Konzertveranstalter DEAG Wirtschaftsprüfer sehen hohe Risiken durch Rockfestivals

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Paukenschlag kurz vor Mitternacht

Alleine die Umstände der Veröffentlichung des Geschäftsberichts zeigen die Brisanz: Bei der Deag wurde bis zuletzt um das Dokument gerungen. Ursprünglich sollte es schon am 31. März veröffentlicht werden, das wurde zunächst auf den 21. April verschoben. Und auch dieser Termin war nicht zu halten, die Deag schob erneut, diesmal auf den 30. April. Da die Deag im Prime Standard der Frankfurter Börse notiert ist, war das der letztmögliche Termin für die Veröffentlichung.

Denn während der Gesetzgeber zum Beispiel ein Jahr Zeit für die Veröffentlichung des Jahresabschlusses gibt, gelten für den Prime Standard durch die Börsenregeln höhere Anforderungen: Schon vier Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres muss der Abschluss veröffentlicht werden, erklärt eine Sprecherin der Börse Frankfurt. Trotz zweimaliger Verschiebung arbeitete die Deag hart am Limit: Der Aufsichtsrat traf sich am 30. April, ließ sich von den Wirtschaftsprüfern über das Ergebnis der Prüfung in Kenntnis setzen. Kurz vor Mitternacht ging der Geschäftsbericht auf den letzten Drücker online, die Dateieigenschaften weisen aus, dass die finale Fassung um 22:49 Uhr erstellt wurde.

Grüne Hölle Rock-Plakat wird aufgehängt. Quelle: dpa

Immerhin einen Vorteil hatte die späte Veröffentlichung am 30. April: Als die Deag den Geschäftsbericht spätabends online stellte, verhallte der Paukenschlag  an den Börsen zunächst ungehört. Denn am Freitag folgte mit dem 1. Mai ein Feiertag, direkt danach das Wochenende. Das brachte drei Tage Atempause. Am Montag aber legte die Aktie dennoch eine wilde Achterbahnfahrt hin.

Aktie büßt massiv ein

Mit 5,88 Euro gestartet fiel sie zunächst auf 5,62 Euro, ein Minus von 4,4 Prozent. Erst am Nachmittag berappelte sie sich wieder und drehte am Ende sogar mit drei Prozent ins Plus, der Schlusskurs lag bei 6,10 Euro. Die generelle Tendenz ist ungebrochen negativ: Seit Ende Februar, als die Deag-Aktie mit 8,08 Euro ihren höchsten Stand seit mehr als zehn Jahren erreicht hatte, ist sie um rund ein Viertel abgestürzt. Den überaus positiven Kursverlauf des zurückliegenden Jahres hat die Deag damit zum größten Teil wieder eingebüßt. Vor einem Jahr lag der Kurs bei 5,70 Euro.

Neben den Wirtschaftsprüfern zweifeln offensichtlich auch die Aktionäre an Schwenkows Expansionsstrategie im Festivalsegment und den erheblichen Risiken. Der Absturz der Aktie dürfte aber auch damit zusammen hängen, dass die sonstigen Zahlen keinesfalls überragend ausfallen – auch wenn sich die Deag im Geschäftsbericht selbst attestiert, dass die Prognosen für 2014 „erfüllt oder überfüllt [sic!]“ worden seien.

Der Umsatz kletterte zwar von 165,5 auf 172,6 Millionen Euro, der Nettogewinn allerdings nur minimal von 0,98 auf 1,02 Millionen Euro. Gerade mal 40.000 Euro mehr als im Vorjahr blieben unter dem Strich hängen, die Deag hat also über das Geschäftsjahr einen passabel ausgestatten Mittelklassewagen zusätzlich verdient, und das bei einer Nettorendite auf den Umsatz von schmalen 0,59 Prozent. Zudem kündigte die Deag in ihrer Ad-Hoc-Mitteilung zum Jahresabschluss an, ihren Aktionären die Dividende streichen zu wollen. Im Vorjahr hatte es noch 12 Cent je Aktie gegeben, doch Vorstand und Aufsichtsrat wollen der Hauptversammlung vorschlagen, die „bisherige Dividendenpolitik erst für die Folgejahre fortzusetzen.“

Rechtsstreit wegen Nürburgring-Aus

Das ist sicherlich nicht das, was den Aktionären vorschwebte, als die Deag im November ihren Zwischenbericht nach dem dritten Quartal mit „DEAG ist nach neun Monaten über Plan und erwartet starkes Gesamtjahr 2014“ betitelte. Wie hart das Rock-Debakel die Deag trifft, wird sich in den kommenden Wochen herauskristallisieren. Die Festivals in Gelsenkirchen und München finden vom 29.-31. Mai statt, das in Wien vom 4.-6. Juni.

Die Folgen des Nürburgring-Aus hofft Schwenkow über eine Versicherung abfedern zu können, weil die Nürburgring-Betreiber aus seiner Sicht den Vertrag gebrochen haben – was diese allerdings bestreiten und stattdessen auf Schlechtleistung der Deag verweisen. Wer Recht hat mit seiner Position wird sich vermutlich erst vor Gericht klären. „Die Deag macht derzeit Schadenersatzansprüche geltend“, heißt es dazu im Geschäftsbericht.

Einstweilen jedenfalls müht sich Schwenkow, den notgedrungenen Umzug nach dem geplatzten Ring-Festival sogar als Erfolg zu verkaufen.  „Die neue Lösung ist eine großartige Win-Win Situation“, tönt der Deag-Chef in einer Presseerklärung. „Die Fans, die sich seit Monaten auf ‚Der Ring - Grüne Hölle Rock‘, eines der heißesten Festivals in Europa, freuen, haben mit ‚Rock im Revier‘ nun die Chance ein ultimatives Rock-Spektakel mitten im Ruhrgebiet zu erleben.“ Das Deag-Spektakel aber könnte statt als Rock-Rakete für Umsatz und Gewinn auch in einem „Blues in Berlin“ enden.

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