Kreuzfahrt Deutschlands Traumschiff geht an Malta

Kein Schiff transportiert die Sehnsüchte der Fernsehzuschauer so sehr wie die MS Deutschland. In einer langen Reihe von Rückschlägen droht nun das symbolische Aus als deutsches Schiff: Umflaggung auf die Farben Maltas.

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Die Modelle des MS Traumschiff
Das Kreuzfahrtschiff Saga Ruby ankert in Stockholm Quelle: Creative Commons - Holger.Ellgaard
Das Kreuzfahrtschiff MS Berlin Quelle: gemeinfrei
Blick auf das Deck des Traumschiffs Quelle: dpa/ picture-alliance
Harald Schmidt auf dem Traumschiff Quelle: dpa/Picture Alliance
Die MS Deutschland in London. zum Besuch der Olympischen Spiele Quelle: dpa/ picture-alliance

Eine der letzten großen Fahrten des letzten seegängigen Kreuzfahrers unter deutscher Flagge trägt die Katalognummer 406. Am 13. Juli brach die MS Deutschland, Heimathafen Neustadt in Holstein, in Bremerhaven zu einer 14-tägigen Lustreise über Schottland und Irische See nach London auf. „Auf zu den Olympischen Spielen!“, so das Motto der Reise, die laut Broschüre ab 3995 Euro pro Person zu buchen ist. In der Nacht auf den 24. legt die Deutschland in Canary Wharf an und begrüßt als „deutsches Schiff London 2012“, Olympioniken und Offizielle und bringt sie am Ende der Spiele wieder heim.

Die Tour zu den Britischen Inseln findet unter schwarz-rot-goldener Fahne statt. Noch. Denn in Kürze ist Schluss mit deutsch. Die Reederei ziert sich wegen laufender Krisengespräche, das angepeilte Datum zu nennen. Wenn es so weit ist, wird ein Crewmitglied am Heck des 175 Meter langen Schiffs mit seinen 280 Crewmitgliedern und bis zu 480 Passagieren die rot-weiße Flagge Maltas hissen. Ein „völlig unspektakulärer“ Vorgang, wiegelt ein Insider ab. Wenn nicht das pikante Timing wäre.

Eine Ikone geht

Die Deutschland ist kein Schiff wie jedes andere. Die MS Europa der deutschen Reederei Hapag-Lloyd mag die vornehmeren Gäste und teureren Gastköche haben. Die Aida-Flotte mag jünger sein. Das „Mein Schiff“ von TUI ebenso. Aber für Millionen Bundesbürger ist die Deutschland eine Ikone des Fernseh-Fernwehs, der heilen Welt, der Irrungen und Wirrungen mit unvermeidlichem Happy End zur besten Sendezeit – sie ist DAS Traumschiff. Seit 2007 dient das Gefährt, 1998 von der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG in Kiel fertiggestellt, zudem als Bühne der ZDF-Honeymoon-Schmonzette „Kreuzfahrt ins Glück“, bei der Sex, Leichen und Untergänge dramaturgisch ebenso tabu sind. Anders ausgedrückt: Mit der Fahnenflucht fällt künftig ein Teil des Traums vieler Deutscher – die TV-Kombi von Heimatverbundenheit und Abenteuer de luxe – ins Wasser.

Fakten zur MS Deutschland

Anflüge von Sentimentalität waren indes schon in den vergangenen Jahren verfehlt. Firmengründer Peter Deilmann war ein kerniger, sturmerprobter Mann der See, der Butterfahrten und Grönlandtouren unters Volk brachte, als das für die meisten noch eine Schnapsidee war. Und er war pragmatisch. Eine Kirchenmitgliedschaft lehnte er zum Beispiel ab, aus Kostengründen. Das führte bei der Trauerfeier Ende 2003 zu Komplikationen: Der Sarg des größten Arbeitgebers der Küstenregion durfte mangels Zugehörigkeit zur Kirche nicht in die evangelische Stadtkirche Neustadts gebracht werden.

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