Kassel-Calden Deutschlands überflüssigster Airport

Seite 3/3

Schlechte Aussichten

So sicher sind deutsche Flughäfen
Berlin-Schönefeld (0 Mängelpunkte)Der Hauptstadtflughafen sorgt diesmal nicht für Negativschlagzeilen. Alles sicher, die Prüfer der Vereinigung Cockpit hatten nichts zu beanstanden. Damit landen die Berliner im Sicherheitsranking der Pilotenvereinigung Cockpit auf einem Spitzenplatz. Der Berufsverband setzt sich dafür ein, dass auch weiterführende Sicherheitsempfehlungen eingehalten werden, um das Unfallrisiko zu minimieren. Die International Civil Aviation Organization (ICAO), die Luftfahrtabteilung der Vereinten Nationen, enthält 14 Vorschriften zum Bau und zur Ausrüstung eines Flughafens. An diese Vorschriften halten sich die meisten Flughäfen. Die darin enthaltenen weiterführenden, sicherheitsrelevanten Empfehlungen werden jedoch oft vernachlässigt. Quelle: dpa
Leipzig/Halle (0 Mängelpunkte)Viele Berliner wünschen sich den Flughafen im Osten als Ausweichflughafen. Beim Thema Sicherheit spielen die Flughäfen in der gleichen Liga: Auch hier hatten die Prüfer keine Mängel feststellen können. Quelle: dpa
München (0 Mängelpunkte)In der bayrischen Landeshauptstadt kochte zuletzt der Streit über Fluglärm hoch. Der Bau einer dritten Landebahn wurde abgesagt. Bei Sicherheit gibt es nichts zu meckern: Auch der Flughafen in der bayerischen Hauptstadt hat den diesjährigen Test der Vereinigung Cockpit ohne Mängel überstanden. Quelle: dpa
Stuttgart (0 Mängelpunkte)Mit schwäbischen Sorgfältigkeit wurde auch das Sicherheitskonzept der baden-württembergischen Landeshauptstadt umgesetzt. Auch der Schwaben-Airport gehört zu den vier deutschen Flughäfen, bei denen es sicherheitstechnisch nichts zu beanstanden gibt. Quelle: dpa
Düsseldorf (2 Mängelpunkte)Anders sieht es am größten Flughafen Nordrhein-Westfalens aus. Ein fehlendes Dockingsystem hat die Rheinmetropole den ersten Platz gekostet. Ansonsten werden auch die weitergehenden Sicherheitsempfehlungen alle befolgt. Quelle: dpa
Frankfurt am Main (2 Mängelpunkte)Auch hier das gleiche Problem wie in Düsseldorf: An Deutschlands größten Flughafen fehlt ein redundantes Dockingsystem, deswegen gibt es zwei Punkte Abzug. Im Sicherheitsranking ist der Flughafen damit immer noch weit vorne. Quelle: dapd
Erfurt (3 Mängelpunkte)Der Erfurter Flughafen verfügt über keine bzw. nur teilweise über sogenannte Runway Guard Lights (Beleuchtung links und rechts der Start- und Landebahn). Deswegen gab es drei Negativpunkte. Positiv bewerten die Prüfer, dass seit dem letzten Test an beiden Bahnköpfen Windsäcke aufgestellt wurden. Quelle: ZB

Bei den Nebengeschäften sind die Hoffnungen für die Nordhessen sogar noch schlechter. Umsatzbeteiligungen an den Kaufläden und Imbissen oder Pachteinnahmen für Hangars, Lager und Büros sprudeln nur an Umsteigeflughäfen, wo viele Flugverbindungen weltweit tätige Unternehmen in die angrenzenden Gewerbeparks locken oder gelangweilte Umsteigepassagiere zum Geldausgeben animieren.

Gnade der späten Geburt

In Kassel hingegen dürften die Läden ähnlich leer bleiben wie im Flughafen in Leipzig, weil das Gros der Kunden aus der Region kommt und nicht zwischen Ankunft und Weiterflug hin und her flaniert. „Vor dem Flug in die Ferien kauft leider kaum einer ein“, weiß Markus Kopp, Chef der Mitteldeutschen Flughafen AG, die Leipzig und Dresden betreibt.

Passagier- und Frachtaufkommen, Starts und Landungen sowie Nachtflugverbote auf Deutschlands größten Flughäfen.

Kassel-Calden-Aufsichtsratschef Schäfer und das Management des Flughafens macht das jedoch nicht bang. „Ich bin sicher, dass wir profitabel werden“, sagt Geschäftsführerin Maria Muller.

Und wenn nicht, ist es offenbar auch nicht schlimm. Denn Flughafen-Chefin Muller sieht die originäre Aufgabe des tiefroten Airports darin, etwas für die Region zu tun – als „Spinnrad für die Wirtschaft“, wie sie sagt. „Keine Straße oder Autobahn schreiben eine schwarze Null, ein Bahnhof wirft auch keinen Gewinn ab, und das ist auch in Ordnung.“

Damit könnte der Flughafen am Ende länger leben als viele seiner Konkurrenten, die zwar operativ Geld verdienen, aber die Abschreibungen auf den Steuerzahler abwälzen. Zwar hält EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia solche Subventionen bei acht deutschen Flughäfen für „grundsätzlich nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar“. Auf gut Deutsch, die Airports gehören geschlossen.

Doch Almunia hat im Augenblick lediglich die deutschen Provinzflughäfen Hahn, Saarbrücken, Berlin-Schönefeld oder Dortmund im Visier, nicht aber den Neuling Kassel-Calden. „Es wäre schon eine echte Ironie, wenn Kassel als Defizitkönig zuerst uns gesünderen Airports mit Kampfpreisen den Verkehr stiehlt und dann dank der Gnade der späten Geburt noch um ein EU-Verfahren herumkäme“, sagt ein deutscher Airport-Manager.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%