Kartellamt will mehr Wettbewerb im Netz Taskforce gegen Amazon, Booking und Co

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Unternehmen tricksen bei den Bußgeldern

Die seit einigen Jahren verschärfte Kartellverfolgung mit Kronzeugenregelung und seit 2012 auch anonymen Hinweisgebern zeige Wirkung, sagte Mundt. „Am Anfang gab es viel Unverständnis, jetzt gibt es bereits gute Compliance-Programme bei vielen Firmen.“ Trotzdem sei natürlich auch 2016 mit neuen Verfahren zu rechnen. Im ablaufenden Jahr hatte das Kartellamt wegen Verdachtsfällen 88 Unternehmen durchsuchen lassen. Im Fokus standen dabei unter anderem Hersteller von Metallverpackungen, Edelstahlproduzenten und Fernsehstudios. Für solche Durchsuchungen lägen die Schwellen hoch, versicherte Mundt: „Ein einzelner anonymer Hinweis reicht da sicher nicht.“

Fusionen wurden wie in den Vorjahren vom Kartellamt meist genehmigt: Bei rund 1100 angemeldeten Zusammenschlüssen gab es nur ein Verbot sowie eine Erlaubnis mit Auflagen. Der Verbotsfall ist die Fusion von Edeka und Kaisers Tengelmann (KT). Die Übernahme der rund 450 KT-Filialen durch den Handelsriesen Edeka hatte die Behörde im Frühjahr 2015 verboten, dagegen haben die Unternehmen eine Ministererlaubnis beantragt.
Falls die Fusion dadurch letztlich doch genehmigt werden sollte, sei das keineswegs eine „Ohrfeige für das Bundeskartellamt“, sagte Mundt. Der Wirtschaftsminister prüfe nach völlig anderen Kriterien als die Kartellbehörde und berücksichtige dabei beispielsweise verstärkt gesamtwirtschaftliche Interessen und den Arbeitsplatzerhalt. Die Entscheidung wird 2016 erwartet.
Im neuen Jahr hofft Mundt auch auf eine Gesetzesänderung, um Bußgeld-Tricksereien von großen Unternehmen so schnell wie möglich einen gesetzlichen Riegel vorzuschieben. „Wir sind auf einem guten Weg, ich rechne damit, dass wir die Gesetzesnovelle im nächsten Jahr bekommen“, sagte er. Konzerne können sich nach deutschem Recht bislang so geschickt umstrukturieren, dass ein bestraftes Unternehmen nur noch als leere Hülle übrig bleibt und sich so um die Zahlung drücken kann.

„Wir wünschen uns eine Lösung, die nah am europäischen Recht liegt“, sagte Mundt. Dann böten Umstrukturierungen keine Schlupflöcher mehr. „Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinkommen. Teilweise geht es um hohe Bußgelder.“ In der Vergangenheit waren der Behörde nach früheren Angaben schon Bußgelder von mehr als 80 Millionen Euro verloren gegangen. Ohne eine gesetzliche Neuregelung fürchtet die Behörde, mehrere Hundert Millionen Euro an verhängten Strafen nicht vollstrecken zu können.

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