Konzernumbau bei der Deutschen Bahn Die Maßnahmen kommen viel zu spät

Die Deutsche Bahn macht erstmals seit Jahren keine Gewinne. Grund sind Abschreibungen auf den Güterverkehr und Sanierungsmaßnahmen, die das Bahnfahren insgesamt besser machen sollen. Doch das, was sich die Bahn jetzt ausgedacht hat, wirkt wenig überzeugend. Ein Kommentar.

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Die Bahn Quelle: dpa

Seit sechseinhalb Jahren ist Rüdiger Grube Vorstandschef der Deutschen Bahn. Als er kam, legte er seinen Fokus auf das „Brot- und Buttergeschäft“. Die Bahn müsse im Personenverkehr und Güterverkehr auf der Schiene in Deutschland endlich wieder zu einem Qualitätsanbieter werden, so sein Credo. Doch leider, so lassen es die aktuellen Meldungen über Konzernumbau und Minuszahlen erahnen, ist Grube bis heute nicht weit gekommen.

Das erste Mal seit Jahren wird die Deutsche Bahn in diesem Jahr einen Verlust vermelden. Grund dafür sind Abschreibungen bei der Güterbahn. Hinzu kommen Restrukturierungsaufwendungen, die das Konzernergebnis stark belasten.

Grube plant nun einen Aufbruch in bessere Zeiten. Er hat eine Strategie zur „Zukunft Bahn“ erarbeiten lassen. In einem „Gelbbuch“ stehen Maßnahmen, wie der Güterverkehr kernsaniert werden kann und welche Maßnahmen geeignet scheinen, das Bahnfahren besser zu machen. Doch die skizzierten Ideen wirken kaum überzeugend.

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Wer in das Gelbbuch hinein schaut, findet Selbstverständlichkeiten. Dinge, die doch eigentlich längst hätten erledigt werden müssen. Aber die Grube auch nach fast sieben Jahren im Amt noch nicht gelöst hat.

Beispiel Pünktlichkeit: Die soll steigen, langfristig sollen 85 Prozent der Fernzüge pünktlich sein. Doch das verspricht das Unternehmen schon seit Jahren. Die Realität sieht so aus: Jeder vierte ICE und IC kam in diesem Jahr mindestens sechs Minuten zu spät im Bahnhof an. Im Juli lag die Pünktlichkeitsquote sogar nur bei 67 Prozent. Das Unternehmen tritt beim Thema Pünktlichkeit seit Jahren auf der Stelle. Hier hat sich nichts verbessert!

Nichts neues

Beispiel Schienennetz: Natürlich ist es löblich, wenn die Bahn jetzt auch Sensoren in die Weichen einbaut, die künftig erkennen, wenn zu viel Strom drauf liegt. So soll ein Ausfall im Vorfeld vermieden werden. Doch auch diese Technik hätte die Bahn schon längst einbauen können. Nach dem desaströsen Stellwerkausfall in Mainz, der zwar auf Personalmangel zurückzuführen war, aber die schlechte Netzqualität in den Fokus rückte, hätte die Bahn alles Erdenkliche tun müssen, um die Netzstabilität zu erhöhen.

Beispiel Fahrzeuge: Ein 40-köpfiges Team, das die Umbaustrategie erarbeitet hat, soll erkannt haben, dass derzeit etwa jeder zweite Zug mit kleinsten technischen Problemen aus dem Depot abfährt. Die gleichen Probleme hat es auch schon vor Jahren gegeben. Die Bahn hat natürlich eine Lösung: Bis 2020 sollen alle Züge fehlerfrei aus dem Depot fahren. Doch solche Versprechen hat man schon oft gehört.

Wenn Rüdiger Grube Mitte Dezember dem Aufsichtsrat seine neue Strategie erklären wird, wird er vor allem eine Frage beantworten müssen: Warum erst jetzt?

Intern werden die Maßnahmen bereits als „Notoperation“ abgetan. Doch eine Notoperation wäre gar nicht nötig gewesen. Grube hätte einfach nur früher umsteuern müssen.

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