neben Branchen wie dem Maschinenbau und dem Automotive-Bereich, die besonders unter den Wirtschafts- und Währungsverwerfungen in Russland leiden, sieht Insolvenzexperte Bähr vor allem im „kommunalen Bereich“ Pleitekandidaten. So dürften Insolvenzen öffentlicher Unternehmen von Krankenhäusern bis zu Verkehrsbetrieben im nächsten Jahr zunehmen. 2014 hatte bereits die Insolvenz der Stadtwerke Gera für Aufsehen gesorgt.